Am Sockel des Eiffelturm erinnert eine Büste an seinen Erbauer Gustave Eiffel. Foto: AFP/Manoocher Deghati

Am 27. Dezember 1923 starb der Ingenieur Gustave Eiffel, der deutsche Vorfahren hatte und das Wahrzeichen von Paris baute. Zu seinen Lebzeiten war der Bau heftig umstritten.

Spektakulär, grandios, himmelstrebend: So sollte der „clou“ der Pariser Weltausstellung von 1889 sein, den die Regierung suchte. Architekten von nah und fern überboten sich mit originellen bis fantastischen Angeboten. Als Favorit galt alsbald ein Projekt des Stararchitekten Jules Bourdais – die sogenannte „colonne soleil“. Diese „Sonnensäule“ hieß so, weil sie nachts von der Spitze aus ganz Paris beleuchten sollte, wie der Bretone hochtrabend versprach.

Schön war die Säule nach heutigen Maßstäben nicht, eher glich sie einer Mischung aus einem Leuchtturm und dem (aufrechten) Turm von Pisa. Aber sie erfüllte die Vorgabe, Tausend Fuß (rund 300 Meter) an Höhe zu erreichen.

Auch Gustave Eiffel, dessen väterliche Vorfahren im 17. Jahrhundert vermutlich aus der Eifel nach Frankreich ausgewandert waren, wollte an der Ausschreibung teilnehmen, doch er hatte vorerst keine zündende Idee. Da unterbreitete ihm sein Mitarbeiter Maurice Koechlin, ein Elsässer Ingenieur mit schweizerischen Wurzeln, eine Zeichnung mit einem auf vier Pylonen stehenden, gegen oben zusammenlaufenden Eisenturm. „Es war die erste zeichnerische Idee des Eiffelturms, seine Geburtsstunde“, sagt Urenkel Jean-David Koechlin heute gegenüber dieser Zeitung.

Die Eisenkonstruktion war gewöhnungsbedürftig

Der Namensgeber Gustave Eiffel war von diesem mit dem 6. Juni 1884 datierten Entwurf allerdings nur halbwegs angetan. „Maurice Koechlin und sein Kollege Emile Nougier rechneten aber unbeirrt vor, dass die transparente Eisenkonstruktion die beiden wichtigsten Kriterien erfülle – sie wiege nicht zu schwer, und sie halte auch dem Wind stand“, erzählt heute der Nachfahre. Um vor Augen zu führen, wie hoch der Turm würde, hatte Maurice Koechlin auf seinem Entwurf neben der Turmskizze und ihrem Grundriss auch eine paar berühmte Pariser Bauten wie den Triumphbogen und die Notre-Dame-Kathedrale im gleichen Maßstab daneben gezeichnet. Diese Monumentalbauten verschwanden fast neben dem elegant geschwungenen Turm.

Eiffel ließ die Skizze überarbeiten und den Turm mit Rundbögen verschönern – dann war er endlich überzeugt. In einem engen Wettbewerbsfinale stach er zuletzt seinen Konkurrenten Bourdais aus, nachdem er die Gewichtstauglichkeit und die Winddurchlässigkeit eines damals so neuartigen Eisengerüstes rechnerisch belegt hatte.

Prominente führten eine Kampagne gegen den Turm

Der Rest ist Geschichte. Eiffel musste sich mit Unterstützung des zuständigen Ministers noch gegen eine Petition von 47 Pariser Prominenten durchsetzen. Bekannte Künstler wie Charles Gounod, Guy de Maupassant und Alexandre Dumas fuhren eine monatelange Kampagne gegen Eiffels „Turmbau von Babel“. Sie verspotteten den Turm als einen „gigantischen schwarzen Kaminschlot“, der die glorreichen Pariser Monumente erniedrige.

Eiffel war vorgewarnt worden und konnte noch am gleichen Tag im Pariser Blatt „Le Temps“ kontern: „Glauben Sie nicht, dass uns die Schönheit eines Bauwerks egal ist, nur weil wir Ingenieure sind?“, fragte er angriffslustig.

Nur die Lifte fehlten bei der Einweihung

Die Baukonzession wurde auf zwanzig Jahre begrenzt; dann sollte der Turm geschleift werden. Zuerst aber schaffte es Eiffel, das höchste je errichtete Bauwerk rechtzeitig auf die Weltausstellung hin fertigzustellen. Ganze zwei Jahre und zwei Monate hatte er dafür gebraucht. Nur die Lifte fehlten bei der Einweihung, so dass die Gäste die Treppe nehmen mussten.

Wie genial die Eisenkonstruktion wirklich war, zeigte sich erst in den Jahren danach, als sich Bauherren in England und den USA daran machten, den Turm in der Höhe zu übertreffen. In London wurde der Bau abgebrochen, als er 58 Meter erreicht hatte, in Chicago scheiterte ein ähnliches Projekt ebenso kläglich.

Als die Konzession 1909 auslief, lancierten Kritiker eine neue Kampagne für den Abriss des 312 Meter hohen Pionierbauwerks. Zu ihnen gehörte auch der anfänglich unterlegene Architekt Bourdais. Eiffel konnte jedoch aufzeigen, dass die Turmspitze als Antenne für die aufkommende Funktechnologie geeignet war. Die entscheidende Kommission stimmte schließlich mit einer Stimme Mehrheit für den Verbleib des Eisenturmes: Die „dame de fer“, die eiserne Dame, die bis heute schon 17 Farbschichten Schminke erhalten hat, war auf dem Weg in die Unsterblichkeit.

Eiffel baute die Schleusen für den Panamakanal

Eiffels Stern war dagegen am Sinken: Er sah sich in den Finanzskandal des Panamakanals – für den er die Schleusen baute – verwickelt und erhielt eine hohe Geldstrafe wegen Täuschung von Kleinaktionären. Am 27. Dezember 1923 segnete er ohne Ruhm und Ehre das Zeitliche.

Den Bau höherer Gebäude in New York, so das Chrysler Building (319 Meter) und das Empire State Building (381 Meter), erlebte er nicht mehr. Heute wird der Eiffelturm von 30 Bauten überragt, darunter der Burj Khalifa in Dubai mit 828 Metern.