Lieder hat Sergio Vesely schon viele komponiert. Nun hat er sein erstes Theaterstück geschrieben. Gewürzt mit viel Musik, will er die Bauern dazu bewegen, ihr Umweltverhalten zu ändern. Foto: Rapp-Hirrlinger Quelle: Unbekannt

Es nicht so einfach, Menschen nahezubringen, dass sie ihr Umweltverhalten ändern müssen, um eine Zukunft zu haben - besonders, wenn sie nicht Lesen und Schreiben können. Der Denkendorfer Künstler Sergio Vesely beschreitet dafür einen speziellen Weg. Er hat im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein musicalähnliches Theaterstück geschrieben, das bei Bauern in Guatemala für eine nachhaltige Landwirtschaft wirbt.

Von Ulrike Rapp-Hirrlinger

Guatemala gehört zu den zehn Ländern, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Gewässer sind häufig stark verschmutzt, Trockenheit führt unter anderem zu Pilzbefall in den Kaffeeplantagen. „Adáptate“, auf Deutsch „pass dich an“ heißt das GIZ-Programm, das die Bauern zum Umdenken bewegen soll. Doch wie dies vermitteln? Schon seit Jahren hat Vesely Kontakt zu Harald Himsel, dem Projektverantwortlichen bei der GIZ. Er war schon mehrmals in Guatemala. Zunächst war an einen Trickfilm gedacht, in einem Skizzenbuch zeigt der Künstler ein ganzes Panorama an Figuren, die er dafür entwickelt hat. Doch daraus wurde bisher nichts. Dafür kam der Auftrag, ein einstündiges Theaterstück - sein erstes - zu schreiben, „um vor allem junge Menschen auf einer nicht-wissenschaftlichen Ebene zu erreichen“, erklärt Vesely.

Dass er als gebürtiger Chilene Spanisch spricht, kam ihm zu Gute. Herausgekommen ist eine Art Musical, in dem die Jugend eines Dorfes die Älteren überzeugen möchte, keine Pestizide mehr anzuwenden und stattdessen ihr Umweltverhalten zu überdenken. Gewürzt hat Vesely das Ganze mit ein wenig Spannung in Gestalt eines korrupten Schwarzhändlers, einer Liebesgeschichte und mitreißenden Liedern. Die Sicht von außen verkörpert der Umweltschützer, der aus Europa Ideen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur in seine Heimat bringt. Die Botschaft: „Die Jugend kann die Gesellschaft verändern. Und wenn man sich einig ist und den Notwendigkeiten anpasst, erreicht man mit kleinen Schritten, dass zum Beispiel das Wasser eines Flusses wieder sauber wird.“

Vor einigen Wochen reiste Vesely nach Guatemala City. Dort musste er erst einmal eine Theatertruppe zusammenstellen. Zehn junge Menschen - Studenten, Lehrer, Künstler zwischen 20 und 32 Jahren - studierten mit ihm und einem anderen Musiker Lieder und Texte ein. „In zwei Wochen musste das Ganze sitzen und nicht jeder der Schauspieler konnte immer proben“, erzählt der Künstler von einer stressigen Entstehungsphase. Mit den jungen Menschen habe er eine tolle Zeit gehabt. „Es war ein erfrischendes Gefühl, mal wieder Spanisch zu sprechen und zu singen, der Rhythmus und die Bewegungen - es war ein ganz anderes Feeling“, schwärmt er. Die Premiere fand vor Projekt-Mitarbeitern und anderen Multiplikatoren statt. Die waren begeistert. Vesely ist sicher, dass die Bevölkerung auf dem Land, vor der das Stück in den nächsten Wochen und Monaten aufgeführt wird, die Botschaft versteht. „Das Stück soll auch eine Art Türöffner für die Projektmitarbeiter sein.“ Er stellt seine Kunst gerne in den Dienst einer guten Sache. „Kunst soll nicht der Innerlichkeit dienen, sondern Verbindung zur Realität haben“, ist er überzeugt. Zugleich weiß er auch, „dass das, was ich in Guatemala gemacht habe, nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.“

Entsetzt über die Verhältnisse

Auch wenn der Trickfilm momentan auf Eis liegt, kann er sich eine andere Art er Umsetzung vorstellen: „Warum nicht ein Hörspiel oder sogar eine ganze Serie daraus machen“, hat er sich gemeinsam mit Himsel überlegt. Das ließe sich dann auch auf andere Länder übertragen. Doch zunächst ist Sergio Vesely froh, wieder in Deutschland zu sein. Er sei immer noch bedrückt und entsetzt über die Verhältnisse in Guatemala, die von Gewalt, Korruption, Drogen, Schutzgeld-Erpressung und großer Umweltverschmutzung gekennzeichnet sei. „Ich bin wirklich glücklich, hier zu leben mit all der Freiheit, Sicherheit, der Kultur und der Art, wie wir mit unserer Umwelt umgehen.“

zur person

Sergio Vesely wurde 1952 in Chile geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften, bevor er als Gegner des Pinochet-Regimes zwei Jahre im Gefängnis saß. 1976 nahm ihn Deutschland als Flüchtling auf. Er wohnte zunächst in Ostfildern, dann in Stuttgart und Esslingen. Seit 1995 lebt er mit seiner zweiten Frau, der Künstlerin Christine Mir-Vesely, in Denkendorf. Seit 1988 hat er die deutsche Staatsbürgerschaft. Er ist Musiker, Autor und bildender Künstler.