Maximilian Kraft und Jana Pfeiffer hoffen, mit dem Foodsharing-Café bald starten zu können. Foto: Eisenmann Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - 313 Kilogramm. So viele Lebensmittel werden in Deutschland weggeworfen. „Und zwar jede Sekunde.“ Maximilian Kraft hält kurz inne und lässt die Zahl wirken. 313 Kilogramm. Vielleicht werden es in den kommenden Jahren weniger - und zwar dann, wenn Kraft und seine Mitstreiter erfolgreich sind. Ihr Anliegen ist der Kampf gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. Dafür arbeiten sie seit einem Jahr, dafür haben die meisten von ihnen ihr Studium derzeit auf Eis gelegt. Die Idee des fünfköpfigen Teams der „Raupe immersatt“: Sie wollen in Stuttgart ein Café eröffnen, in dem überschüssige Lebensmittel mit anderen geteilt werden. Essensretter-Restaurants gibt es bereits in Städten wie Berlin oder Kopenhagen. Aber ein Foodsharing-Café? Es wäre das erste dieser Art in Deutschland.

Obwohl die kleine Gruppe schon weit gekommen ist - Finanz- und Businessplan stehen, ein gemeinnütziger Verein ist gegründet und wird Anfang November beim Notar eingetragen - gilt es, zwei letzte Hürden zu überwinden. Die erste lautet: Räumlichkeiten zu finden, die bezahlbar sind. In einer Stadt wie Stuttgart kein einfaches Unterfangen. „Uns ist es wichtig, dass das Café an einem zentralen Platz in der Innenstadt liegt, der gut zu erreichen ist und von einem möglichst breiten Publikum passiert wird“, sagt Jana Pfeiffer. „Ein kleiner Außenbereich wäre natürlich auch toll.“ Angebote seien zwar einige eingegangen, aber meist scheiterte es am Standort oder an den zu hohen Mietkosten.

Zweite große Herausforderung: Um die Einrichtung für das Café zu finanzieren, müssen 18 000 Euro an Spenden aufgetrieben werden. Eine Crowdfunding-Aktion im Internet wurde vor wenigen Wochen gestartet, bei der man sich auch mit kleinen Beträgen von fünf Euro beteiligen kann. Bis zum 4. November wird noch gesammelt, etwa Zweidrittel der Summe haben 320 Unterstützer bereits eingebracht. Jetzt hofft das „Raupen“-Team, dass auch die verbleibenden Tage noch ausreichend Spenden eingehen werden. „Crowdfunding ist wirklich härter, als wir gedacht haben“, sind beide überzeugt.

Ob ihre Idee in der Praxis funktioniert, haben die fünf Studenten, die alle dem Netzwerk Foodsharing angehören, bereits im Frühjahr ausprobiert. Einen Tag lang wurde im Kulturzentrum Merlin im Stuttgarter Westen ihr Café eröffnet. Essen, das sonst in der Tonne gelandet wäre, wurde an diesem Tag fast 300 Besuchern geschenkt. Ein ermutigendes Signal für den ersten Versuch. Nun soll aber ein dauerhafter Standort gefunden werden.

An sechs Tagen in der Woche wolle man ab dem kommenden Jahr das Café öffnen, sagt Kraft. Das Konzept sieht vor, die laufenden Betriebskosten der Lokalität und Gehälter über freiwillige Spendenabgaben zu decken. Ob und wie viel ihm die Brezel, das belegte Brötchen oder Stück Kuchen wert sind, entscheidet jeder Besucher selbst. „Pay as you feel“, nennt sich das Prinzip. Man zahlt den Betrag, den man für angemessen hält. Sollte das Café eventuell Gewinne abwerfen, werden diese investiert oder an andere gemeinnützige Organisationen gespendet. Das Essensretter-Team, zu dem neben Kraft und Pfeifer noch Lisandro Behrends, Maike Lambarth sowie Simon Kostelecky gehören, verfolgt mit seiner Anlaufstelle aber noch einen anderen Zweck: „Wir wollen Menschen für das Thema Lebensmittelverschwendung sensibilisieren, damit sie bewusster mit Nahrungsmitteln umgehen.“

Auf dem Programm stehen künftig auch Schnippeldiscos, bei denen die Besucher Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern mit Schäler und Messer auf die Pelle rücken. Anschließend wird gemeinsam gekocht und gegessen. Für ihr Konzept haben die Begründer der Raupe immersatt erste Auszeichnungen eingeheimst, auch in überregionalen Medien wurde darüber berichtet. Ein Dilemma gilt es für die fünf jedoch noch zu lösen: „Es soll kein Öko-Café werden und deshalb benötigen wir noch einen gewissen Sexyness-Faktor.“

Weitere Informationen zu Projekt und Crowdfunding gibt es unter www.raupeimmersatt.de im Internet.