Gabriel Backer, Student der Hebammenwissenschaft an der Medizinischen Hochschule Hannover. Vor ihm liegt ein Pinard-Rohr zum Abhören von fetalen Herztönen. Foto: Michael Matthey/dpa

In Deutschland ist eine männliche Hebamme die große Ausnahme von der Regel. Ein Hebammenstudent erzählt von seinen Erfahrungen bei der Begleitung von Geburten. Und darüber, ob er sich als Exot sieht.

Hannover - Ob er der oder die Hebamme genannt wird, ist Gabriel Backer eigentlich gleich. Für ihn steht fest: "Ich bin Hebamme." Der 22-Jährige studiert Hebammenwissenschaft an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) - unter den 90 eingeschriebenen Studierenden ist er der einzige Mann. 

Auch bundesweit ist er eine absolute Ausnahme. In Deutschland werden "aktuell lediglich 23 in Kliniken tätige männliche Hebammen gezählt" - bei insgesamt rund 25.000 Hebammen, sagt Michaela Peeters vom Deutschen Hebammenverband. 

Aufgewachsen ist Gabriel Backer in einer großen Familie in Nordrhein-Westfalen. Er hat zwei ältere Geschwister und ein jüngeres Geschwisterkind sowie viele Cousins und Cousinen. "Das heißt, es gab immer irgendwo Kinder", erzählt er. 

Konkret wurde die Idee des Hebammenstudiums vor einem Jahr, als Backer merkte, dass er sein Lehramtsstudium an der Universität Bonn nicht fortführen wollte. "Viel zu trocken für mich", sagt er. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er mit Menschen arbeiten möchte, entweder im sozialen oder medizinischen Bereich. Einen Berührungspunkt zum Beruf hatte Backer mit der Mutter einer Freundin, die als Hebamme arbeitet. Mit ihr hat er sich ausgetauscht und durch sie auch einen Praktikumsplatz gefunden.

Erste Geburt: "Auf jeden Fall sehr eindrücklich"

Bei drei Praktika hat Backer die Arbeit zunächst kennengelernt. "Die allererste Geburt, die ich überhaupt gesehen hatte, war ein Kaiserschnitt", erzählt der 22-Jährige. "Das war auf jeden Fall sehr eindrücklich zu sehen." 

Nach den Praktika bewarb sich Backer für ein Studium der Hebammenwissenschaft, im Oktober 2023 begann sein erstes Semester in Hannover. Im Wechsel zwischen Theorie im Hörsaal und Praxis im Klinikalltag lernt er seitdem alles rund um die Geburt. An dem Beruf begeistert ihn vor allem die Faszination der Geburt, wie er sagt. "Das klingt jetzt ein bisschen romantisiert, aber einfach diese Ehre, Menschen in dieser wichtigen Phase begleiten zu dürfen und sie dabei zu unterstützen."

Spielt es im Berufsalltag eine Rolle, dass er ein Mann ist?

Laut der Vorsitzenden des Hebammenverbands Niedersachsen, Hilke Schauland, muss eine Hebamme vor allem empathisch und gut im Kommunizieren mit den Gebärenden sein. "Die Kunst im Hebammenwesen ist es, alles theoretisch zu wissen", erklärt sie. Eine Hebamme müsse auf alles gefasst sein, um bei der Geburt in jeder Situation angemessen reagieren zu können. 

Dass männliche Hebammen selbst keine Kinder bekommen können, spielt Schauland zufolge keine Rolle. Schließlich gebe "es ja auch weibliche Hebammen, die haben keine Kinder", sagt sie. Trotzdem "ist es ein Frauenberuf, immer noch". So gebe es im niedersächsischen Hebammenverband unter den gut 2350 Mitgliedern zurzeit keine männliche Hebamme. 

Die Berufsbezeichnung ist auf jeden Fall für alle Geschlechter gleich

Bislang habe sein Geschlecht im Kreißsaal keine große Rolle gespielt, sagt Backer. Die wenigsten Frauen hätten ein Problem damit gehabt, dass er als männlicher Student mit dabei war. Der 22-Jährige erzählt, dass viele werdende Mütter sagen: "Ich habe doch auch einen Gynäkologen." 

2020 war das Hebammengesetz des Bundes in Kraft getreten, die Hebammenausbildung wurde in ein akademisches Studium überführt.  An der Hochschule sei es inzwischen normal geworden, dass er als Mann Hebammenwissenschaft studiert, sagt Backer. Viele Kommilitoninnen freuten sich, "dass es jetzt auch Männer gibt, die das machen". 

Dass in Zukunft mehr Männer als Hebamme arbeiten, sei gut möglich - allein schon wegen der Akademisierung, glaubt Backer. So war es demnach auch bei ihm. Wäre es "noch ein Ausbildungsberuf, wäre ich, glaube ich, gar nicht so wirklich darauf gekommen". 

Gute Chancen für die Zukunft gibt es jedenfalls: Auch im Hebammenwesen ist der Bedarf an Fachkräften groß.