Der VfB in der Vesperkirche. Auch bei der Essensausgabe sind die Fußballprofis Christian Gentner, Daniel Didavi und Kevin Großkreutz (von rechts) ein eingespieltes Team. Co-Trainer Kai Oswald unterstützt sie dabei. Foto: seb Quelle: Unbekannt

Stuttgart (seb) - Der VfB Stuttgart will sein soziales Engagement in der Landeshauptstadt ausbauen. Gestern besuchte der Bundesligaklub daher zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte die Vesperkirche und übernahm für einen Tag die Verpflegung. 30 Mitarbeiter gaben Essen an die Bedürftigen aus. Zwischen zwei Trainingseinheiten schauten mittags auch der Sportvorstand Robin Dutt, Präsident Bernd Wahler, das Trainerteam und fünf Profis vorbei.

Wie auf dem Fußballfeld waren die Aufgaben auch in der Vesperkirche verteilt: Kevin Großkreutz, Daniel Didavi und Kapitän Christian Gentner bildeten an der Essensausgabe eine Dreierkette. Stadiontypisch wurden Steaks, inklusive „eingebranntem“ VfB-Schriftzug und Kartoffelsalat serviert. Am Kaffeeausschank stürmte Timo Werner ausnahmsweise mit Teamkollege Daniel Schwaab nach vorne. Über allem wachte, wie auch in der Mercedes-Benz-Arena, Cheftrainer Jürgen Kramny, der gestern an der Kasse saß. „Wir lassen uns Woche für Woche extrem von den Ergebnissen leiten. Gerade läuft es bei uns gut, ein anderes Mal weniger“, so der VfB-Coach. „Wenn man jedoch die Probleme der Menschen in der Vesperkirche sieht, wird das alles nebensächlich. Es ist wichtig, dass wir nicht vergessen, dass das Leben es extrem gut mit uns gemeint hat und es Menschen gibt, die nicht so viel haben.“ Großkreutz, der während der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien schon Armutsviertel besuchte, sah das ähnlich: „Es ist eine schöne Aktion. Man kommt runter, lernt durch den Kontakt mit den Menschen, wieder die einfachen Dinge zu schätzen.“

Misstöne, dass die „Millionäre“, nur auf eine Stippvisite vorbeischauen würden, hörte man unter den Gästen der Vesperkirche zwar, aber nur vereinzelt. Ein Schalke-Fan haderte immer noch über das Unentschieden am vergangenen Sonntag und teilte das den VfB-Verantwortlichen natürlich mit. Der Großteil der Besucher war jedoch begeistert, machte Handybilder oder holte sich wie Renate Emert aus Leonberg Autogramme. „Für meinen Sohn.“ Selbstverständlich sei die Rentnerin aber auch ein treuer VfB-Fan. „Es ist toll, dass man hier so einfach mit ihnen ins Gespräch kommen kann und sie Rede und Antwort stehen.“

Mit dem Besuch der Vesperkirche betritt der VfB Stuttgart indes Neuland. Der Fußballklub war bei der 22. Auflage zum ersten Mal vertreten. Doch warum eigentlich? „Wir wollen unser soziales Engagement erweitern“, sagte Peter Reichert, einer der VfB-Fanbeauftragten und zuständig für die Unterstützung solcher Projekte. „Wir wussten nicht, wie die Besucher der Vesperkirche auf uns reagieren, aber das Engagement wird gut aufgenommen.“ Eine Wiederholung sei im kommenden Jahr daher durchaus vorstellbar.

Dass es sich nicht um eine PR-Aktion handelt, zeigt die Herangehensweise. Als der Mannschaftsbus mit Spielern, Trainern und Vereinsverantwortlichen am Mittag an der Vesperkirche vorgefahren kam, waren 16 Mitarbeiter des VfB schon Stunden im Einsatz. Unter anderem Yvonne Scheel aus der Buchhaltung. „Ich habe schon lange darüber nachgedacht, hier ehrenamtlich zu helfen, hatte aber berufsbedingt nicht die Zeit.“ Umso schöner sei es, dass es jetzt mit dem VfB Stuttgart einen Tag geklappt hat.