Kinder, die zu guten Büchern greifen, entdecken rasch die Faszination des Lesens - die Esslinger Bücherturm-Aktion macht’s möglich. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

„Kinder brauchen Bücher“ wusste der Psychologe Bruno Bettelheim schon vor vielen Jahren, und seine Worte sind im Zeitalter elektronischer Medien aktuell wie eh und je: Bücher eröffnen ihren Lesern neue Welten, sie vermitteln Wissen, beflügeln die Fantasie und stärken Denk- sowie Meinungsfreude. Deshalb haben der Soroptimist International Club Esslingen, der Inner Wheel Club Esslingen und der Rotary-Gemeindienst Esslingen-Neckarland eine Idee der Kinderbuchautorin Ursel Scheffler aufgegriffen, die sich bundesweit bereits in nahezu 40 Städten etabliert hat: Überall lassen Kinder durch engagierte Lektüre Büchertürme in den Himmel wachsen.

Das Konzept ist ebenso einfach wie überzeugend: Zunächst wird vor Ort ein besonders symbolträchtiger Turm ausgeguckt und in seiner Höhe vermessen - in Esslingen ist es der 72 Meter hohe Turm der Frauenkirche. Und dann sind die Kinder, die sich am Projekt beteiligen, an der Reihe: Zunächst dürfen sie sich einen Titel aus einer Leseliste aussuchen. Ist das ausgewählte Buch gelesen, wird die Höhe des Buchrückens in eine Liste eingetragen - für zehn Zentimeter gibt es einen so genannten „Pisa“. Diese Leistung soll sich später in klingender Münze auszahlen: Getreu dem Motto „Kinder lesen für sich und andere“ wollen die Initiatoren für jeden „Pisa“ 50 Euro Spende mobilisieren - das gesammelte Geld kommt Projekten der Lese- und Bildungsförderung in Esslingen zugute. Jeden Monat wird zudem eine Monatsgewinner-Schule ausgewählt, der einer der Sponsoren eine Extra-Belohnung zukommen lässt.

Die ersten Erfolge verpflichten

Ursel Scheffler ist weit in der Republik herumgekommen, und die erfolgreiche Kinderbuch-Autorin staunte nicht schlecht, als sie im Februar zur Eröffnungsveranstaltung nach Esslingen kam: Gut 1000 Schülerinnen und Schüler der zweiten bis vierten Klassen von 13 örtlichen Schulen machen hier mit. „Das ist eine unglaubliche Resonanz - der absolute Wahnsinn“, freut sich Soroptimistin Marianne Rist. Und wer sich die Leseleistung der Kinder anschaut, staunt noch mehr: Eigentlich sollten die 72 Meter, die der Turm der Frauenkirche misst, bis Dezember „erlesen“ sein - bis zu den Osterferien waren bereits 60 Meter geschafft. „Jetzt werden wir uns neue Ziele setzen“, sagt Marianne Rist. Erst dürfen sich die Schulen Türme in ihren jeweiligen Stadtteilen vornehmen, und zum großen Finale wird bis Jahresende noch die Höhe der beiden Türme der Esslinger Stadtkirche angepackt. Dass die Jungs und Mädchen mit so viel Leseeifer bei der Sache sind, soll nun auch die Erwachsenen zusätzlich anspornen, wie Mit-Organisatorin Sophia Schlosser vom Inner Wheel Club Esslingen augenzwinkernd erklärt: „Die Erwachsenen werden sich ganz schön ins Zeug legen müssen, wenn sie mit ihren Spenden genau so schnell vorankommen wollen wie die Kinder beim Lesen.“