Der Ebnisee liegt an der „Idyllischen Straße“ genau richtig, wie ein Blick über diesen einst für die Flößerei angelegten Schwellweiher zeigt. Fotos: Dörmann Quelle: Unbekannt

Von Christian Dörmann

Idyllische Täler, kleine Straßen, die sich in Serpentinen durch die Landschaft schwingen, der weite Blick auf Berge und ein Gefühl von südländischem Flair: Wer das erleben will, muss nicht erst in die Alpen fahren. Es genügen der Weg in Richtung Schwäbisch-Fränkischer Wald und etwas Ortskenntnis, um dem Trubel des Ballungsraumes binnen kurzer Zeit zu entfliehen. Nie ist man weiter von Esslingen entfernt als 50 Kilometer und trotzdem hat es den Anschein, als ob man sich auf Urlaubsfahrt befände. Das Motorrad ist natürlich der ideale fahrende Untersatz für den 150 Kilometer langen Rundkurs, aber auch im Auto kommt jede Menge Spaß auf. Und: Es gibt gute Gründe, immer wieder das Moped oder den Wagen abzustellen, weil es entlang der Strecke viel zu sehen gibt. Manchmal entdeckt man auf dieser Fahrt längst Bekanntes auf eine neue Art.

Wir nehmen die Straße vom Esslinger Marktplatz aus unter die Räder, fahren hinauf auf den Schurwald und hinter Baltmannsweiler weiter in Richtung Ebersbach. Dort ergibt sich bereits der erste Blick über das beeindruckende Panorama der Schwäbischen Alb - vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Auf kleinen, kurvigen Straßen gelangt man zum ersten Juwel der Tour: zum Nassachtal. In dem zehn Kilometer langen Einschnitt entlang der Nassach haben Köhler und Glasbläser ihre Spuren hinterlassen. Auf Schildern ist davon die Rede, „im Tal der Frohen“ zu sein. Ein Blick in die Landschaft ist als Begründung für diesen hohen Anspruch völlig ausreichend.

Wieder auf der Höhe, schwingen wir uns auf einer neu ausgebauten Straße hinab nach Schorndorf und folgen den Schildern zur historischen Altstadt. Es lohnt sich. Empfangen werden wir von viel liebevoll restauriertem Fachwerk rund um den Marktplatz, von Cafés, urigen Restaurants und zeitweilig auch vom bunten Markttreiben zwischen den schmucken Häusern. Ein Bummel durch die kleine Innenstadt ist geradezu Pflicht, ebenso der Gedanke an den berühmten Sohn Schorndorfs. 1834 kam dort Gottlieb Daimler zur Welt, der den „leichten, schnelllaufenden Benzinmotor“ erfunden hat. Deshalb wird Schorndorf vielfach auch als die „Daimlerstadt“ bezeichnet.

Von der Stadt im Rems-Murr-Kreis machen wir einen kurzen Abstecher über die B 29 nach Winterbach und verspielen uns auf kleinen und kleinsten Sträßchen in Berglen. Warum dieser Landstrich so heißt, lässt die Topografie erahnen, und letztlich ist Berglen eine Ansammlung zum Teil winziger Orte mit postkartenwürdigem Erscheinungsbild. Auch dieser Teil der Strecke bietet immer wieder beeindruckende Landschaftsbilder.

Sehen und gesehen werden

Über Rudersberg erreichen wir Oberndorf und folgen dem Schild nach Ebnisee. Diese Querspange macht so manchen Alpensträßchen alle Ehre, und so schaukelt man sich durch den Wald hinauf nach Althütte und nach einigen Kilometern wieder hinab zum Ebnisee. Mit seinen 6,7 Hektar Fläche gehört der zwar nicht zu den monumentalen Gewässern dieser Welt, doch der im 18. Jahrhundert als Schwellweiher für die Flößerei angelegte See liegt malerisch und eignet sich vorzüglich als Ausgangspunkt für Wanderungen in die nähere und weitere Umgebung. Nicht umsonst liegt der Ebnisee an der „Idyllischen Straße“, und diesen Umstand wissen ganz offensichtlich auch die Motorradfahrer zu schätzen. Zu Hunderten pflegt man sie und ihre Maschinen an schönen Wochenenden auf dem Parkplatz am See anzutreffen. Ein Kiosk liefert ausgezeichneten Kaffee, allerlei kalte Getränke sowie eine gut gegrillte Rote. Und die Biker „reden jede Menge Benzin“, wie es in ihrem Jargon heißt. Man zeigt sich und sein Moped, schiebt sich mit fachmännischem Blick durch die Ausstellung geballter Zweiradtechnik und trifft eigentlich immer ein bekanntes Gesicht aus der Szene.

Wir verlassen den gastlichen Ort und begeben uns nach Welzheim, dessen Geschichte bis in die Zeit des römischen Reiches um 150 nach Christus zurückreicht. Dementsprechend findet man dort Zeugen jener Epoche wie das rekonstruierte Ostkastell und einen archäologischen Park. Ein Stopp lohnt sich also auf alle Fälle.

Wir bleiben auf den Spuren der Römer, durchqueren auf dem Weg nach Alfdorf ein wunderschönes Tal und landen schließlich in Lorch mit dem ehemaligen Benediktinerkloster über der Kleinstadt im Remstal. Dort spiegelt sich römische und staufische Vergangenheit wider. Der Limes, ehemals die Grenze des römischen Weltreichs, verlief nordöstlich des Klosters, woran die Rekonstruktion eines Wachturms erinnert. Das Kloster mit Falknerei und auch die Innenstadt Lorchs sind fast schon allein einen Ausflug wert. Nach so vielen Eindrücken lassen wir die Rückfahrt etwas zügiger angehen, begeben uns auf die B 29 bis Winterbach und weiter über Baltmannsweiler wieder zurück nach Esslingen. Genau 153 Kilometer stehen am Ende auf der Uhr und damit vieles, was man an schönen Eindrücken im wahrsten Sinne des Wortes erfahren hat.

die strecke im überblick

Zum Ebnisee: Start ist am Esslinger Marktplatz, danach geht es die Mülberger Straße hinauf durch Kennenburg zum Jägerhaus und weiter nach Baltmannsweiler. Hinter Baltmannsweiler in Richtung Schorndorf weiterfahren und rechts die Kreisstraße 1209 nach Ebersbach/Lichtenwald nehmen. Dem Straßenverlauf nach Ebersbach folgen und dann nach Diegelsberg abbiegen. Auf der weiteren Strecke geht es nach Baiereck durch das Nassachtal. Baiereck durchfahren und am Ende der Straße rechts Richtung Schorndorf/Schlichten. Die Straße schwingt sich herab nach Schorndorf mit der historischen Altstadt. Von der Stadmitte aus geht es weiter in Richtung Göppingen bis zum Abzweig Stuttgart/Waiblingen und dann auf die Bundesstraße 29. An der nächsten Ausfahrt Winterbach die B 29 verlassen, links Richtung Remshalden/Berglen fahren und gleich rechts den nächsten Abzweig nach Berglen. Die Strecke führt über Rohrbronn, Hößlinswart, Steinach, Erlenhof und über einen Kreisverkehr in Richtung Oppelsbohm, bevor die Route rechts nach Schorndorf/Rudersberg abzweigt. Auf weitere Hinweisschilder nach Rudersberg achten - die Strecke führt über Krahwinkel, Asperglen und links in Richtung Backnang/Welzheim über Schlechtbach nach Rudersberg. Am Ortseingang rechts und nach dem Bahnübergang Richtung Welzheim fahren. In Oberndorf geht es links nach Ebnisee/Althütte. Am Ende der Straße lauten die nächsten Stationen Lutzenburg, Althütte, Ebni und schließlich Ebnisee.

Bis dahin sind es 80 Kilometer.

Zurück nach Esslingen: Dem Straßenverlauf folgen und am Kreisverkehr nach Welzheim abbiegen. Von der Welzheimer Innenstadt Richtung Gschwend und rechts nach Alfdorf abbiegen. In Alfdorf rechts in Richtung Schorndorf und links nach Lorch mit Kloster. In Lorch geht es auf die B 29 nach Stuttgart bis Ausfahrt Winterbach und weiter über Baltmannsweiler nach Esslingen.

Gesamte Tour: 150 Kilometer.