Julian Reichelt hat vor Gericht eine Schlappe hinnehmen müssen. (Archivbild) Foto: imago images/Norbert Schmidt/Norbert SCHMIDT via www.imago-images.de

Das Landgericht Frankfurt am Main urteilt, dass ein von Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt verantworteter Blog bewusst verunglimpfend gehandelt hat, indem dort eine Transfrau aus Stuttgart als Mann bezeichnet wurde. Die Einzelheiten.

Ein vom ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt verantworteter Blog darf die Stuttgarter Journalistin und Aktivistin Janka Kluge einer Gerichtsentscheidung zufolge nicht als „biologischen Mann“ oder „Mann“ bezeichnen. Die Bezeichnung sei in ihrem Gesamtkontext bewusst verunglimpfend und persönlichkeitsrechtsverletzend, teilte das Landgericht Frankfurt am Main am Donnerstag mit. Es wies damit Reichelts Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung ab.

In dem Blog war im Februar ein Artikel veröffentlicht worden, in dem Kluge zunächst als „Transfrau“, später aber als „biologischer Mann“ und „über 60-jähriger Mann“ bezeichnet wurde. In dem Text wurde die finanzielle Unterstützung Kluges durch eine gemeinnützige Stiftung in einem Rechtsstreit mit einer Biologin kritisiert. Diese hatte gesagt, dass es biologisch nur zwei Geschlechter gebe. Das Landgericht gab einem Eilantrag Kluges im März statt. Diese Entscheidung bestätigte das Gericht nun.

Eine scharfe und aggressive Sprache sei im Rahmen der freien Rede prinzipiell erlaubt, urteilten die Richter. Im Gesamtkontext des veröffentlichten Texts könne die Äußerung „über 60-jähriger Mann“ jedoch nicht als bloße neutrale Feststellung des biologischen Geschlechts verstanden werden. Die Wortwahl sei ein bewusstes Stilmittel, um einen plakativen Kontrast zur jungen Biologin herzustellen und Kluge als frauenhassenden Mann darzustellen.

Kluges Persönlichkeitsrecht verletzt

Kluge bekam auch in einem weiteren Fall am Donnerstag Recht: Sie ging gerichtlich gegen einen weiteren Blog vor, verzichtete jedoch auf Unterlassungsansprüche. Daraufhin wurde auf dem Blog ein Artikel mit der Überschrift: „Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“ veröffentlicht. Im April war Kluge mit einer Unterlassung erfolgreich. Auch diese Entscheidung wurde nun bestätigt.

Zwar sei die Grenze der Schmähkritik nicht überschritten, Kluges Persönlichkeitsrecht sei aber verletzt worden, urteilten die Richter. Das Wort „Transe“ sei umgangssprachlich abwertend und kein neutrales Kurzwort für einen transsexuellen Menschen. Durch das Attribut „totalitär tickend“ werde die Äußerung noch verstärkt. Die Komponente „zieht den Schwanz ein“ stelle eine Assoziation zum männlichen Geschlechtsteil her und richte den Fokus auf die Frage seines Nichtvorhandenseins bei Kluge.

Weder Schmähkritik noch Beleidigung

In einem dritten Fall scheiterte eine andere Transfrau bei einer Unterlassungsklage. Die Aktivistin für Transrechte hatte auf Twitter zur Unterstützung für das Selbstbestimmungsgesetz aufgerufen, mit dem der Geschlechtseintrag beim Standesamt geändert werden kann. Die Antragsgegnerin veröffentlichte einen Kommentar mit dem Zusatz „#DubistEinMann“.

Die Kammer sah in diesem Kommentar eine Meinungsäußerung, weil der wertende Charakter im Vordergrund stehe. „#DubistEinMann“ beinhalte weder eine Schmähkritik noch eine Beleidigung. Der Kommentar sei im Kontext der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über den Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes veröffentlicht worden. Das Schlagwort „#DubistEinMann“ sei auch zuvor schon auf Twitter benutzt worden. Das Wort „du“ beziehe sich in diesem Fall nicht auf ein bestimmtes Individuum.