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Von Karla Schairer

Ostfildern – Spannender hätten die letzten Minuten des Spiels kaum sein können – und Youngster Lena Degenhardt behielt die Nerven. Die von Trainer Pascal Morgant waren nach dem Kellerduell der Bundesliga-Handballerinnen des TV Nellingen gegen die HSG Bensheim-Auerbach, bei dem Degenhardt mit der letzten Chance zum 30:30 (18:18)-Unentschieden traf, arg strapaziert. „Das war anstrengend“, sagte ein erschöpfter, aber „mega stolzer“ Morgant. „Lena ist eine Sensation. Was die heute geleistet hat, war richtig stark. Es war ein unglaublich intensives Spiel, auch mental. Und auch was die jüngsten Spielerinnen geleistet haben, möchte ich hervorheben“, sagte Morgant und meinte neben der 18-jährigen Degenhardt die gleichaltrigen Elisa Stuttfeld und Torfrau Sarah Wachter. „Da geht es um den Abstieg und die wuppen so ein Spiel.“

Denn es war das wichtigste Spiel der Woche für die Nellingerinnen. Bensheim-Auerbach war im Gegensatz zu den beiden vorherigen Gegnern des TVN, Meister SG BBM Bietigheim (22:32) und die TuS Metzingen (31:35), ein Kontrahent, gegen den punkten Pflicht war, wenn die Nellingerinnen in dieser Saison den Klassenverbleib schaffen wollen. Dem Aufsteiger aus Bensheim gelang jedoch am Spieltag zuvor eine Überraschung: Das Team düpierte Meister Bietigheim mit einem 24:24-Unentschieden. „Die hatten ein Riesenselbstbewusstsein“, sagte Morgant. Zudem haben die Gäste viele erfahrene Spielerinnen in ihren Reihen, Morgants Truppe besteht aus vielen Talenten. Und eines dieser Talente ist Jugendnationalspielerin Degenhardt, die nach ihrer Punkterettung und insgesamt acht Toren ganz bescheiden war: „Das Spiel ist ganz gut gelaufen. Im letzten Moment habe ich gar nicht nachgedacht, einfach geworfen. Ich habe noch die Torhüterin gesehen und gehofft, dass der Ball reingeht.“

#Und das ging er. Punkt gerettet. Dabei sah es in der zweiten Hälfte lange danach aus, als ob keiner für die Nellingerinnen rausspringen würde. Die erste Hälfte dagegen war ausgeglichen und zeigte allen Beteiligten, dass es eine enge Kiste werden würde. In dem temporeichen Spiel lag Nellingen zunächst vorne, jedoch nie mehr als zwei Tore. In der 18. Minute – die Nellingerinnen waren wegen einer Zeitstrafe für Louisa Wolf in Unterzahl – gelang der HSG mit dem 9:8 erstmals die Führung. Die HSG zog zwischenzeitlich auf drei Tore davon, doch Nellingen holte nochmal alles raus und glich durch Degenhardt zum 18:18 aus.

Verträge laufen aus

Eng ging es auch in Durchgang zwei weiter. Leidenschaftlich kämpften die Nellingerinnen, doch auch zwei Auszeiten von Morgant brachten die Gastgeberinnen nie so weit, dass sie in Führung gingen. Noch vier Minuten und zwei Tore fehlten zum Ausgleich (27:29). Annika Blanke traf zum 28:29-Anschlusstreffer (59.), die Zuschauer standen, piffen, schrien.

Doch Bensheims Caroline Thomas traf im Gegenzug. Noch einmal verkürzte Wolf für Nellingen auf 29:30. Dann nahm Bensheim 30 Sekunden vor Schluss die Auszeit. Spannender? Geht es kaum. Nach einem verpatzten Angriff der Gäste war Nellingen am Ball. Noch 15 Sekunden. Degenhardt stieg hoch und traf. Bensheim bekam zwar noch einen Freiwurf, doch die Nellinger Mauer hielt. Der Rest war nur noch Jubel und Tanz bei den Nellingerinnen.

Damit stehen die Nellingerinnen nun nach wie vor auf dem zwölften Tabellenplatz (3:15) vor dem Vorletzten aus Hessen (2:16). Da liegt noch viel Arbeit für die Nellingerinnen vor, weiß auch Morgant: „Aufgrund der Drucksituation haben wir nicht alles abgerufen, was wir können. Wir können noch stärker Handball spielen.“

Doch Morgant belastet nicht nur der Tabellenplatz. „Es laufen bald einige Verträge aus, auch meiner. Aber es hat noch keine Gespräche gegeben“, sagt er. „Der Verein muss auf uns zukommen. Aber ich habe Zweifel, inwieweit der Verein für die Zukunft aufgestellt ist. Es wird immer mehr, was zu tun ist.“ Morgant meint damit die erstligataugliche Halle, deren Bau sich immer weiter verzögert, sowie die finanzielle Situation des Vereins. „Da muss ein Plan für die Zukunft her.“

Und sieht Morgant seine Zukunft weiter in Nellingen? „Ich bin zwiegespalten. Ich möchte diese Mannschaft auf keinen Fall im Stich lassen, auch wenn es so anstrengend ist wie heute.“