Nur noch ein Schatten seiner selbst: Dieser Fußgängerweg über die Eichendorffstraße ist abgebaut. Laut Stadt sind Zebrastreifen in Tempo-30-Bereichen nur dort sinnvoll, wo wirklich viele Menschen die Straße überqueren wollen. Anstelle der Streifen sollen künftig „Gehwegvorbauten“ die betroffenen Stellen verengen. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Claudia Bitzer

Es gibt sicher mehr Straßen in ganz Esslingen, in denen der Verkehr in den vergangenen Jahren zu- als abgenommen hat. Umso mehr hat sich Melanie Rach gewundert, warum die Stadt in den vergangenen Wochen drei Zebrastreifen in der Eichendorffstraße, im Zollhaus- und im Blienshaldenweg hat abbauen lassen. Zumal die Eichendorffstraße gerade im Zusammenhang mit der halbseitigen Sperrung der Zollbergstraße derzeit intensiver genutzt wird und „sich die Autofahrer nicht an das dort vorgeschriebene Tempo 30 halten“, so Rachs Erfahrungen. Zusammen mit weiteren Anwohnern aus dem westlichen Zollberg sorgt sich die Mutter von drei Kindern um die Sicherheit der kleinen und großen Fußgänger.

Stadt prüft ihre Überwege

Des Rätsels Lösung: Seit geraumer Zeit überprüft die Stadt ihre Fußgängerüberwege“, erläutert Manfred Klinger, stellvertretender Leiter des Ordnungsamts, den Schwund der Zebrastreifen. Viele stammten aus den 1980er-Jahren und müssten ertüchtigt werden. Zumal sich die technischen Vorschriften verändert hätten. Schließlich sind Fußgängerüberwege nicht nur aufgemalte Balken, sondern brauchen zum Beispiel auch eine ordnungsgemäße Beleuchtung. Und sind deshalb auch nicht zum Nulltarif zu haben. Und vor 30, 40 Jahren gab es auch noch nicht so viele Tempo-30-Straßen oder -zonen wie im Jahr 2017. In diesen Bereichen seien Fußgängerüberwege jedoch entbehrlich. Klinger: „Sie verwirren die Autofahrer eher und wiegen die Fußgänger in trügerischer Sicherheit.“ Notwendig seien sie nur an den Stellen, „die eine Bündelungsfunktion haben“. Sprich: an Orten, an denen wirklich viele Passanten die Straße überqueren wollen. „Deshalb stehen die Überwege beim Bäcker oder an der Eichendorffschule auch nicht in Frage.“

An dem ehemaligen Zebrastreifen in der Eichendorffstraße auf Höhe der Hausnummer 20 sei das aber ebenso wenig der Fall wie im Blienshaldenweg auf Höhe von Hausnummer 96 oder im Zollhausweg ein paar Meter von der Einmündung zur Eichendorffstraße entfernt. „Der Zebrastreifen über den Zollhausweg war immerhin der Überweg zur Unterführung durch die Zollbergstraße. Der Zebrastreifen über den Blienshaldenweg führte zum Kindergarten am Michael-Stifel-Platz“, weiß sich Melanie Rach in ihrer Sorge mit vielen anderen Zollbergern einig.

Klinger beschwichtigt: Die drei Überwege fallen nicht ersatzlos weg. Statt der Zebrastreifen sollen künftig zwei jeweils zweieinhalb Meter lange Zungen, im Amtsdeutsch „Gehwegvorbauten“, in die betroffenen Straßenzüge hineinragen, sodass nicht zwei Autos gleichzeitig aneinander vorbeikommen. Klinger: „Gerade an den Stellen, an denen nicht so viele Fußgänger unterwegs sind, ist das für die Passanten deutlich sicherer.“ Denn die betonierten Zungen würden die Autos abbremsen und die Aufmerksamkeit der Fahrer mehr auf sich ziehen als ein nicht sehr häufig benutzter Überweg. Die Arbeiten für die Vorbauten seien bereits vergeben. In der Mutzenreisstraße bleiben die Zebrastreifen jedoch erhalten. Der Grund: Sie müsse häufig als Umleitungsstrecke herhalten, heißt es in dem Protokoll der Verkehrskommission, in der die städtischen Ämter und die Polizei vertreten sind.

Ob der geplante Zungenschlag zur Tempodrosselung die Anwohner beruhigt, wird man sehen. Ihre Sorge gilt vor allem der Eichendorffstraße. „Dass die Autos dort nicht 30 fahren, zeigen ja schon die vielen Kontrollen, die die Stadt derzeit durchführt“, argumentiert Melanie Rach.

Dass sich die Situation etwas entspannen dürfte, wenn die Zollbergstraße wieder in beiden Richtungen befahren werden kann, ist anzunehmen. Und so hätte es denn auch der Zollberger Bürgerausschussvorsitzende Peter Zürn bei allem Verständnis für die Stadt für klüger gehalten, man hätte mit dem Abbau der Zebrastreifen noch so lange gewartet.