Die WG-Mädels Adilia Schweizer, Magdalena Hartmann und Magdalena Miller (von links) sowie Stefanie Grüner (rechts) haben gemeinsam mit Schwester M. Magdalena Schleinschok den Diamanten als Symbol für ihr Wohnprojekt „Abenteuer: Farbenspiel“ gewählt. Foto: Weiß Quelle: Unbekannt

Von Gaby Weiß

Eine große einladende Küche als Zentrum, dazu für jede ein eigenes Zimmer, zwei Bäder, ein herrlicher Blick ins Grüne, ein Balkon und ein Garten - seit vergangenem Sommer leben für ein Jahr fünf junge Frauen hier zusammen. Die Wohngemeinschaft nur wenige Minuten vom Esslinger Marktplatz entfernt ist ein Projekt der Schönstatt-Bewegung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, das die zwischen 19 und 24 Jahre alten Bewohnerinnen „Abenteuer: Farbenspiel!“ getauft haben.

Die fünf jungen Frauen, die sich aus der katholischen Jugendarbeit kennen, verstehen sich keineswegs nur als Notgemeinschaft für eine günstige Unterkunft, sondern sie gestalten bewusst ihren Alltag gemeinsam, unterstützen sich gegenseitig - und sie leben ihren Glauben. Es ist ihnen wichtig, dass ihr Glaube nicht nur in der Kirche stattfindet, sondern dass sie ihn aktiv im Alltag leben und in die Tat umsetzen können: „Uns allen ist dasselbe wichtig, wir leben die gleichen Werte. So bestärken wir uns gegenseitig und können viel mehr erreichen, als wenn jede für sich wohnen würde“, sagt Magdalena Miller.

Ausgangspunkt des Projekts ist, dass dabei jede auf der Suche nach ihrem eigenen Weg und ihren persönlichen Lebenszielen unterstützt wird: „Jede kann und darf sein, wie sie ist. Wir haben zwar alle dieselbe Basis, aber dennoch individuelle Ansichten. Und wir diskutieren Fragen und Themen durchaus kontrovers“, betont Adilia Schweizer. Ganz bewusst haben sich die fünf dafür entschieden, sich ein Jahr lang Zeit fürs Zusammenleben zu nehmen: „Man könnte diese WG schon eine Art Lebensschule nennen, in der wir wachsen können und selbstständig werden“, formuliert Magdalena Hartmann.

Erste Frauen-WG dieser Art

Das „Abenteuer: Farbenspiel!“ ist die erste WG dieser Art für junge Frauen, nachdem es ein vergleichbares Projekt für Jungen und junge Männer bereits in München gibt. Esslingen als Standort hat gut zu den beruflichen Plänen der fünf gepasst: Magdalena Hartmann absolviert nach einem Pflegepraktikum am Klinikum zur Zeit ein Praktikum bei der Stadtverwaltung, Magdalena Miller lernt in Ludwigsburg Erzieherin, Anja Martin ist in Stuttgart in der Ausbildung zur Sport- und Gymnastiklehrerin, Adilia Schweizer studiert an der Esslinger Hochschule „Bildung und Erziehung in der Kindheit“, und Stefanie Grüner arbeitet nach dem Ende ihres Studiums nun hier als Apothekerin.

Als geistliche Begleitung des Projekts fungiert Schwester (Sr.) M. Magdalena Schleinschok von den Schönstätter Marienschwestern, die jedoch selbst nicht in der WG wohnt. Sie hat stets ein offenes Ohr, ist über Handy und Whats-App jederzeit erreichbar und hilft bei allen drängenden Fragen: „Das Organisatorische machen sie komplett selbst, und ich bin auch nicht die Entertainerin. Ich bin die Wegbegleiterin jeder Einzelnen und der gesamten Gruppe“, umschreibt sie ihre Aufgabe. „Sie ist eine coole, freundschaftliche und inspirierende Schwester“, charakterisieren sie die fünf jungen Frauen, die sich jeden Dienstagabend mit Sr. M. Magdalena Schleinschok treffen. Dann werden Neuigkeiten ausgetauscht, es wird ein Essensplan aufgestellt und überlegt, wer einkauft. Und es wird gemeinsam gekocht: „Es schmeckt immer richtig, richtig lecker“, ist Sr. M. Magdalena Schleinschok voll des Lobes.

Das WG-Leben fordert Absprachen und Kompromisse. In der Küche hängt ein Aufgabenplan, für fünf Energiesünden muss die riesige WG-eigene Süßigkeiten- und Knabbersachen-Kiste aufgefüllt werden. „Das kommt aber selten vor, viel zu selten“, lachen die fünf. „Und immer donnerstags putzen wir gemeinsam die Bäder und die Küche, für ihr Zimmer ist jede selbst verantwortlich. Da wird die Musik aufgedreht, und wenn alle zusammen putzen, dann macht das sogar Spaß“, versichert Anja Martin glaubhaft.

Dazu kommt ein gemeinsames WG-Wochenende pro Monat und jede Menge spontane Aktionen, die regelmäßig auf der Facebook-Seite kommuniziert werden: Mit Bastelaktivitäten leben die jungen Frauen ihre kreative Ader aus und bessern die WG-Kasse auf. Vereint geht es zum Laufen oder Einkaufen, sie tauschen sich über ihre Erfahrungen in Ausbildung und Beruf aus, die gemeinsamen Spiele-Abende sind legendär, sie singen gern zur Gitarre, und sie sind viel zusammen auf Achse: Beim Blutspenden, beim Konzert, auf einem Jugendkreuzweg oder im Dirndl auf dem Cannstatter Wasen. Den Nachbarn haben sie sich mit einem Fest vorgestellt, ihre Mütter wurden mit einem selbstgekochten Menü verwöhnt, und im Moment planen sie eine sommerliche Gartenparty. Denn sie führen ein offenes Haus: „Bei uns ist jeder willkommen“, sagt Adilia Schweizer. Ganz im Sinne der Schönstatt-Bewegung, die jedem Menschen einen Platz bietet.

Ecken und Kanten sind erlaubt

Natürlich gibt’s auch mal Reibereien: „Jede hat ihre Ecken, Kanten und Macken, das ist normal, wie in einer Familie auch“, erzählt Stefanie Grüner. Gemeinsam oder mit Hilfe von Sr. M. Magdalena Schleinschok stellen sie sich auch solchen Situationen: „Wir wollen nicht die Türe zuschlagen, drei Tage nicht miteinander reden und dann so tun, als wäre nichts gewesen. Es ist uns wichtig, dass wir unsere Konflikte gemeinsam lösen und uns damit auseinandersetzen“, betont Magdalena Hartmann. „Das ist manchmal anstrengend, aber man fühlt sich hinterher besser. Wir lernen: Meinungen austauschen, streiten und Kompromisse schließen“, ergänzt Stefanie Grüner.

Nach genau einem Jahr, zum 31. Juli, wird das „Abenteuer: Farbenspiel!“ für die jetzigen Bewohnerinnen zu Ende gehen, und es werden andere junge Frauen fürs WG-Projekt gesucht: „Ich denke, dass wir sehr gestärkt aus diesem Jahr herausgehen, aber dann ist es für uns auch Zeit, bewusst den nächsten Schritt zu machen“, sagt Magdalena Miller. Und die fünf schmieden bereits Pläne für die Zukunft, wie Adilia Schweizer verrät: „Wenn wir hier in Esslingen eine Wohnung finden, könnten wir vielleicht anschließend als normale WG zusammenziehen. Und Schwester Magdalena kommt dann einfach als Freundin zu Besuch.“

Wissenswertes über die Mädels-WG

„Abenteuer: Farbenspiel!“: Unter dieses Motto haben die fünf jungen Frauen ihre einjährige Wohngemeinschaft gestellt: „Es geht darum, die eigene Lebensfarbe zu entdecken: Welche Farben habe ich? Das Leben ist so bunt, man kann es in vielen Farben ausmalen“, erläutert Magdalena Hartmann. Einen vielfarbigen Diamanten haben sie als Symbol gewählt, das unübersehbar an der Küchenwand prangt: „Wie jeder Mensch ist auch der Diamant wertvoll und in vielen Farben strahlend. Und er hat Ecken und Kanten, die man herausarbeiten und auch ein wenig schleifen kann“, erklären die Mitbewohnerinnen unisono.

Die Schönstatt-Bewegung: Die Bewegung, die als eine Art Vorläufer der neuen geistlichen Gemeinschaften innerhalb der katholischen Kirche gilt, wurde 1914 in Schönstatt, einem Ortsteil von Vallendar bei Koblenz, durch Pater Josef Kentenich gegründet. Er legte Wert darauf, dass jeder Einzelne persönlich zum Glauben findet und sich als freie, feste und starke christliche Persönlichkeit entwickeln kann. Heute ist die Schönstatt-Familie, die Maria ins Zentrum ihrer Spiritualität stellt, eine in 40 Ländern der Welt tätige Vereinigung.

Kontakt: Unter www.facebook.de/abenteuerfarbenspiel gibt es immer wieder aktuelle Neuigkeiten aus dem Leben der fünf WG-Bewohnerinnen. Nähere Infos gibt es unter abenteuer-farbenspiel@gmx.de