Dieter Kleinmann geht als Pfarrer am Flughafen in den Ruhestand. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Nach sechseinhalb Jahren am Flughafen und bei der Landesmesse geht Pfarrer Dieter Kleinmann in den Ruhestand.

Leinfelden-Echterdingen Brücken zur Landesmesse hat der evangelische Pfarrer Dieter Kleinmann geschlagen. Als Seelsorger für den Flughafen war er auch für diesen Bereich zuständig. Das war für den studierten Wirtschaftswissenschaftler und Theologen eine ideale Stelle. „Mir ging es darum, Gemeinsamkeiten zu finden“, sagt der 65-Jährige, der jetzt nach sechseinhalb Jahren in den Ruhestand geht. Die Seelsorge für die großen Infrastruktur-Einrichtungen zu koordinieren und neu aufzustellen, war für ihn eine spannende Herausforderung.

Kleinmanns berufliche Biografie passte gut zu der Stelle am europäischen Tor zur Welt. 1987 wurde er Vikar in Sulz am Neckar. Von 1993 bis 1996 war er Pfarrer in Sigmarswangen und Wittershausen. Dann zog es den vielseitig interessierten Schwaben in die Landespolitik. Von 1996 bis 2011 gehörte er dem Landtag von Baden-Württemberg an. Da machte sich der Theologe für die Themen stark, die ihm am Herzen liegen. Als Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst setzte er bei diesen Themen seine Schwerpunkte.

Mechanismen der Messe verstehen

2011 verpasste Kleinmann die Wiederwahl in seinem Wahlkreis Rottweil. 2012 trat er die Nachfolge des evangelischen Seelsorgers Otto Rapp an. Was reizte den Theologen am Arbeitsplatz Messe und Flughafen? „Seelsorge für die Mitarbeiter ist da ein wichtiger Baustein“, sagt der studierte Wirtschaftswissenschaftler. Um die Mechanismen der Unternehmen Flughafen und Messe zu verstehen, hat er sich intensiv mit deren Strukturen beschäftigt. Die Mitarbeiter zu begleiten und zu beraten, war für ihn eine wichtige Aufgabe. Gerade die Arbeiter, die beim Auf- und Abbau der Messestände tätig sind, hatte Kleinmann im Blick. Er war oft auf dem Messegelände unterwegs, suchte das Gespräch auch mit denen, die nicht den Weg zu Gottesdiensten finden.

Auch um die bis zu 2500 Geflüchteten, die 2015 in den zur Notunterkunft umfunktionierten Messehallen untergebracht waren, kümmerten sich die Seelsorger am Flughafen. Weil sich aus der Sicht des Theologen Kleinmann Religion und Politik kaum getrennt betrachten lassen, hat er immer wieder Neues gewagt – und auf der Messe einen „Kleinen Kirchentag“ organisiert. Da diskutierten Akteure im Rahmen der Messe „Fair handeln“ über globale Zusammenhänge der Ökonomie. Prominente Teilnehmer waren die ehemalige Landesbischöfin Margot Käßmann und der Tübinger OB Boris Palmer. Als ehemaliger Landespolitiker ist Dieter Kleinmann bis heute bestens vernetzt. Ihm war es stets wichtig, Kirche und Politik an einen Tisch zu bringen. Dieses Ziel verfolgte er auf allen Ebenen. „Die Kirche darf nicht in der Nische bleiben.“

Dass die Airport-Seelsorge in Stuttgart ökumenisch angelegt ist, hat dem weltoffenen Pfarrer gut gefallen. Mit seinen katholischen Kolleginnen, der Ordensschwester Agnesita Dobler und später der Sozialpädagogin Marjon Sprengel, hat er nicht nur die Gottesdienste im Terminal 1 abgehalten. „Wir haben uns auf vielen Ebenen ausgetauscht.“

Raum für die Weltreligionen

Offenheit ist für ihn ein wichtiges Prinzip. Daher ist es aus seiner Sicht ein großes Plus, dass der „Raum der Stille“ am Flughafen bewusst auch für jüdische und muslimische Gläubige angelegt ist. Darauf habe der frühere Flughafenchef Georg Fundel immer größten Wert gelegt. An den meisten anderen Flughäfen, so Kleinmann, hätten die drei Weltreligionen getrennte Gebetsräume. „Da haben wir in Stuttgart dazu beigetragen, dass man sich begegnet.“ Der Christ war verblüfft, dass sich eine betende Muslima nicht stören ließ, als er mit einer Gruppe in den Andachtsraum kam und leise sprach. Durch das Miteinander in der kleinen Kapelle im Terminal 3 habe auch er Toleranz gelernt, sagt Kleinmann.

Grenzerfahrungen machte der Pfarrer beim persönlichen Kontakt mit den Menschen, die seinen Rat suchten. „Da erzählt jemand, den man kaum kennt, intimste Geheimnisse.“ Dieses Vertrauen hat der 65-Jährige immer hoch geschätzt. Nur sei es dann wichtig, die Balance zwischen Distanz und Nähe nicht aus den Augen zu verlieren. Er hat versucht, die Probleme nicht nach Hause mitzunehmen. Verständnis für seine Einsätze auch außerhalb der regulären Zeit hatte seine Frau Renate, die Pfarrerin in Rohracker ist.

Für die Zeit im Ruhestand hat der vielseitige Theologe auch schon Pläne. Er möchte in Tübingen seine Promotion nachholen. Sein ausgefülltes Berufsleben ließ dem zweifachen Familienvater keine Zeit, dieses Ziel zu verfolgen. Jetzt möchte er in Tübingen seine Dissertation schreiben, und freut sich schon jetzt auf den Austausch mit dem theologischen Nachwuchs am Evangelischen Stift mit seinem wunderschönen Garten am Neckar. Das Thema ist auch schon gefunden. Der Ökonom wird sich mit der Kirchensteuer beschäftigen.