Von Petra Bail

Stuttgart - „Pfeiffer mit drei f. Eins vor dem ei, zwei nach dem ei.“ So stellt sich der neue Oberprimaner am Gymnasium in Babenberg vor. Ein Schülerwitz, den jeder Filmfan kennt. Der „Schüler“ Pfeiffer, längst erwachsen und ein erfolgreicher Schriftsteller, drückt die Schulbank, um den Lehrern ein paar Streiche zu spielen. „Die Feuerzangenbowle“ ist ein angestaubter Kult-Klassiker, ein Hit für Kollektivnostalgiker. 1933 hat Heinrich Spoerl den Roman geschrieben. Richtig berühmt wurde er 1944 durch die Verfilmung mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle. Kurz vor Abiturbeginn setzt die Stuttgarter Komödie im Marquardt jetzt mit dem legendären Schülerklamauk auf seliges Erinnerungsschwelgen - in einer Bühnenversion des Spoerl-Romans von Wilfried Schröder.

Der alte deutsche Film lockt an Unis wie Aachen, Münster oder Göttingen heute noch Massen von Studenten an, die den Pennäler-Streifen, ähnlich wie die „Rocky Horror Picture Show“, rituell feiern. Dabei entstand er in düsteren Zeiten. Draußen tobte der Zweite Weltkrieg; im Filmklassenzimmer probte man die Anarchie. Manchen Nazis war das zu viel der geplanten Ablenkung vom grausigen Kriegsgeschehen. Reichserziehungsminister Bernhard Rust fürchtete um die Autorität der Schule und verhinderte zunächst die Freigabe. Rühmann ließ seine Beziehungen spielen, übergab den Film Hermann Göring und erhielt das Plazet von Adolf Hitler, nachdem Göring versichert hatte, dass der Film zum Lachen sei.

Aus Spoerls Romanvorlage entstanden sentimentale Musicals und Theaterstücke, die die gute alte Zeit, die nicht für alle gut war, mit harmlosen Späßchen unterstreichen. In der Inszenierung von Michael Hiller an der Komödie im Marquardt steht das verklärende Prinzip im Vordergrund. Hiller hält sich eng an die literarische Vorlage und hat die Handlung in der Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert belassen. Dem trägt Barbara Kroll in der zeitgemäßen Ausstattung Rechnung: eher dunkles Interieur mit gemusterten Tapeten, alte Schulbänke. Die Schüler tragen Mützen und Knickerbocker.

Der Held Hans Pfeiffer alias Dr. Johannes Pfeiffer hat in der Herrenrunde mit Feuerzangenbowle festgestellt, dass er bei Schülerstreichen nicht mitreden kann. Er wurde von einem Privatlehrer unterrichtet. So kommt es zu der „Schnapsidee“, Pfeiffer solle sich in einen Pennäler verwandeln.

Tommaso Cacciapuoti hat als verjüngter Hans nicht nur die Lacher des verzückten Publikums, sondern auch der Schulfreunde Rudi Knebel (Korbinian Josef Müller), Luck (Serjoscha Ritz), Husemann (Ole Xylander) und Rosen (Lukas König) auf seiner Seite. Die Lehrerschaft ist weniger begeistert von dem Neuzugang, der nichts als Blödsinn im Kopf hat.

Denkt man an Schülerklamauk-Filme wie „Fuck ju Göhte“, kommen die 80 Jahre alten Streiche müde daher. Dem rheinländisch-fröhlichen Professor „Bömmel“ (Ernst Wilhelm Lenik) wird der Schuh geklaut, während der ungerührt doziert: „Wat is ne Dampfmaschin‘? Der Versuch mit der alkoholischen Gärung von Professor „Schnauz“ Crey hat durchschlagende Wirkung. „Nur ein wönziger Schlock“ vom Heidelbeerwein lässt die „Schöler“ lallen und Pfeiffer sagen: „Alkohol ist keine Lösung.“ Sondern ein Destillat. „Sä send albern“ ist der Running Gag des Mannes mit der markanten Sprecheigentümlichkeit, die Aki Tougiannidis bemerkenswert konsequent durchzieht. Versteht man nur leider schlecht.

Der Vorteil von Direktor Knauer (Peter Kempkes) ist seine Tochter Eva (Deborah Müller). Das Fräulein Dozentin gibt aushilfsweise Musikunterricht. Pfeiffer singt absichtlich unrein, verliebt sich in sie und umgekehrt. „Sodom und Gomorrha“ vermutet Pfeiffers Vermieterin Frau Windscheid, die Norbert Aberle so patent und gleichzeitig überzogen tuntig komisch travestiert, dass er als sie zum Publikumsliebling wird.

Hochaktuell klingt Pfeiffers Erklärung des Sündenbockprinzips als Massenphänomen. Der kleine Luck wird von seinen Mitschülern gepiesackt. Er leidet darunter und Pfeiffer erklärt ihm: „Der Einzelne tut dir ja nichts. Aber immer da, wo sich Massen bilden, wo der Mensch zur Menge wird, regen sich niedere Instinkte.“ Zustimmendes Gemurmel im Theatersaal für einen starken Moment in einem ansonsten betulichen Theaterabend.

Täglich außer montags bis 20. März. Morgen und am 30. Januar finden keine Vorstellungen statt.