Wenn Claudia Elmer die Schlüsselfiedel spielt, dann klingt das wie etwas zwischen Cello und Bratsche, allerdings mit mehr Nachhall. Es ist schwer zu beschreiben für jene, die das noch nicht gehört haben. Die Schlüsselfiedel ist ein Saiteninstrument, das in Europa im Mittelalter verbreitet war und nun langsam wieder auf den Kontinent zurückkehrt. Claudia Elmer ist eine der wenigen im Umkreis, die sie spielen können. Dafür legt die Plochingerin das zwei Kilo schwere Holzinstrument auf ein besonderes Kissen auf ihrem Brustkorb, greift in die Tasten und streicht mit dem Bogen über die Saiten. Die Schlüsselfiedel hat vier Spielsaiten, die angespielt werden, und zwölf Resonanzsaiten, die mitvibrieren. „Das ist ein mittelalterlicher Verstärker sozusagen“, erklärt Claudia Elmer.
Die 48-Jährige macht seit vielen Jahren Musik, beherrscht auch Akkordeon, Gitarre, Flöte, Geige und Drehleier - ebenfalls ein mittelalterliches Streichinstrument. Zur Schlüsselfiedel ist sie vor etwas mehr als einem Jahr durch die Drehleierszene gekommen.
„Der Klang trägt einen weg“
Claudia Elmer hat das Instrument in die Hand genommen und konnte, dank ihrer Erfahrungen als Geigerin, aus dem Stegreif ein erstes Lied spielen. „Der Klang war ansteckend“, erzählt sie. Seither war sie in diversen Kursen, hat viel geübt und ist nun soweit, ein Konzert zu geben: Morgen spielt sie in der Plochinger Kirche St. Konrad mit ihrem Duo-Partner Sebastian Weber barocke Stücke diverser Komponisten und Weihnachtslieder zum Mitsingen. Beide freuen sich auf die Akustik. „In einer Kirche zu spielen, ist noch ein Stück schöner.“ Aber auch die Konzertbesucher können sich auf ein besonderes Erlebnis gefasst machen: „Der Klang trägt einen weg“, verspricht Elmer. Auch wenn die Musiker nur zu zweit sind, verspricht der mittelalterliche Verstärker schließlich das Volumen eines kleinen Kammermusikensembles.
Der gängigere Begriff für das spezielle Instrument ist mittlerweile Nyckelharpa, ein schwedisches Wort. In dem Land im Norden hat die Schlüsselfiedel die Jahrhunderte überdauert. In der Provinz Uppland gehört sie zur Volksmusiktradition. In Deutschland geben mittelalterliche Bilder Zeugnis davon, dass auch hierzulande das Instrument einmal Tradition hatte. Seit den 1970ern und verstärkt in den letzten zehn Jahren kehrt es langsam zurück.
„Man lernt viele nette Leute kennen, wenn man Musik macht“, sagt Claudia Elmer. „Aber mit so einem exotischen Instrument hat man immer weite Wege. Für die Nyckelharpa nimmt sie viel auf sich: Derzeit macht sie die Europäische Nyckelharpa-Fortbildung in der Nähe von Fulda. Die Herkunftsorte der Kursteilnehmer liegen zwischen Kiel und Wien. Auch Duo-Partner Weber hat Claudia Elmer dort kennen gelernt. Er wohnt bei Calw. Den Kurs verfolgen sie auch mit dem Ziel, das Schlüsselfiedel-Angebot auch hier im Kreis weiterzuentwickeln.
Das Nyckelharpa-Duo ist übrigens nicht das einzige Musikprojekt der Plochingerin. Sie spielt auch Geige in einer Folkband und Drehleier in einer anderen Kombo. Die Musik sei ein ernst genommenes Hobby, das viel Zeit in Anspruch nehme, sagt die Finanzbuchhalterin. Fragt man sie nach ihrem Lieblingsinstrument, dann nennt sie aber zumindest aktuell zuerst die Nyckelharpa. „Es fällt mir immer schwer, das Instrument wieder abzulegen“, erzählt Claudia Elmer.
Das Nyckelharpa-Duo „Soebenmal“ konzertiert morgen, 18. Dezember, ab 17 Uhr in der katholischen Kirche St. Konrad, Hindenburgstraße 57, Plochingen. Der Eintritt ist frei. Spenden sind willkommen.