Stathi Chatzopoulos (links) und Christian Ehrenberg. Foto: Ines Rudel

Stathi Chatzopoulos und Christian Ehrenberg engagieren sich für den Nachwuchs.

Esslingen - Stathi Chatzopoulos wendet sich einem Gegenüber zu und muss lachen. „Du solltest mal zu uns rüberkommen“, sagt er zu Christian Ehrenberg. Gerade hat Chatzopoulos erklärt, wie er als E-Jugendtrainer der SV 1845 Esslingen den Kindern auch mal beibringt, wie man Schuhe bindet oder sogar ein Diktat korrigiert. Ehrenberg ist im Hauptberuf Realschullehrer, unter anderem im Fach Deutsch. Die Abende und Wochenenden verbringt er als Coach der A-Junioren des FC Esslingen. Bei Diktaten muss er dabei nicht helfen, beim Schuhebinden erst recht nicht. Der FCE versteht sich als – und ist auch – das Sammelbecken der Esslinger Fußballtalente. Ehrenberg besitzt die Trainer-A-Lizenz, seine „Jungs“ spielen in der Landesstaffel.

„Rüberkommen“ muss Ehrenberg demnächst nicht mehr. So zumindest ist der Plan, gegen den sich bei der SV 1845 allerdings einige wehren. Die Fußballer des Mehrspartenvereins beziehen am 27. Juli, einen Tag vor dem Anpfiff des EZ-Pokals, gemeinsam mit dem FCE den frisch renovierten Sportpark Weil. „Bei uns ist die Vorfreude riesig“, sagt Ehrenberg, wir hatten bisher keine Wurzeln, wir haben an fünf verschiedenen Standorten trainiert.“ Für Chatzopoulos und seine Trainerkollegen ist das ein bisschen anders, der – zunächst teilweise – Weggang vom VfL-Post-Gelände bereitet ihnen Abschiedsschmerz. „Ich sehe die Sache skeptisch“, sagt er.

Die Ansätze der SV 1845 und des FCE unterscheiden sich. Aber die beiden Trainer hören sich aufmerksam zu, wenn der andere von seiner Arbeit erzählt. Sie nicken häufig. Sie verstehen sich, sie respektieren und loben das Tun des anderen. Gemeinsam ist ihnen die Passion, für den Nachwuchs zu arbeiten und den Kindern und Jugendlichen grundlegende Werte mitzugeben. Dafür ist das sportliche Niveau nicht entscheidend.

„Ein anderes Familiär“

„Es ist mir eine Herzensangelegenheit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben“, sagt Chatzopoulos, „deshalb tue ich das.“ In den dreieinhalb Jahren, in denen er die E-Jugend der SV 1845 betreut, ist die Zahl der Kinder von acht auf 50 gestiegen, noch sind nicht alle Mitglieder des Vereins. 16 verschiedene Nationalitäten kicken bei ihm, hat er nachgerechnet. Viele davon sind Flüchtlinge, die mit einigen Traumata im Gepäck nach Esslingen gekommen sind. „Sie haben bei uns eine fußballerische Heimat gefunden“, sagt Chatzopoulos – und nicht nur ein fußballerische. Den Erfolg misst er nicht daran, ob ein Aufstieg gelingt. Sondern, ob es alle schaffen, pünktlich zum Training zu kommen, den Ball statt zwei jetzt acht Mal hochhalten zu können. Und damit etwas zu haben, was sie stolz den Eltern zeigen können. „Das Familiäre ist mir wichtig“, sagt Chatzopoulos.

„Wir erleben die Dinge ein bisschen anders“, erklärt Ehrenberg, „die Talente, die zu uns kommen, haben es vielleicht ein bisschen leichter. Auch, weil sie meistens engagierte Eltern haben, die dahinterstehen und sie unterstützen.“ Dann macht er eine kleine Denkpause: „Es ist ein anderes Familiär.“

Bei der SV 1845 wird die Basisarbeit größer geschrieben als beim leistungsorientierteren FCE. Die SV 1845 ist einer von neun Mitgliedsvereinen des FCE. Die Idee: Die Talente der Stadtteilclubs sammeln sich beim neuen Spross. Das klappt, aber Ehrenberg erklärt, dass das Einzugsgebiet mittlerweile über Esslingen hinausgeht. „Wenn man unsere Historie anschaut, so sind wir aus der Jugend gekommen. Sie ist unsere DNA“, erklärt er. Nach der Gründung vor zehn Jahren begann der Verein ausschließlich mit Jugendteams, Erwachsenenfußball kam erst vor vier Jahren dazu. Das erste Männerteam tritt im Moment in der Bezirksliga an und soll noch ein bisschen klettern. Damit der ambitionierte Nachwuchs ein Ziel und Auffangbecken in der eigenen Stadt hat. „Natürlich freuen wir uns, wenn sich ein Kind sportlich weiterentwickelt – es soll es aber auch als Persönlichkeit tun“, sagt Ehrenberg. Diesmal nickt Chatzopoulos. Und betont: „Ich bin ein Fan des FCE.“

Gemeinsam im Sportpark Weil

Und wie wird das Miteinander im Sportpark Weil aussehen? Chatzopoulos könnte sich vorstellen, dass der eine oder andere Kicker, der es beim FCE nicht ganz schafft, bei der SV 1845 Spielpraxis sammelt. Ehrenberg, der beim TSVW Esslingen mit dem Fußballspielen angefangen und später beim TSV RSK weitergekickt hat, findet die Idee grundsätzlich gut, gibt jedoch zu bedenken, dass in diesen Fällen der Ursprungsverein „der erste Ansprechpartner“ ist. Gleichzeitig bietet er Chatzopoulos an, dass er und seine Trainer bei den gut ausgebildeten FCE-Übungsleitern hospitieren können. Zu einem Lehrgang, den Ehrenberg anbieten wollte, hatte Chatzopoulos bereits Trainer angemeldet. Wegen Corona wurde nichts draus.

„Es wird nicht alles rund laufen“, blickt Ehrenberg in die nähere, gemeinsamen Zukunft. „Ich wünsche mir, dass wir in fünf Jahren sagen können, dass die SV 1845 gesund ist, alle Jugenden besetzt hat und dass sich die Erwachsenenmannschaften beider Vereine gut entwickeln. Wir dürfen gerne noch ein bisschen höher spielen.“

Nicht in allen Punkten sind die Fußballer des FCE und der SV 1845 auf einer Linie. Dazu sind die Vereine zu unterschiedlich. An der gegenseitigen Wertschätzung und dem guten Willen mangelt es jedoch nicht. Und Chatzopoulos stimmt zum wiederholten Male eifrig zu, als Ehrenberg sagt: „Am Ende geht es darum, dass die Jugendlichen kicken.“