Von Elisabeth Maier

Einen Dreh im Regen haben die Schauspielstars Henry Hübchen und Patrycia Ziolkowska gestern im Hof der Esslinger Waisenhofschule erlebt. Mit Regisseur Andreas Kleinert und seinem Team probten die beiden Szenen für den Film „Spätwerk“, den der SWR fürs erste Fernsehprogramm produziert. Unter dem Durchgang des historischen Schulhauses am Marktplatz küssten sich die Schauspieler stürmisch. Der alternde Literat und seine Lektorin haben ein gespaltenes Verhältnis.

Um die Szenen trotz Regens filmreif in den Kasten zu bekommen, war das Improvisationstalent des Kamerateams gefragt. Schnell wischte einer mit Küchentüchern Regentropfen vom Dach des Kamerazelts, bevor die temperamentvolle Theater- und Filmschauspielerin auf ihren Partner zu rannte. Die Künstlerin mit den ausdrucksstarken Augen und ihr Kollege Hübchen steckten Widrigkeiten des Wetters lässig weg. Mit seiner ruhigen, souveränen Art brachte Regisseur Kleinert auch das Filmteam dazu, ganz entspannt zu arbeiten. Passanten, die durch den Schulhof spazierten, staunten über das professionelle Equipment, das die Produktionsfirma Eikon da in Lastwagen an den Drehort in der alten Reichststadt brachte. Wie schnell und perfekt aufeinander abgestimmt so ein Team am Set arbeitet, erstaunte die Zaungäste.

Ein aufregender Tag war gestern für die 26-jährige Laura Witthuhn. Die Serviererin aus Esslingen stand dann später im Restaurant „Rosenhäusle“ mit den Schauspielstars Hübchen und Ziolkowska vor der Kamera - und das sogar in ihrem Job. Produktionsleiter Peter Ulbrich hatte sie bei einem seiner Besuche in Esslingen entdeckt, „und einfach gefragt, ob sie denn mit uns drehen möchte.“ Sie servierte Hübchen und Ziolkowska das Essen. Nachdem die Szenen im Schulhof fertig waren, zog das Filmteam quer über den Marktplatz in die Wirtschaft im Gebäude aus dem Jahr 1567 in der Beutau um. Da wartete Wirtin Bettina Witthun, die Mutter der Statistin, aufgeregt auf Regisseur Kleinert und seine Stars.

Wie kam es dazu, dass die Filmemacher Esslingen auswählten? „Den Romanschriftsteller verschlägt es zu Lesereisen in die Provinz, nachdem er in den großen Städten nicht mehr gefragt ist“, verrät Ulbrich einen Teil des Plots. Da der SWR baden-württembergischer Landessender ist, habe man die Wahl zwischen Esslingen und Schwäbisch Hall gehabt. Am Ende siegte die Reichsstadt am Neckar.

Käsespätzle für das Filmteam

Der Kontakt zum „Rosenhäusle“ kam zufällig zustande. „Immer wieder waren Leute vom Produktionsteam des SWR da“, erzählt die Gastronomin Bettina Witthuhn. Sie freute sich, „dass ich mal ein Filmteam bekochen durfte.“ Gestern betreute sie statt ihrer Gäste das Kamerateam und die Schauspieler, die sie nur aus dem Fernsehen kannte. Selbst für die erfahrene Wirtin war das eine Herausforderung. Schließlich machte sie für die Crew Käsespätzle. Zwar habe sie angeregt, ihre Maultaschen - bei ihr klassisch schwäbisch „Herrgottsbscheißerle“ genannt - zu servieren. „Aber die ließen sich nicht überzeugen“, sagt sie und lacht.

Der Fernsehfilm „Spätwerk“ handelt von dem alternden Romanautor Paul Bacher. Einst fühlte er sich als einer der prägenden Schriftsteller seiner Generation. Jetzt darf er nur noch in der Provinz lesen, Ideen und Antrieb für ein neues Werk fehlen ihm.

Auch seine Lektorin Hannah, gespielt von Patrycia Ziolkowska, hat da wenig Hoffnung. Als er eines Tages im Suff einen Tramper überfährt, ändert sich sein Leben radikal, er beginnt, wieder zu schreiben. Und die junge Lehrerin Teresa, die Jenny Schily spielt, träumt davon, ihn zu retten. Wann der Film in der ARD ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest.