In Griechenland wütet seit Tagen ein Sturmtief. Foto: dpa/Thanasis Kalliaras

Meteorologen sagen, solche Regenfälle habe es noch nie gegeben, die Schäden sind jetzt schon enorm: In vielen Städten Mittelgriechenlands herrscht wortwörtlich landunter. Menschen sind bereits gestorben – und das Sturmtief soll bis Donnerstag weiter wüten.

Wegen der schweren Unwetter und sintflutartigen Regenfälle in Mittelgriechenland sind die Menschen in den besonders stark betroffenen Städten und Regionen am Dienstagabend aufgefordert worden, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen. Die gewaltigen Wassermassen haben bereits ein Menschenleben gefordert und in der Region Thessalien samt der Hafenstadt Volos zu großen Schäden geführt. Neben Regionen am Mittelmeer sind auch einige Balkanstaaten von Unwettern betroffen. Ein Überblick:

Wie ist die Situation in den betroffenen Gebieten?

Dramatisch - vor allem in der Hafenstadt Volos, wo das Wasser in manchen Straßen fast bis zu den Dächern geparkter Wagen reichte. Autos wurden von den Wassermassen ins Meer gespült, Keller und Ladengeschäfte liefen voll. Außerdem fiel vielerorts immer wieder der Strom aus. Das Handynetz und das Internet waren ebenfalls betroffen und funktionierten zum Teil nur eingeschränkt oder gar nicht.

In der Bucht vor der Hafenstadt harrten am Mittwochmorgen rund 400 Menschen auf einer Fähre aus, die wegen der Unwetterschäden nicht anlegen durfte. Auch am Flughafen der Sporaden-Insel Skiathos war der Betrieb weitgehend eingestellt.

„Wir können die Strom- und Wasserversorgung nicht wieder herstellen“, sagte Achilleas Mpeos, Bürgermeister der Stadt Volos, am Mittwochmorgen dem Sender Skai. „Die Transformatoren stehen unter Wasser, es ist gefährlich, überhaupt zu versuchen, dort heranzukommen.“ Ohne Strom gebe es jedoch kein Wasser, auch die Kläranlagen funktionierten nicht, sagte der Bürgermeister.

Die Fähre „Superstar“ mit ihren 400 Passagieren lag bereits seit Dienstagabend wenige Seemeilen vor dem Hafen der Stadt, wie auf der Seefahrtplattform Marinetraffic zu sehen war. Medienberichten zufolge hatte die Hafenpolizei von Volos das Anlegen der Fähre untersagt, weil der Hafen unter Wasser stand und auch die Verkehrssituation in der Stadt so schwierig sei. „Es ist unmöglich, die Straßen zu räumen“, sagte Bürgermeister Mpeos, „gerade hört es für ein paar Minuten auf zu regnen und wir gehen mit schwerem Gerät rein, dann fängt es sofort wieder an.“

Auch der Flughafen der Sporaden-Insel Skiathos blieb stark beeinträchtigt. Dort mussten laut Flughafensprecher Savvas Karagiannis mehrere Hundert Menschen übernachten. „Ein Flugzeug versucht gerade zu landen - wir müssen sehen, wie es weitergeht“, sagte Karagiannis der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochmorgen. Er wisse nicht, wann der Flughafen wieder vollständig den Betrieb aufnehmen werde. „Es sind unglaubliche Wassermengen runtergekommen, die Zufahrtsstraßen sind gesperrt.“ Die Menschen würden mit Essen und Wasser versorgt.

Am Mittwoch barg die Feuerwehr die Leiche einer älteren Frau im Dorf Paltsi auf dem Berg Pilion im Osten der Hafenstadt Volos, wie der Sender ERTnews berichtete. Damit stieg die Zahl der bekannten Opfer auf zwei. Bereits am Dienstag war ein Mann ums Leben gekommen, weil durch die Wassermassen eine Mauer eingestürzt war. Auch würden drei weitere Menschen vermisst, berichtete ERTnews.

Eine vorläufige Bilanz möglicher Verletzter oder Todesopfer könne noch nicht gezogen werden, sagte Efthymios Lekkas, Geologieprofessor an der Universität Athen. Zahlreiche Dörfer in den von Unwettern betroffenen Regionen konnten wegen Erdrutschen nicht erreicht werden und hatten teils auch keinen Strom, kein Handynetz und kein Internet.

So starker Regen Anfang September in Griechenland - ist das normal?

Nein. Zwar herrschte zunächst vielerorts Erleichterung, als der Regen einsetzte - nach Monaten mit hoher Waldbrandgefahr. Aber solche sintflutartigen Regenfälle gibt es sonst nicht einmal in den regenreicheren Wintermonaten.

Was sagen die Meteorologen?

Viele betonen, so etwas „noch nie gesehen“ zu haben. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis besuchte am Dienstag den Zivilschutz, um sich über die Lage zu informieren. Dort sollen ihm die Wetterexperten gesagt haben, es handele sich möglicherweise bereits um die stärksten Regenfälle in Griechenland seit Beginn der Aufzeichnung - dabei soll es noch bis Donnerstag so weitergehen. Der staatliche Wetterdienst Meteo meldete am Dienstagabend einen Regenrekord: In der Ortschaft Zagora nordöstlich von Volos wurde eine Niederschlagsmenge von 754 Millimetern pro Quadratmeter gemessen. Zum Vergleich: Bei der Ahrtal-Flut im Juli 2021 lagen die Niederschlagsmengen zwischen 100 und 200 Millimeter pro Quadratmeter.

Wie reagiert der Staat?

Schon seit Montag dröhnen bei vielen Menschen in den betroffenen Regionen immer wieder die Smartphones mit einem unangenehmen lauten Warnton: Das sind dann Mitteilungen des Zivilschutzes, der per SMS über die Gefahren informiert und dazu aufruft, man solle zu Hause bleiben oder dürfe in bestimmten Gebieten nicht Auto fahren. Diese Taktik scheint aufzugehen - trotz der schweren Regenfälle jetzt gibt es bislang nur einen Toten. Medienberichten zufolge wurde der Mann von einer Mauer erschlagen, die wegen der Regenmassen einbrach. Polizei und Feuerwehr sind im Dauereinsatz, und Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias appelliert immer wieder, die Menschen sollten den Anweisungen der Behörden unbedingt Folge leisten.

Beachten die Bürger die Warnungen?

Manchen ist nicht klar, wie gefährlich solche Regenmassen sein können. Am Dienstag zeigten griechische Medien den Bürgermeister von Volos, Achilleas Mpeos, der mitten auf der Straße stand und versuchte, die Leute in ihren Autos davon abzuhalten, herumzufahren. „Das ist doch verrückt, wo fahrt ihr hin?“, rief er verzweifelt. „Hier können die Rettungsfahrzeuge nicht durch!“ Immer wieder müssen Menschen gerettet werden, die in ihren Autos eingeschlossen sind, weil die Straßen sich in reißende Flüsse verwandelt haben. Dennoch: Insgesamt werden die Warnungen ernst genommen, die Menschen bleiben zu Hause.

Wie sind die Aussichten?

Nicht gut: Vor allem in den Morgenstunden des Mittwochs solle Sturmtief „Daniel“ wieder an Fahrt aufnehmen, warnte der Zivilschutz. Und selbst am Donnerstagmorgen soll es noch stark regnen, gewittern und stürmen - gerade dort, wo es bisher schon so schlimm war, nämlich in Thessalien. Erst am Freitag soll sich das Wetter beruhigen.

Ist von dem Sturmtief nur Griechenland betroffen?

Nein, auch wenn es dort am stärksten wütet. Starkregen und schwere Gewitter gab es auch in Bulgarien und im Westen der Türkei. In Bulgarien kamen am Dienstag an der südlichen Schwarzmeerküste zwei Menschen ums Leben, weitere drei wurden vermisst. Auch in der Türkei gab es zwei Tote und zudem vier Vermisste in der Provinz Kirklareli nahe der griechischen und bulgarischen Grenze. Die Behörden warnten vor weiteren Unwettern im Westen und Südwesten der Türkei. Es könne zu Sturzfluten, Blitzeinschlägen und Sturm kommen, hieß es.