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Er zählt zu den Ikonen des Filmgeschäfts und er kann’s auch im hohen Alter nicht lassen. In seinem neuen Film „The Mule“ erzählt Clint Eastwood die Geschichte eines 88-Jährigen, der als Drogenkurier besonderes Geschick beweist.

EsslingenMit „Gran Torino“ lieferte Clint Eastwood vor zehn Jahren das packende Porträt eines verbitterten Kriegsveteranen, der Fremdenhass und Vorurteile überwindet und sich am Ende mit seinen koreanischen Nachbarn anfreundet. Das Drehbuch für die amüsante und berührende Gesellschaftsstudie stammte von Nick Schenk. Mit ihm macht der Hollywood-Star nun auch für sein 37. Regiewerk „The Mule“ gemeinsame Sache. Und die Story, die von der wahren Geschichte des wegen seines hohen Alters berüchtigten Drogenkuriers Leo Sharp inspiriert wurde, hat das Zeug zur fesselnden Unterhaltung: Jahrelang hatte der ergraute Kriegsveteran und Blumenzüchter in seinem Truck für ein mexikanisches Kartell Kokain transportiert, wegen seines arglosen Aussehens schöpften die Fahnder keinen Verdacht. Mit 87 Jahren wurde er 2011 bei einer Verkehrskontrolle gefasst, an seinem 90. Geburtstag brummte ihm ein US-Richter drei Jahre Haft auf.

Dem 88-jährigen Eastwood nimmt man die Rolle des wortkargen, knorrigen, aber mitunter auch charmanten Einzelgängers sofort ab. Fast in jeder Szene zeigt er sein zerfurchtes Gesicht. Oft sagt schon das kleine Zucken seiner buschig-grauen Augenbrauen alles aus. Doch nur die treuesten Eastwood-Fans kommen bei „The Mule“ wirklich auf ihre Kosten. Als Regisseur findet der Oscar-Preisträger diesmal nicht den richtigen Ton. Seine Figur, die er in Earl Stone umbenennt, ist ein bigotter alter Mann, der ein abenteuerliches, aber liebloses Leben führt. Doch Eastwood verklärt ihn fast zum Helden, der sich geschickt dem Zugriff der Fahnder und den Nachstellungen seiner brutalen Auftraggeber entzieht. Geradezu peinlich sind die Szenen, in denen der hochbetagte Drogenkurier mit Prostituierten und Bikini-Schönheiten am Swimming-Pool eines Druglords anbändelt.

Das platte Drehbuch von Nick Schenk lässt kaum Raum für andere Charaktere. Die mexikanischen Dealer entsprechen ganz dem Klischee von bulligen Brutalos. Das Fahnder-Trio (Lawrence Fishburne, Michael Peña und Bradley Cooper) bleibt auf ganzer Strecke ungewöhnlich blass. Noch zäher zieht sich die Randgeschichte von Stones Familie durch den Film. „Ich war ein furchtbarer Vater“, lamentiert der Drogenkurier. „Familie ist das Wichtigste“, schärft er seinen Kartellkumpanen ein. Sie sollten ja nicht seinem Beispiel folgen. Das klingt reumütig, nur nimmt man Stone diese Einsicht partout nicht ab. Dianne Wiest könnte es bereut haben, in „The Mule“ die verbitterte Ex-Frau zu spielen. Ihr kurzer Auftritt endet schnell auf dem Sterbebett.

Eastwood kann sich nicht zwischen Familiendrama, Drogenthriller oder Roadmovie entscheiden. So ist „The Mule“ weder richtig spannend, noch wirklich lustig oder berührend. Nur wenige Szenen bleiben am Ende nett in Erinnerung. Und die sind Eastwood als Schauspieler oder als „Tata“ zu verdanken. Den Großvater-Spitznamen haben die Kartellbosse seiner Filmfigur verpasst. So plätschert „The Mule“ bis zum großen Showdown mit den Drogenfahndern vor sich hin, ohne aber tiefer die Gefühlswelt und die Motive des Kuriers zu ergründen. Allemal spannender als der Film ist da schon seine Vorlage: ein langer, investigativer Artikel in der „New York Times“ aus dem Jahr 2014, der Leo Sharps zahlreiche Facetten vom geschätzten Taglilienzüchter bis zum hoch bezahlten Kokainschmuggler untersucht.

Zuletzt stand Clint Eastwood vor zehn Jahren für „Gran Torino“ gleichzeitig vor und hinter der Kamera. Nun führt der 88-Jährige bei „The Mule“ Regie und spielt die Hauptrolle eines Drogenkuriers.