Die Freude bei der Übergabe des Preisgeldschecks ist groß. Foto: Kiehl/oh - Kiehl/oh

Das Hospiz Esslingen will eine Sorgenkultur in der Stadt aufbauen. Dafür ist es nun von der Lechler Stiftung geehrt worden. Warum, lesen Sie hier.

EsslingenDas Hospiz Esslingen der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde ist mit dem Paul Lechler Preis 2018 ausgezeichnet worden. Die Lechler Stiftung würdigt damit das Projekt „Letzte Fragen – Esslingen im Dialog“, das den Aufbau einer Sorgekultur in der Stadt zum Ziel hat.

Die Lechler Stiftung gehört seit Jahren zu den großen Förderern des Hospizes und unterstützt auch das in Baden-Württemberg einmalige Pilotprojekt „Letzte Fragen“ finanziell. Insgesamt 165 000 Euro hat die Stiftung bisher an das Hospiz gegeben. Hinzu kommt nun das Preisgeld von 40 000 Euro. Ins Leben gerufen wurde die Lechler Stiftung 1875 von Paul Lechler, damals 26 Jahre alt. Der Großkaufmann, Fabrikant und Sozialreformer erkannte früh, dass die meisten Fabrikarbeiter in Armut lebten. Lechler wollte bewusst soziale Verantwortung übernehmen. Er legte fest, dass zehn Prozent des „Geschäftsnutzens“ an Arme und Bedürftige gegeben werden sollten und verpflichtete auch seine Nachkommen darauf, diesen „biblischen Zehnten“ aus dem Ertrag der Firmen der Familie dafür einzusetzen. „Damit profitieren wir direkt von der positiven wirtschaftlichen Situation und müssen anders als viele andere Stiftungen nicht von den Kapitalerträgen leben“, erklärt Dieter Hauswirth, Vorsitzender der Lechler Stiftung. Der christliche Hintergrund der Arbeit kommt in dem von Paul Lechler formulierten Motto zum Ausdruck: „Unser Christentum darf nicht nur Weltanschauung sein, sondern muss sich durch die Tat bewähren.“

Hospizarbeit als neues Förderumfeld

Mit etwa zwei Millionen Euro jährlich unterstützt die Stiftung vor allem kirchliche und sozial-karitative, aber auch allgemein gemeinnützige Projekte in Baden-Württemberg, hauptsächlich in den Bereichen Behinderten- und Altenhilfe sowie Jugendbildung und Jugendhilfe. Dabei setze man immer wieder Schwerpunktthemen, erklärt der frühere Metzinger Oberbürgermeister Dieter Hauswirth. War es zwischen 2008 und 2015 die Förderung der Inklusion, wandte man sich danach verstärkt Themen der demografischen Entwicklung wie Palliativmedizin und Demenz zu – und eben auch der Hospizarbeit. Räumliche Förderschwerpunkte sind der Landkreis Reutlingen, wo die Lechler Firmen ihren Sitz haben, und Stuttgart als Sitz der Stiftung.

Neuland betreten

Mit der Förderung des Hospiz Esslingen habe man Neuland betreten, sagt Hauswirth. Besonders in einer solchen Situation komme es darauf an, sich vertrauen zu können. Dass er den Esslinger Dekan Bernd Weißenborn aus dessen Zeit als Pfarrer in Metzingen und die Hospizleiterin Susanne Kränzle von ihrem Engagement für den Hospiz- und Palliativverband kannte, habe eine Vertrauensbasis geschaffen, so Hauswirth.

Der Vorstandsvorsitzende macht keinen Hehl daraus, dass man vor allem durch die Vergabe des Paul Lechler Preises auch politisch Einfluss nehmen und damit gesellschaftliche Veränderungen bewirken will. Der Blick gehe dabei vor allem an die Ränder der Gesellschaft. Die Stiftung sehe es als ihre Aufgabe an, durch die Förderung von Modellprojekten der Politik aufzuzeigen, welche Probleme in unserer Gesellschaft bestehen und wie sie angegangen und gelöst werden könnten. Ausschlaggebend für die Förderung und Auszeichnung des Projektes „Letzte Fragen“ sei gewesen, dass es in die Bevölkerung hineinwirke. „Bewusstseinsbildung ist uns sehr wichtig“, sagt Hauswirth. Die meisten der prämierten Projekte würden wissenschaftlich begleitet. So auch „Letzte Fragen“.