Noch mal die Schulbank drücken: Ein Zweitstudium will gut überlegt sein – auch aus finanzieller Sicht. Foto: dpa/Inga Kjer - dpa/Inga Kjer

Erst Geschichte, dann Pharmazie: Manche haben nach einem ersten Abschluss noch nicht genug von der Hochschule. Zulassung und Finanzierung sind bei einem Zweitstudium aber nicht immer einfach. Wann lohnt es sich trotzdem?

Bonn/IserlohnAuf den Bachelor noch einen zweiten draufsatteln? Klingt einfach, kann aber kompliziert sein. Wer nach dem Abschluss einen weiteren machen möchte, muss sich nämlich auf einen Zweitstudienplatz bewerben.

Für einige Berufe ist so ein Zweitstudium zwingend erforderlich: Kieferchirurgen müssen zum Beispiel Zahnmedizin und Humanmedizin studieren, erklärt Christian Tauch vom Referat für Hochschulbildung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).

Bei zulassungsfreien Studiengängen können sich Studierende, die bereits einen Bachelor oder Master haben, einfach einschreiben. Komplizierter wird es bei Fächern mit Zulassungsbeschränkung: „Für Studienplätze in Studiengängen, die im bundesweiten Vergabeverfahren vergeben werden, stehen den Zweitstudienbewerbern drei Prozent der Plätze zur Verfügung“, erklärt Tauch. Das gilt für Medizin, Pharmazie und Zahnmedizin. „Bei örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen bestimmen die Hochschulen diese Quote selbst.“ Sie liegt in der Regel ebenfalls bei etwa drei Prozent.

Regeln für die Vergabe

Etwa fünf Prozent der Studierenden waren im Wintersemester 2017/2018 als Zweitstudierende eingeschrieben, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Für die Vergabe gibt es bestimmte Regeln. Relevant sei neben der Abschlussnote des Erststudiums vor allem die persönliche Motivation, sagt Tauch. Dazu zählen unter anderem zwingende berufliche oder wissenschaftliche Gründe.

Für wen lohnt es sich, Motivationsschreiben und Bewerbung aufzusetzen? „Ein Zweitstudium macht für die Leute Sinn, die sich umorientieren möchten, weil sie mit dem ersten Studiengang nicht zufrieden sind“, sagt Thomas Röser vom Deutschen Verband für Bildungs- und Berufsberatung. Etwa, wenn sich das Interessensgebiet geändert habe oder man merke, dass man mit seinem Bachelor in Germanistik nicht weit kommt. Wissenschaftliche Gründe können ebenso eine Rolle spielen – wenn eine ergänzende Qualifikation beispielsweise für eine Tätigkeit in der Forschung notwendig ist. Wichtig für alle Zweitstudierenden ist die Motivation: „Man muss sich vorher überlegen, warum und wie man das macht, um das Studium durchzuhalten.“

Die Wahl des Zweitstudiengangs sollte zur Lage auf dem Arbeitsmarkt oder dem angestrebten Arbeitgeber passen. Wer sich für ein Zweitstudium entscheidet, muss sich daher Gedanken machen, welche Fächerkombinationen sinnvoll sind. Beliebt ist als Zweitstudiengang laut Röser unter anderem der Master of Business Administration: „Der bringt auch denen Führungsqualifikationen bei, die vorher nicht im Wirtschaftsbereich studiert haben.“ Das sei gerade bei Geisteswissenschaftlern für viele Arbeitgeber attraktiv. Viele Wirtschaftswissenschaftler hingegen bilden sich durch ein Zweitstudium der Wirtschaftspsychologie weiter, um sich im Human-Resources-Sektor zu qualifizieren.

Ein Zweitstudium ist nicht günstig: In einigen Bundesländern werden dafür Gebühren erhoben. In Sachsen-Anhalt sind das 500 Euro pro Semester, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sogar 650 Euro. In den meisten anderen Bundesländern fallen keine Extrakosten an. Trotzdem haben Zweitstudierende oft höhere Ausgaben. „Sie haben vielleicht schon Familie oder sorgen privat fürs Alter vor“, sagt Bernhard Börsel vom Deutschen Studentenwerk.

Hinzu kommt, dass es Bafög nur in besonderen Fällen gibt. Zum Beispiel, wenn das Studium zwingend für den angestrebten Beruf erforderlich ist – also unter anderem für angehende Kieferchirurgen, weiß Börsel. Alle anderen müssen sich selbst finanzieren. Ein Kredit als alleinige Finanzierungsform – davon rät Börsel ab: „Die Verschuldung wird zu hoch.“ Entscheiden sich Zweitstudierende trotzdem dafür, empfiehlt er, nur eine sehr moderate Höhe über einen begrenzten Zeitraum zu beziehen. Realistische Summen können demnach beispielsweise mit dem Tilgungsrechner vom KfW Studienkredit ausgerechnet werden.

Alternativ bietet sich ein berufsbegleitendes Studium ein. „Da sollte aber die Work-Life-Balance nicht aus dem Blick geraten“, sagt Börsel. Röser zufolge sind die Angebote an berufsbegleitenden Studiengängen an Fachhochschulen größer als an Universitäten. Eine Möglichkeit könne sein, die Arbeitszeit zu reduzieren, und in Teilzeit zu studieren. Das brauche dann aber in der Regel länger als drei Jahre.

Wer sein erstes Studium noch nicht abgeschlossen hat, aber schon weiß, dass er etwas anderes machen will, dem rät Röser, abzuwägen: Es könne sich lohnen, abzubrechen, um weniger Komplikationen beim zweiten Studium zu haben. Klappe es mit dem Zweitstudium nicht über die angebotenen Plätze an staatlichen Universitäten, seien private Hochschulen eine gute Alternative – dort gebe es weniger Zulassungsbegrenzungen.

Gabrielle Säuberlich, Beraterin für Akademiker bei der Bundesagentur für Arbeit, empfiehlt Studenten eine individuelle Beratung, bevor sie ein Zweitstudium angehen.