Der GLC F-Cell ist das erste Brennstoffzellenauto, das Mercedes ab 2018 in Serie produziert. Fotos: oh Quelle: Unbekannt

Von Sabrina Erben

Bei einem Jahresrückblick schaut man auf die großen, wichtigen Ereignisse des Jahres. Und eines fällt auf: Von Hiobsbotschaften ist die Wirtschaft in der Region Stuttgart weit entfernt. Die Arbeitsmarkt ist robust, die Unternehmen investieren, stellen sich zum Großteil auch beim Thema Digitalisierung breit auf und zeigen sich von all den geopolitischen Krisen unbeeindruckt. Vor allem das Engagement beim Thema Flüchtlingsintegration in den Arbeitsmarkt war von vielen Firmen mit großem Engagement verbunden.

Festo trennt sich von Chef:

Die Nachricht war ein Paukenschlag in der Region: Der Esslinger Automatisierungsspezialist Festo gab im September dieses Jahres die Trennung von Vorstandschef Claus Jessen bekannt. Der 53-Jährige war bis dato erst neun Monate im Amt. Für das Familienunternehmen Festo ist das unüblich: Vorgänger Eberhard Veit führte das Unternehmen mehr als zehn Jahre. Als Gründe für die Trennung wurden „unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung“ genannt. Im April dieses Jahres hatte Jessen noch im Interview mit unserer Zeitung gesagt: „Unsere Strategie trägt. Wir müssen daran im Sinne der Digitalisierung weiter arbeiten.“ Nun steht das Familienunternehmen ohne Chef da. Die Frage nach einem Nachfolger ist noch ungeklärt.

„Mini-Trendwende“ bei Trumpf:

Fachkräfte in der Heimat: Der Maschinenbauer Trumpf aus Ditzingen möchte Kreativität und Innovation lieber vor Ort am Stammsitz in Deutschland haben als im Silicon Valley. Für die Ditzinger ist es eine „Mini-Trendwende“. Das Unternehmen beschäftigte dieses Jahr erstmals wieder mehr Mitarbeiter in Deutschland als im Ausland. 5555 Frauen und Männer waren im Ausland beschäftigt, 5626 in der Heimat. Die Entwicklung neuer Technologien wird zu einem Großteil in Deutschland stattfinden. „Wir haben in der Region top ausgebildete Leute“, sagte Nicola Leibinger- Kammüller (Foto), die Vorsitzende der Geschäftsführung, bei der Vorstellung der Bilanzzahlen im Oktober in Ditzingen.

Stellenabbau bei Eberspächer:

Der Esslinger Autozulieferer Eberspächer hat kein einfaches Jahr hinter sich. Das Familienunternehmen mit seinen mittlerweile 10 000 Mitarbeitern setzte seinen strammen Wachstumskurs fort und steigerte den Umsatz vor allem durch gute Geschäfte mit Abgasanlagen. Im Sommer kam dann aber die Hiobsbotschaft: Der Abgas- und Klimaspezialist baut an seinem Stammsitz in Esslingen 150 Arbeitsplätze ab. „Das ist kein einfacher Schritt für uns, jedes Einzelschicksal ist tragisch“, sagte Heinrich Baumann, neben Martin Peters geschäftsführender Gesellschafter der Eberspächer-Gruppe. Zwei Fertigungslinien für Standheizungen werden im Laufe des Jahres 2017 nach Polen verlagert. Insgesamt arbeiten 1300 Frauen und Männer in Esslingen.

Daimler auf der Überholspur:

„Wenn Daimler hustet, dann hat die Region Stuttgart eine Grippe“ heißt es im Volksmund. Immerhin ist der Autohersteller der größte Arbeitgeber in der Region. Doch von Daimler kommt zurzeit nicht einmal ein leises Hüsteln, im Gegenteil: Man erfreut sich bester Gesundheit. Der Autobauer hat im ersten Halbjahr mehr als eine Million Autos der Marken Mercedes- Benz und Smart verkauft. Die Autosparte hatte im ersten Halbjahr dank guter Geschäfte in China und dem Start der neuen E-Klasse Rekorde verbucht und Konkurrent BMW beim Absatz überholt. Auch in den Standort Untertürkheim wird investiert. „Das Werk Untertürkheim wird zum Kompetenzzentrum für hocheffiziente Motoren und Antriebe weiterentwickelt, aber auch zum Hightech-Standort“, sagte Werksleiter Frank Deiss (Foto) bei einem Besuch in unserer Redaktion im Oktober dieses Jahres.

Karstadt wieder erfolgreich:

Die Warenhauskette Karstadt hat einen schweren Weg hinter sich. Die Filiale in Esslingen mit 120 Mitarbeitern ist eine von 79 Filialen, die den Schließungen nach der Insolvenzanmeldung 2009 nicht zum Opfer fiel. Stuttgart hatte weniger Glück. Doch es gibt wieder positive Nachrichten. Der Leiter der Filiale in Esslingen, Patrick Erfurth, sagte im Sommer im Interview mit unserer Zeitung: „Die Filiale steht gut da. Und zwar was Umsatz und Ertrag betrifft.“

Großes Engagement:

Ob Mahle, Bosch, Porsche, Daimler oder kleinere Unternehmen wie Mader: Das Engagement in der Flüchtlingsarbeit war groß. 3231 geflüchtete Menschen wurden im November im Kreis Esslingen von der Agentur für Arbeit und den beiden Jobcentern betreut. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien, Irak, Pakistan, Iran, Eritrea und Somalia. Wilfried Hüntelmann, Leiter der Arbeitsagentur Göppingen, lobt die engagierten Betriebe im Kreis Esslingen. Auch viele kleine Betriebe unterstützen die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt und bieten zahlreiche Praktika an. Aber: „2016 ist das Potenzial ausbildungsreifer Flüchtlinge gering, weil die Sprachkenntnisse für die Berufsschule nicht ausreichen“, sagt Hüntelmann.