Zentauren-Statue in der antiken Stadt Pompeji. Im Hintergrund ist der Vesuv zu sehen. Foto: Imago/Christian Offenberg

In der Umgebung des Vulkans Vesuv hat die Erde gebebt. Mit einer Stärke von 3,0 waren die Erdstöße zwar relativ schwach. Doch in der Region um die süditalienische Millionenstadt Neapel geht die Angst um vor einem viel verheerenden Erdbeben.

In der Umgebung des Vulkans Vesuv nahe der süditalienischen Großstadt Neapel ist es am Montagabend (11. März) zu einem Erdbeben gekommen. Das nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie bezifferte die Stärke des Bebens um 19.08 Uhr, das auch in mehreren Stadtteilen Neapels zu spüren war, auf 3,0. Über Verletzte oder größere Schäden wurde zunächst nichts bekannt. In den sozialen Netzwerken berichteten Anwohner von Erschütterungen über mehrere Minuten hinweg.

Neapel mit dem Vesuv.  Foto: dpa/Alexandra Stahl
Die Neapolitaner sitzen auf einem Pulverfass. Foto: Imago/Brigdeman Images

Epizentrum in dicht besiedeltem Gebiet

Nach Angaben des Forschungszentrums mit Sitz in Neapel lag das Epizentrum an den Hängen des Vulkans, in einem dicht besiedelten Gebiet nicht weit von Neapel im Osten. Registriert wurde es demnach in einer Tiefe von 2,9 Kilometern.

Der 1281 Meter hohe Vesuv ist der Hausberg der Stadt mit rund 920.000 Einwohnern. Er dominiert auch den Golf von Neapel. Am Samstagabend war bereits ein kleineres Beben der Stärke 1,4 registriert worden.

Rauchwolke über dem Vesuv im Jahr 1900. Foto: Imago/Bridgeman Images
Ausbruch des Vesuv 1872. Foto: Imago/Bridgeman Images
Ausbruch des Vulkans 1938. Foto: Imago/Bridgeman Images
Ausbruch im Jahr 1906. Foto: Imago/Bridgeman Images

79 n. Chr. löschte eine Eruption des Vesuv Pompeji aus

Der bislang letzte Ausbruch des Vulkans liegt fast auf den Tag genau 80 Jahre zurück: Er begann am 18. März 1944 und dauerte zehn Tage. Trotz der Evakuierung von mehr als 10.000 Menschen gab es damals 26 Tote.

Im Jahr 79 nach Christus hatten nach mehreren Ausbrüchen des Vesuv Asche, Schlamm und Lava die antike Stadt Pompeji unter sich begraben. Die Anlage gehört heute zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Italiens.

Dieser Ausbruch ist das bekannteste Beispiel einer sogenannten Plinianischen Eruption. 79 n. Chr. wurden die römischen Städte Pompeji, Herculaneum, Stabiae und Oplontis unter einer bis zu 25 Meter mächtigen Decke aus Asche und Bimsstein verschüttet, Tausende starben.

Plinianische Eruptionen sind gewaltige explosive Vulkanausbrüche, die mit enormen Aschenfällen verbunden sind. Ihren Namen verdanken sie dem Augenzeugen und Chronisten Plinius dem Jüngeren, der den Ausbruch des Vesuvs und den Untergang Pompejis in zwei Briefen an den römischen Geschichtsschreiber Cornelius Tacitus beschrieb. Sein Onkel, der Naturforscher Plinius der Ältere, fand bei diesem Ausbruch den Tod.

Campi Flegrei – Brennende Felder

Eigentlich gilt in der dicht besiedelten Region ein anderes Erdbebengebiet als weit gefährlicher: Die Campi Flegrei – wörtlich übersetzt: die Brennenden Felder – ein insgesamt 150 Quadratkilometer großes Areal, das sich sowohl an Land als im Meer erstreckt. Dort gab es zuletzt am 3. März 2024 im Meer ein Erdbeben der Stärke 3,4.

Das Vulkanfeld Solfatara in der Kleinstadt Pozzuoli im Westen Neapels. Das Gebiet gehört zum Supervulkan Campi Flegrei, wo Experten nach einer Serie von Erdbeben Schlimmeres befürchten. Foto: dpa/Christoph Sator

Italien ist bekannt für seine Vulkane. Die bekanntesten – der Ätna auf Sizilien und der Vesuv – halten das Mittelmeerland auf Trab. Doch Forscher sorgen sich allem um das Magma in der Tiefe der Phlegräischen Felder. Denn die Erdkruste über dem Vulkanriesen wird immer schwächer.

Spätestens seit einer neuen Studie von Forschern des University College London (UCL) und des italienischen Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) stehen die Campi Flegrei und die möglichen Auswirkungen eines Ausbruchs des Supervulkans im Fokus.

Erdoberfläche zeigt immer mehr Risse

Den Ergebnissen der Vulkanologen zufolge wird die Erdoberfläche der Felder schwächer und anfälliger für Risse. Supervulkane zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer aus. Anders als normale Vulkane, brechen sie nicht nur aus, sondern explodieren regelrecht. Statt eines Vulkankegels, also Berges, hinterlassen sie nach einem Ausbruch einen riesigen Krater. Dieser wird als Caldera bezeichnet.

Die Caldera der Phlegräischen Felder durchläuft den Forschern zufolge zurzeit den Übergang von einer „elastischen“ zu einer „unelastischen“ Phase. Die Fachleute haben in der Tiefe Bewegungen ermittelt, die auf aufsteigendes Gas hindeuten. Dies äußert sich in Hebungen und Senkungen, die zu Brüchen in der Kruste führen können.

Aktives Vulkangebiet mit mehreren vulkanischen Zentren

Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen die in den Jahren der Ruhe gewachsene dicke Kruste zunächst aufbrechen, um Magma ausstoßen zu können. Einem solchen Bruch gehen wiederholtes Heben und Senken sowie vulkanische Beben voraus. Genau das passiert den Forschern zufolge seit einige Jahren unter den Phlegräischen Feldern. Ein Bruch der Erdkruste würde zur Eruption führen.

Die Felder zeichnen sich durch ein seit über 80 000 Jahren aktives Vulkangebiet mit mehreren vulkanischen Zentren aus. Auf den ersten Blick unauffällig sind aus der Luft die zahlreichen Explosionskrater zu sehen. Fumarole - vulkanische Dampfaustrittsstelle - sowie Thermalquellen lassen darauf schließen, dass es unter der Erde heftig rumort.

Wie verheerend wäre ein Ausbruch des Supervulkans?

Die Sorge vor einem Ausbruch ist deshalb so groß, weil die Auswirkungen verheerend sein würden – und das nicht nur für die unmittelbare Umgebung. Bei einem Ausbruch vor rund 40 000 Jahren wurde etwa eine enorme Menge an Asche in die Atmosphäre geschleudert, die das Klima nicht nur regional, sondern auch weltweit massiv beeinflusste. Dann erneut vor 15 000 Jahren. Der letzte Ausbruch ereignete sich 1538.

Seit 70 Jahren rumort es nun wieder unter der Erde. Zehntausende kleine Erdbeben erschütterten in dieser Zeit das Gebiet. Seit fast zwölf Jahren gilt für das Gebiet die vom Zivilschutz ausgerufene Alarmstufe gelb, die zur Vorsicht aufruft (mit dpa-Agenturmaterial).

Info: Messung von Erdbeben

Messung
Bei der Messung von Erdbeben wird die Stärke der Bodenbewegung angegeben (Magnitude). Weltweit treten jährlich etwa 50 000 Beben der Stärke 3 bis 4 auf. Etwa 800 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat den Wert 8.

Stärke
Das heftigste bisher auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile. Erdbeben können je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise in der Region unterschiedliche Auswirkungen haben.

Richterskala
Früher wurde die Erdbebenstärke einheitlich nach der Richterskala bestimmt. Der amerikanische Geophysiker Charles Francis Richter hatte die Skala 1935 speziell für Kalifornien ausgearbeitet. Heute wird sie nur noch eingeschränkt eingesetzt, auch weil das Verfahren nur bei Erschütterungen in der Nähe der Messstationen zuverlässige Werte liefert (Lokalmagnitude).

Mess-Skalen
Mittlerweile werden mehrere Skalen parallel verwendet. Derzeit gilt die sogenannte Momentmagnitude als bestes physikalisches Maß für die Stärke eines Bebens. Sie bestimmt das gesamte Spektrum der seismischen Wellen bei Erdstößen. Die meisten Skalen ergeben zumindest bei schwächeren Beben ähnliche Werte wie die Richterskala, erlauben aber eine genauere Differenzierung bei schweren Beben.