Lukau, Justin und Samed genießen das gemeinsame Essen mit dem Kabarettisten Christoph Sonntag (von links) im „Posthörnle“. Foto: Eisenhardt Quelle: Unbekannt

Von Katja Eisenhardt

Wie benutze ich eine Serviette im Restaurant? Und wofür sind die verschiedenen Besteckteile und die unterschiedlichen Gläser auf einem festlich gedeckten Tisch gut? Die Siebtklässler der Esslinger Seewiesenschule sind neuerdings Experten in Sachen Tischkultur und gesunder Ernährung. Wie neun weitere Schulen im Land haben sie die verschiedenen Stationen der Projektwoche „Gesunde Ernährung Tisch & Kultur“ der Stuttgarter „Stiphtung Christoph Sonntag“ durchlaufen.

Frische Milch schmeckt am besten

Mit ihren Lehrerinnen Uschi Pflüger und Stefanie Bidlingmaier haben die jungen Leute im Alter von zwölf bis 15 Jahren im Gastraum des Esslinger „Posthörnle“ Platz genommen. Die Tische sind formvollendet eingedeckt, inklusive ordentlich gefalteter Stoffserviette. Bei den Seewiesenschülern stehen am dritten Tag der Projektwoche Etikette und Tischkultur auf dem Programm. Zuvor waren sie bereits auf dem Reyerhof in Stuttgart-Möhringen, dessen Schwerpunkt in der Milcherzeugung liegt. „Wir haben gelernt, was aus Milch hergestellt wird. Wir durften auch selbst melken und die frische Milch gleich probieren“, erzählt die zwölfjährige Celine. „Das war lecker.“ Am zweiten Tag wurde in der Schulküche gemeinsam mit Oliver Brehmer von der Weinstube Eißele mit frischen Zutaten gekocht.

Und nun das Knigge-Training bei Heiko Wineberger im „Posthörnle“. „Es geht um Verhaltensgrundlagen gegenüber den Mitmenschen im Allgemeinen und ganz speziell um Benimmregeln im Restaurant“, fasst Restaurantleiter und Sommelier Mirko Sasker zusammen. Lektion eins: die Serviette. „Nehmt sie zwischendurch auch mal, um euch den Mund abzuputzen. Das verhindert hässliche Flecken an euren Gläsern. Wenn ihr fertig seid, legt ihr sie neben den Teller“, erklärt Wineberger.

Lektion zwei: die Messerklinge beim Eindecken des Tischs nie nach außen drehen. Warum? „Da schneidet man sich sonst,“ kommt prompt die Antwort. Laut Knigge könnte sich der Tischnachbar außerdem bedroht fühlen, ergänzt Wineberger. Fit sind die Schüler in Sachen Gläserkunde. Warum das Rotweinglas größer ist als das für den Weißen, will Mirko Sasker wissen. „Vielleicht, weil mehr Rotwein getrunken wird?“, lautet eine Vermutung. Der Sommelier erklärt: „Rotwein braucht mehr Platz, um sich zu entfalten - allein schon vom Geruch.“ Daher füllt man die Gläser nur bis zu ihrem breitesten Punkt. Und im Reich von Küchenchef Wineberger lernen die Siebtklässler schließlich, wie wichtig es ist, dass alles seinen festen Platz hat: „Im stressigen Arbeitsalltag darf man nicht erst lang nach den Zutaten suchen müssen.“

Der „Stiphtungs“-Gründer und Kabarettist Christoph Sonntag schaut selbst im „Posthörnle“ vorbei. Ihm ist es ein großes Anliegen, dass Kindern und Jugendlichen die Freude an gesunden und regionalen Produkten, deren Herkunft und die Möglichkeiten zur Zubereitung frühzeitig nahegebracht werden - genau wie die Tischetikette. Zwei Faktoren gehören für Sonntag zusammen: „Viele sehen in Lebensmitteln heute gar keine Wertigkeit mehr. Auch für Kochen und gemeinsames Essen nimmt sich nicht mehr jeder Zeit.“ Er selbst koche sehr gern, besonders mit Freunden. Als Kind sei er samstags immer bei der Oma in der Küche gewesen, die für alle Mitarbeiter der familieneigenen Holzspielwarenfabrik gekocht habe: „Das war immer ein tolles Erlebnis.“

Sonntag erinnert sich an eine Situation während einer Projektwoche, als Schüler fragten, was eigentlich ein Bauernhof mit Lebensmittel zu tun habe: „Das zeigt doch, wie wichtig es ist, bei dieser Thematik Impulse zu setzen.“ Dabei spielen auch Punkte wie die saisonale Verfügbarkeit der Produkte eine wichtige Rolle oder der Geschmack natürlicher Zutaten, ergänzt Ulrike Storz, Vorstandsmitglied bei Slow Food Stuttgart. Sie hat beobachtet: Aktuell findet ein Umdenken statt. „Viele legen wieder Wert darauf, selbst etwas anzubauen, gerade junge Familien.“

Die Stiphtung Christoph Sonntag setzt sich seit 2008 in Kooperation mit den Vereinen Slow Food Deutschland und Herzenssache sowie der Sparda-Bank für gesunde Ernährung ein. 2010 fanden die ersten Ernährungswochen an baden-württembergischen Schulen statt.

www.stiphtung.tv

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