Der Schauspieler Christoph Franken lebt in Berlin. Foto: Waldemar Salesski Quelle: Unbekannt

Mit brutaler Kraft zerschlägt er die Hoffnung des Sterbenden, wenigstens Geld ins Grab mitnehmen zu dürfen.

Von Elisabeth Maier

Eineinhalb Stunden, bevor die „Jedermann“-Vorstellung auf dem Salzburger Domplatz beginnt, sitzt Christoph Franken in der Maske. Der 39-jährige Schauspieler, der in Esslingen aufgewachsen ist, spielt den Mammon. Am ganzen Körper wird er mit Goldfarbe eingesprüht. Dazu trägt er ein Kostüm mit Kettenhemd. Golden schimmern lange, zarte Fransen an den Armen. Mit feinem Gespür für die Widersprüchlichkeit der Figur im Stück Hugo von Hofmannsthals haben die Kostümbildner Renate Martin und Andreas Donhauser die Verkörperung der Geldgier ausgestattet.

Sechs Wochen hat Christoph Franken, der zum Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin gehört, in Salzburg für die Neuinszenierung Michael Sturmingers geprobt. Mit Fernsehstar Tobias Moretti in der Titelrolle, Stefanie Reinsperger als Buhlschaft und seinem Freund Peter Lohmeyer steht er auf der Bühne. In der vorigen Inszenierung von Brian Mertes und Julian Crouch war der kräftige Schauspieler mit dem untrüglichen Blick für Tiefenschichten seiner Rollen als Teufel zu erleben. Diesen Part spielt jetzt Hanno Koffler.

Ist es nicht eigenartig, plötzlich in einer ganz anderen Rolle in dem Drama auf der Bühne zu stehen, mit dem Max Reinhardt am 22. August 1920 die Salzburger Festspiele begründete? „Da war das Gefühl, dass ich den Teufel auserzählt habe“, sagt der Schauspieler. Der Mammon ist für ihn in dem „Spiel vom Leben und Sterben des reichen Mannes“ eine zentrale Figur. Träume von Gold und Reichtum zerschlägt er gnadenlos. Anfangs schlängelt sich Franken fast zärtlich um den todgeweihten „Jedermann“. Dann bäumt sich der Koloss auf, unterwirft den Sterbenden. Mit brutaler Kraft zerschlägt er die Hoffnung des reichen Mannes, wenigstens Geld ins Grab mitnehmen zu dürfen. Er sei ein „Narr“, ein „Hampelmann“ - wenn der Spieler solche Worte spricht, klingt das kalt, klirrend kalt.

Dabei schwitzt der Künstler in seinem metallenen Kettenhemd- und Goldstoffkostüm an heißen Tagen, wenn der Festspiel-Klassiker auf dem Domplatz gespielt wird. Doch gerade dieses Erlebnis unter freiem Himmel ist es, das für ihn den Reiz der Produktion ausmacht. In der Saison 2017 waren die ersten Vorstellungen verregnet, fanden im Festspielhaus statt. „Ich will raus“ hat der Schauspieler da auf seiner Facebook-Seite gepostet.

Den Sommer hat Franken mit seiner Frau und dem eineinhalbjährigen Sohn in Salzburg verbracht. Seine Eltern, die in Berkheim leben, haben die Familie besucht und die Zeit mit dem Enkel genossen. Der gefragte Schauspieler, der im vergangenen Jahr viel für Fernsehproduktionen vor der Kamera stand, schwärmt vom Teamgeist des „Jedermann“-Ensembles. Die Künstler treffen sich im Schloss Leopolskron vor den Toren der Salzburger Innenstadt, wo der große Regisseur Max Reinhardt lebte. Oder es wird ein Spanferkel-Grillen angesetzt. Für den Künstler und Familienvater sind die Sommer in Salzburg „ein bisschen wie Ferien“. Seit 2009 ist er regelmäßig bei dem bedeutenden internationalen Opern- und Theaterfestivals zu Gast. Sein Debüt hatte er mit Jürgen Goschs preisgekrönter Inszeneierung von Tschechows „Möwe“. 2013 war er als Karl der Siebente in Michael Thalheimers Inszenierung des Schiller-Klassikers „Jungfrau von Orléans“ zu erleben.

Seinen Lebensmittelpunkt hat der ehemalige Esslinger, der in der Theater-AG des Mörike-Gymnasiums bei der Pädagogin Claudine Seifert-Rost seine Liebe zum Theater entdeckte, jetzt in Berlin. Am Deutschen Theater arbeitet er mit den gefragtesten Regisseuren. In Nuran David Calis‘ „Kuffar, die Gottesleugner“ gelang ihm das starke Porträt eines jungen islamischen Videobloggers, der sich radikalisiert. Franken hält die Figur bewusst auf Distanz. Das ermöglicht einen rationalen Blick auf den Menschen, der in den Fängen religiöser Ideologie und unpersönlicher Cyber-Welten die Menschlichkeit verliert. Klar tritt in dieser Interpretation das politische Denken des Schauspielers hervor.

Mit Film- und Theaterregisseur Calis, der das Stück schrieb, verbindet Franken langjährige Zusammenarbeit. Solche Kontinuität ist dem Künstler wichtig, der auch Freundschaften in Esslingen bis heute pflegt. Zugleich lässt er sich gern auf Neues ein. In der Produktion „Auerhaus“ von Bov Bjerg hat er zum ersten Mal mit Nora Schlocker gearbeitet, eine der radikalen Vertreterinnen ihrer Regiegeneration. Für ihn der schöne Beginn eines künstlerischen Austauschs, der ihn sehr bereichert.