DFL-Aufsichtsratsboss Hans-Joachim Watzke (Archivbild) Foto: IMAGO/Steinbrenner

Im Investoren-Streit wächst der Widerstand einiger Klubs und der Fans. Die DFL gerät zunehmend unter Druck – und ruft vor dem anstehenden Spieltag zur Deeskalation auf.

Die nächste Eskalationsstufe der Fan-Proteste lässt sich kaum verhindern – und dennoch wagten die Granden des deutschen Fußballs in höchster Not einen letzten Schlichtungsversuch. DFL-Aufsichtsratsboss Hans-Joachim Watzke rief zur Deeskalation auf, selbst DFB-Chef Bernd Neuendorf schaltete sich vor dem mit Spannung erwarteten Bundesliga-Spieltag mit einer eindringlichen Warnung ein.

Schließlich droht der unrühmliche Höhepunkt im hitzig geführten Investoren-Streit. „Ich bitte die Fan-Szenen an dieser Stelle, den Eskalationspunkt nicht weiterzutreiben. Unser Gesprächsangebot steht“, lautete Watzkes dringender Appell im Bild-Interview. Alle müssten sich der „Verantwortung für den deutschen Fußball bewusst sein. Bringt man ein Spiel zum Abbruch, schadet man massiv dem eigenen Verein.“

Martin Kind: „Wie ich gestimmt habe, das weiß nur ich“

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) gerät angesichts des Widerstandes einiger Klubs und der Fans zunehmend unter Druck. Es werde „so lange weiter protestiert, wie es notwendig ist“, sagte Unsere-Kurve-Sprecher Thomas Kessen dem SID. Fanforscher Harald Lange ist sich derweil sicher, dass der Protest „in einen Spielabbruch münden“ wird, wie er in einem Podcast des Hamburger Abendblatts betonte.

Streitpunkt bleibt das Verhalten von Martin Kind bei der geheimen Abstimmung. Er soll als Geschäftsführer der Profi-Abteilung von Hannover 96 entgegen der Anweisung seines Vereins für den Deal gestimmt haben. Kind wies erneut jede Verantwortung von sich und betonte bei NDR Info: „Wie ich gestimmt habe, das weiß nur ich.“

Längst ist daher auch eine 50+1-Diskussion entbrannt. Neuendorf blickt mit Sorge auf die Debatte, allein der Verdacht, es könnte in diesem Zusammenhang zu einem Verstoß gegen die 50+1-Regel gekommen sein, gefährde die Reputation des Fußballs in Deutschland, sagte er dem SID. Die Regel sei „die Garantie dafür, dass die Bundesliga nicht zu einem Spielball der Investoren wird. Sie ist für mich der Garant für die Akzeptanz unseres Sports in der Gesellschaft.“

Nach wie vor drängen die Anhänger auch deshalb vehement auf eine neue DFL-Abstimmung – und stehen dabei nicht alleine da. Nach dem VfB Stuttgart und Union Berlin wagten sich auch der 1. FC Köln, Borussia Mönchengladbach und der FC St. Pauli aus der Deckung. Köln will dem Ligaverband einen förmlichen Antrag zukommen lassen, um das DFL-Präsidium vom durch die Mitgliederversammlung erteilten Abschlussmandat zu befreien. Der FC betonte, „dass es keinesfalls Intention seines Antrages ist, in irgendeiner Art und Weise ein Misstrauen gegenüber dem DFL-Präsidium zu bekunden. Vielmehr geht es um die Herstellung von Rechtssicherheit.“

Forderung nach einer Wiederholung der umstrittenen Wahl

Der Stammverein von Hannover 96 bezeichnete das Verhalten der DFL in der „Causa Kind“ als „scheinheilig“ und wertete es als „schwerwiegenden Vertrauensbruch“. Auch deshalb wird das Heimspiel der Niedersachsen gegen Greuther Fürth am Freitag mit Spannung erwartet. Der Stammverein des Zweitligisten fordert einen „Neuanfang“ bei der DFL.

Der Ligaverband erteilte der Forderung nach einer Wiederholung der umstrittenen Wahl vom 11. Dezember bislang mehrmals eine Absage – trotz der Proteste, die beinahe schon zu Spielabbrüchen geführt hatten und wohl auch ein Grund für den Ausstieg des US-Finanzunternehmens Blackstone aus den Verhandlungen waren.

Watzke zeigte sich zumindest offen für eine Abstimmung über das Verhandlungsergebnis mit dem letzten verbliebenen Investor-Kandidaten CVC. Wenn man das Gefühl habe „dass die Mehrheit das im März nicht mehr will, werden wir unser Votum sicher nicht gegen deren Willen geben“, sagte er.

Für Beruhigung in den Kurven wird dies zunächst kaum sorgen. Fans hätten auch schon bei anderen Themen gezeigt, „dass sie einen langen Atem haben“, betonte Kessen. Es gebe keinen Grund, die Proteste zu beenden, „ohne nicht das Minimum der Forderungen zu erreichen“.