So soll das Klimawerk von Cellcentric aussehen. Foto: Cellcentric

Gute Aussichten für Daimler Truck und Volvo, die eine der größten Brennstoffzellen-Produktionsstätten in Europa planen: Der Stadt Weilheim ist es kurz vor Ablauf des Ultimatums gelungen, sich alle benötigten Grundstücke zu sichern.

Die Chancen, dass die Firma Cellcentric, das Joint Venture von Daimler Truck und Volvo, in Weilheim im Kreis Esslingen eine der größten Brennstoffzellen-Produktionsstätten in Europa bauen kann, sind erheblich gestiegen. Kurz vor Ablauf eines Ultimatums ist es der Stadt überraschend noch gelungen, die letzten der insgesamt 224 Grundstücksbesitzer davon zu überzeugen, ihre Flächen für das Gewerbegebiet Rosenloh zur Verfügung zu stellen.

Zwar hat Weilheim bisher erst für 94 Prozent der Flächen eine feste Verkaufszusage. Aber, betont der Weilheimer Bürgermeister Johannes Züfle: „Mit zentralen Grundstückseigentümern konnten in den letzten Tagen in teils langwierigen Verhandlungen Einigungen erzielt werden.“ Entsprechende Kaufverträge gelte es nun noch notariell zu beurkunden. Im Hinblick auf die noch offenen Restflächen, die Cellcentric brauche, könne Weilheim nun einen gangbaren Weg aufzeigen, der sich mit den Zeitplänen von Cellcentric vereinbaren lasse. Züfle: „Wir sind sehr erfreut, nun einen nächsten Meilenstein, den Einstieg in die Bauleitplanung, definieren zu können.“

„Signifikante Fortschritte beim Landerwerb“

Cellcentric benötigt die Hälfte des 30 Hektar großen Gewerbegebiets Rosenloh, um sein Klimawerk bauen zu können. Bereits von 2026 an sollen in Weilheim in großen Serienproduktionen Brennstoffzellen vor allem für den Schwerlastverkehr hergestellt werden. Bis Ende Oktober, das hatte Cellcentric zuletzt gefordert, mussten die Gespräche mit den Eigentümern zu einem positiven Abschluss gebracht werden. Das Unternehmen hatte offengelassen, ob es sich andernfalls nach anderen Standorten umschauen werde. Cellcentric reagiert erfreut auf die Entwicklung: „In den letzten Wochen konnte ein signifikanter Fortschritt im Landerwerb erzielt werden, mit dem die Grundvoraussetzung für die Ansiedlung von Cellcentric geschaffen wurde“, heißt es in einem Statement.

Die Stadt zeige nun einen geeigneten Weg auf, der die eigenen Ansiedlungspläne in dem vorgesehenen Projektzeitplan unterstütze. Die Cellcentric-Sprecherin Kim Eisfeld sagte: „Wir sind zuversichtlich, dass Herr Züfle und das Team der Stadt Weilheim die Umsetzung des aufgezeigten Weges gewährleistet“. Allerdings lässt sich das Unternehmen weiterhin eine kleine Hintertür offen. Cellcentric müsse sich angesichts des „ambitionierten Zeitplans für den Hochlauf der Serienproduktion unserer Brennstoffzellensysteme gegen alle Restrisiken absichern“. Daher werde man parallel alternative Standorte und Szenarien für das Klimawerk prüfen. „Wir hoffen, dass diese Rückfallposition nicht erforderlich wird“, sagt Kim Eisfeld, „zumal die Mehrheit der Weilheimer Bürgerinnen und Bürger sich in der Bürgerbeteiligung für die Umsetzung des Projekts Rosenloh ausgesprochen hat. Wir wollen das Klimawerk gerne hier in unserer Heimat verwirklichen und so die Stadt Weilheim und die Region für die Zukunft stärken.“

Die Entscheidung wird im Land und in der Region Stuttgart positiv aufgenommen: Andreas Schwarz, der Fraktionschef der Grünen, hat sich in den vergangenen Wochen immer wieder in die Gespräche mit Grundstücksbesitzern und Unternehmern in Weilheim eingeschaltet. Schwarz: „Die Ansiedlung einer Fabrik für Brennstoffzellentechnik verschafft der Region viele neue Jobs – und macht den Standort Weilheim zu einer beachtenswerten Adresse für eine umweltfreundliche Mobilität. Ich freue mich, dass es nun gelungen ist, die Grundstücke zusammenzubekommen. Auch Walter Rogg, der Chef der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, ist über die Entwicklung erleichtert: „Jetzt spricht alles dafür, dass die Fabrik für Brennstoffzellen kommt. Das ist ein großer Schritt zur Mobilität ohne Abgase und für unsere ganze Wirtschaftsregion, vor allem für moderne Arbeitsplätze in Weilheim.“

Cellcentric hält sich eine Hintertür offen

Bebauungsplan soll im Herbst 2023 erstellt sein

Bis April 2023 sollen nun in Weilheim die weiteren Unterlagen für die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans aufbereitet werden. Dann findet die öffentliche Auslegung und die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange werden beteililgt. Der Bebauungsplan soll im Herbst 2023 als Satzung verabschiedet werden. Baubeginn könnte dann noch 2023 sein. Parallel zu den Bauleitplanverfahren wird die Erschließungsplanung erstellt, sodass mit der Erschließung begonnen werden kann, sobald der Bebauungsplan rechtskräftig ist.

Im Herbst 2021 war bekannt geworden, dass Cellcentric, das bisher seine Brennstoffzellen-Forschungen im Stammwerk im Kirchheimer Stadtteil Nabern vorangetrieben hatte, auf der Suche nach einem neuen Standort in Weilheim fündig geworden war. Geplant ist, in dem zwischen Autobahn 8 und Weilheim gelegenen Gewerbegebiet Rosenloh die Produktion, Forschung und Verwaltung zu konzentrieren. Mittelfristig sollen zusätzlich zu den bereits bestehenden 300 Arbeitsplätzen rund 500 neue geschaffen werden.

Auch Kretschmann hatte sich engagiert

Zur Geschichte der Cellcentric-Pläne

Bürgerentscheid
Wegen der Größe des Projekts und dessen immensen Auswirkungen auf die 10 000-Einwohner-Stadt am Albrand hatten Bürgermeister Johannes Züfle und der Gemeinderat mit Hilfe eines Ratsentschlusses einen Bürgerentscheid organisiert. Im April stimmten 70 Prozent der Weilheimer für das neue Industriegebiet Rosenloh und damit für die Ansiedlung von Cellcentric.

Grundstücksprobleme
Allerdings war schon im April klar, dass damit noch längst nicht alle Hürden auf dem Weg zum Baustart genommen waren. Neben den notwendigen Bebauungsplänen rückte schnell die Frage der Grundstückskäufe in den Mittelpunkt. Denn bis April hatte sich Weilheim erst rund 75 Prozent der Flächen gesichert, die für das Gewerbegebiet benötigt werden.

Entwicklung
 Konkrete Zahlen zu den Verkaufserfolgen hatte Weilheim zwar seit April zunächst nicht mehr genannt. Bürgermeister Johannes Züfle hatte aber eingeräumt, dass der Kauf etlicher Flächen sich noch schwieriger gestaltete, als er das ursprünglich vermutet hatte. Bereits im Juni hatte er erklärt, es sei „eigentlich schon 5 nach 12“. Jetzt scheint der Durchbruch geschafft.