Das drohende Aus für das Berkheimer Hallenfreibad, der gefühlte Stillstand in der Ortsmitte, der geplante Bau von drei Hoffnungshäusern und höchstwahrscheinlich ein neues Gewerbegebiet am Horizont - das alles hat in Berkheim in den vergangenen Monaten für hohe Wellen gesorgt. Mitten drin: der Bürgerausschuss. Der damalige Vorsitzende Helmut Struwe hatte sich in der Bäderfrage ergebnisoffener gezeigt als die meisten Berkheimer und seinen Hut genommen. Mit Aglaia Handler an der Spitze ist der Bürgerausschuss dann erfolgreich in den Kampf fürs Hallenfreibad gezogen. „Wir haben das Allerbeste daraus gemacht und zu neuer Geschlossenheit und Schlagkraft gefunden. Alle drei Esslinger Bäder sind gerettet - und wir sind ein super Team geworden“, freut sich Handler über den größten Mannschaftserfolg.

Sie wollten anfangs nur für eine Übergangszeit den Vorsitz des Bürgerausschusses übernehmen. Und haben sich nach wenigen Monaten anders entschieden. Haben Sie das in der Zwischenzeit bereut?

Handler: Nein. Das Amt bedeutet zwar sehr viel Arbeit. Und wir stecken alle sehr viel Herzblut in diese Arbeit. Aber wir bekommen auch sehr viel zurück von den Berkheimerinnen und Berkheimern. Wann immer ich in Berkheim unterwegs bin, werde ich darauf angesprochen, wie gut es läuft. Das ist natürlich eine tolle Motivation. Und die Interessengemeinschaft Hallenfreibad, in der sich maßgeblich auch der TSV und die DLRG sowie Schulen und Vereine engagiert hatten, zeigt zudem, dass etwas gelingt, wenn man in Berkheim zusammenarbeitet.

Haben Sie schon Signale von der Stadt oder den Stadtwerken bekommen, wann die Arbeiten am Bad losgehen?

Handler: Soweit uns bekannt ist, werden sie gerade ausgeschrieben. 2018 soll das Bad saniert werden. Damit hoffe ich, dass unser Hallenfreibad in den nächsten Jahren nicht mehr infrage gestellt wird.

Auch der undichte Berkheimer See soll noch eine Zukunft haben. War die Entscheidung wichtig für den Stadtteil?

Handler: Der See ist ein Berkheimer Wahrzeichen. Seine Sanierung ist schon wichtig. Vor allem unter dem Aspekt, dass eine Grünfläche, ein kleines Naherholungsgebiet, erhalten bleibt. So haben wir eine sehr gute Lösung gefunden.

Die Hoffnungshäuser haben in Berkheim für viel Aufruhr gesorgt. Es hat vielleicht nicht jeder verstanden, warum es in einem Stadtteil, der bislang noch gar keine Flüchtlinge beherbergt, so schwierig sein soll, in betreuten Häusern Menschen unterzubringen ...

Handler: Es ging bei uns vor allem um die Grundstücke, die von der Stadt zu diesem Zweck ausgesucht worden sind. Und um die Art und Weise, wie die Anwohnerinnen und Anwohner behandelt worden sind. Bauvorschriften, die für sie gelten, wurden bei den Hoffnungshäusern ausgehebelt. Die drei Häuser liegen in Sackgassen. Und in jedes Hoffnungshaus kommen so viele Menschen, wie in der restlichen Straße wohnen. Das verursacht einfach Unbehagen und Ängste. Es geht gar nicht darum, wer da reinkommt, sondern wie viele Menschen dort leben sollen. Da war auch die Kommunikation von Trägerstiftung, CVJM und Stadt nicht glücklich gewesen - und ist es bis heute nicht. Wir müssen immer noch hinterherlaufen und fragen, wer jetzt genau welche Aufgaben übernimmt. Es gibt meinem Eindruck nach kein Konzept, und die Anwohner werden nach wie vor nicht einbezogen.

Kann man denn davon ausgehen, dass die Berkheimer ihre neuen Mitbewohner trotzdem willkommen heißen werden?

Handler: Es soll ein Unterstützerkreis gegründet werden. Wir sind nur eben im Ungewissen darüber, was der CVJM macht und was nicht. Wir werden vom Bürgerausschuss aus auch die Vereine bitten, gemeinsame Kurse für Flüchtlinge und Einheimische anzubieten.

Noch ungelöst ist die nachhaltige Nahversorgung im Stadtteil. Was bereitet Ihnen die größten Sorgen?

Handler: Dass wir zwar mit Rewe einen Lebensmittelmarkt haben. Der ist für die Bevölkerung aber viel zu klein. Nun scheint sich aber hier etwas zu tun und es sind Gespräche unter Einbeziehung des Bürgerausschusses und der EWB geplant. Es ist wohl möglich, den Markt an seinem Standort in der Ortsmitte auf 900 Quadratmeter zu vergrößern. Hoffentlich kann so auch der Steg gerettet werden, der für Berkheim so wichtig ist.

Frau Handler, im Vorentwurf für den neuen Flächennutzungsplan soll Berkheim 16 Hektar neue Gewerbeflächen für die Stadt Esslingen liefern. Das ist für Ihren Stadtteil besonders schwer zu schlucken, weil ...?

Handler: ... weil wir zum Beispiel schon Festo, ein geschätztes Weltunternehmen, haben, das auch genehmigte Ausbaupläne hat und wir schon befürchten, zum Industrievorort Esslingens zu werden. Es geht nicht einmal darum, ob man für oder gegen ein neues Gewerbegebiet ist - der aktuelle Straßenzustand erlaubt schon heute keine Zunahme von Schwerlastverkehr. Während die Infrastruktur in der Ortsmitte nicht vorwärtsgeht, wird über neues Gewerbe geredet. Und zwar nicht über wenig Gewerbe. Die potenziellen Flächen, die im Gespräch sind, gelten bereits laut Steckbrief als schwierig und nicht empfehlenswert. Von daher haben wir schon Probleme damit. Wir sähen es viel lieber, wenn die leer stehenden Gewerbeflächen in Berkheim und anderen Gebieten der Stadt zuerst gefüllt würden.

Die Stadt sagt, dass sie ja keinen Zugriff auf private Flächen hat ...

Handler: Angesichts der Tatsache, dass Flächen auf Esslinger Markung nur endlich zur Verfügung stehen, sollte man da aber eigentlich mehr darauf achten.

Wenn nun aber eine der beiden Alternativen zwingend kommen müsste - welche wäre für den Bürgerausschuss das kleinere Übel?

Handler: Wenn ein Gewerbegebiet zwingend kommen müsste, dann wäre uns natürlich eines am liebsten, das möglichst weit vom Ortszentrum entfernt ist und mit dem die Berkheimerinnen und Berkheimer am wenigsten zu tun haben. Wobei es sich bei beiden Alternativen um sehr, sehr gute Ackerböden handelt und wir selbstverständlich die Landwirtschaft und die Nahversorgung, die uns hier geboten werden, unterstützen. Wir werden sehen, ob bei uns überhaupt ein Gewerbegebiet kommen kann oder nicht. Die Restriktionen sind wirklich sehr hoch.

Das Interview führte Claudia Bitzer.

ZUr Person

Aglaia Handler hat im April 2016 den Vorsitz des Bürgerausschusses Berkheim übernommen, nachdem ihr Vorgänger das Handtuch geworfen hatte. Er war in der Diskussion über die Bäderlandschaft zwischen die Fronten geraten. Handler sprang zunächst kommissarisch in die Bresche und wurde dann im Oktober offiziell gewählt. Die berufstätige Mutter zweier Kinder ist zudem Gesamtelternbeiratsvorsitzende der Esslinger Schulen. Sie lebt seit 1999 in Berkheim, sitzt seit fünf Jahren im Bürgerausschuss und ist Mitglied im Vorstand des CDU-Stadtverbands.