Im Teckplatz Bistro sprechen Barbara Fietz, Roland Böhm, Werner Sulimma und Dietmar Truhn Foto: Dietrich - Dietrich

Die Umwandlung der Volksbank auf dem Plochinger Stumpenhof in eine SB-Filiale stößt auf gemischte Reaktionen.

PlochingenWer wissen will, welche Läden es auf dem Plochinger Stumpenhof einmal gab, muss Roland Böhm fragen. Er lebt dort seit fast 64 Jahren, ihn reden sie mit „Bürgermeister“ an. „Ich selber mache fast alles am Automaten“, sagt er dazu, dass die Volksbank ab 1. Juli nur noch eine SB-Filiale ist. „Aber für ältere Leute ist das übel.“ Über der Volksbank sei früher einmal ein Polizeiposten gewesen, davor eine Zahnarztpraxis. Die Apotheke gebe es nicht mehr, auch die Agip-Tankstelle nicht. Wo heute ein Sanitärgeschäft ist, war früher ein Obst- und Gemüseladen, davor eine Drogerie. „Wo heute die Kreissparkasse ihre Automaten hat, war früher mal ein Coop.“ Also ein Lebensmittelgeschäft. „Die Volksbank war früher halb so groß, in der anderen Hälfte gab es eine Reinigung. Eine Poststelle hatten wir auch, alles ist Geschichte.“ Wenigstens ist in die Schwäbische Confiserie Spieth im Haus der früheren Apotheke ein Paketshop integriert.

„Ich sehe das ein mit der Volksbank, es macht keinen Sinn, dass da drei Leute sitzen und es kommen nur wenige Kunden“, sagt Werner Sulimma. Er schlägt vor, für Menschen, die darauf angewiesen sind, einmal pro Woche eine Sprechstunde anzubieten. Für Menschen wie Barbara Fietz. Sie hat ein Sehproblem: „Mit dem Automaten kann ich nicht reden.“ Dietmar Truhn klagt: „Wir müssen wegen jedem Scheiß nach Plochingen. Aber es ist gut, dass wir den Laden ‚Um’s Eck‘ haben.“

Lebensmittelladen gibt es noch

Einen Metzger gibt es nicht mehr. Das Geschäft sei lange immer voll gewesen, am Ende aber schlecht geführt worden, sagen die Leute. Der Käufer des Gebäudes habe das Erdgeschoss als Wohnung nutzen wollen, was in einer Ladenzeile nicht zulässig ist. Nun stehe der erneute Verkauf an. Ein Lob gibt es für die Busanbindung des Stumpenhofs. In der Hauseingangsecke neben dem „Um’s Eck“ gibt es sogar Kurzwaren zu kaufen. Zwar ist Schneidermeister Thoma gestorben, doch seine Witwe verkauft noch mit über 90 Jahren Nähgarn oder Flicken für durchgescheuerte Hosen. „Man muss nur klingeln, dann kommt sie und macht das Kläpple auf“, erklärt die Runde im Teckplatz Bistro.

„Um’s Eck“ gibt es seit zweieinhalb Jahren. Der Laden ist ein inklusives Projekt der WEK Werkstätten Esslingen/Kirchheim. Vor der Tür steht das Lastenfahrrad, denn der Laden liefert auch nach Hause. Wenn jemand kommt und Getränke kauft, gehen die Mitarbeiter manchmal sofort mit und tragen die schwere Ware. Bis zu zehn Mitarbeiter haben dort Arbeit. Auch das Café Morlock ist ein inklusiver Betrieb der WEK. Lilith Morlock bedauert, dass die Volksbank bald nur noch seine SB-Filiale hat: „Es ist für die alten Leute sicherlich schlecht. Sie wissen nicht, wie man eine Überweisung macht, und haben die Sorge, wie kriegen wir es hin.“ Die Idee einer wöchentlichen Banksprechstunde findet sie gut.

Seit mehr als 30 Jahren gibt es Hella’s Frisiersalon. „Wir machen uns keine Sorgen, wir haben 95 Prozent Stammkunden“, sagt Julia Müller, die den Salon mit ihrer Mutter Helena betreibt. Die Kunden kommen nicht nur vom Stumpenhof, sondern auch aus dem Neubaugebiet. Manche auch aus Stuttgart und Göppingen, weil sie den Frisiersalon sehr schätzen. „Unsere Lage ist einwandfrei“, sagt Julia Müller zu Bushaltestelle und Parkplätzen am Teckplatz. Bisher habe der Salon keine Zahlung mit EC-Karte. Falls das mit der Bargeldversorgung schwierig werde, müsse man das eben anbieten.

„Das Kundenverhalten hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert“, erklärte Torsten Schwarz, Prokurist bei der Volksbank Plochingen, den Leuten die Schließung auf Facebook. Vieles werde inzwischen online erledigt. Zum 1. Juli werde für Telefonate ein „Kunden-Dialog-Center“ eingeführt. Dort könnten viele Geschäfte erledigt werden, „der Kunde muss das Haus nicht verlassen“. Die Räume auf dem Stumpenhof hat die Volksbank nur angemietet. „Wir haben nicht vor, unser Niederlassungsnetz in großem Stil auszudünnen“, verspricht Schwarz.

„Ich bedauere die Filialschließung sehr“, sagte Bürgermeister Frank Buß. „Das Nahversorgungsangebot auf dem Stumpenhof ist mir ein großes Anliegen und die Neugestaltung des Teckplatzes vor einigen Jahren hat gute Rahmenbedingungen geschaffen. Gerade für ältere Menschen sind diese Angebote wichtig.“ Christiane Sitte-Herrmann im Schreibwarengeschäft sieht die Schließung nüchtern: „Viele sind ohnehin nur an die Automaten gegangen. Es ist der Zahn der Zeit, der an uns nagt.“ Entschieden dementiert sie das Gerücht, sie würde zumachen. „Das stimmt nicht. In den ganzen nächsten Jahren nicht!“