Britta Schmidt und Achim Weiß, die Chefin und der Chef von Ionos Foto: imago/Hannelore Förster

Angesichts geopolitischer Risiken und eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds blieben Börsengänge 2023 rar. Im neuen Jahr könnte der Markt endlich wieder etwas in Schwung kommen.

Am Markt für Börsengänge war im vergangenen Jahr nicht viel los – Konflikte, Krisen und hohe Zinsen hielten viele Unternehmen vom Sprung aufs Parkett ab. Zwar gab es einige Highlights wie die Premiere des Sandalenherstellers Birkenstock an der New York Stock Exchange. Doch insgesamt enttäuschte 2023. Im neuen Jahr rechnen Marktbeobachter allerdings mit Belebung. Wirklich rosig sieht der Ausblick aber nicht aus.

„Viele Unternehmen warten auf den richtigen Zeitpunkt, um mit guter Vorbereitung den Börsengang zu meistern“, erklärt Experte Martin Steinbach vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY. „Die aktuelle Jahresendrallye in vielen Märkten und die derzeit geringe Volatilität stimmen positiv für 2024.“ Steinbach sieht im kommenden Jahr ein Potenzial für zehn bis zwölf Börsengänge in Deutschland. Dies gelte jedoch nur, wenn neue Schocks ausblieben – etwa eine erneute Eskalation im Nahen Osten.

Deutscher Markt zu schwach für große Börsengänge

2023 zog es laut Statistik von EY nur acht deutsche Unternehmen an den öffentlichen Kapitalmarkt – vier davon zählten jedoch zu den zehn größten Börsengängen Europas. Mit Birkenstock sowie dem Arzneimittelverpackungshersteller Schott Pharma, der Thyssen-Krupp-Wasserstofftochter Nucera, dem IT-Unternehmen Ionos und dem Finanzdienstleister Neon Equity habe es fünf richtige Börsendebüts gegeben. Zudem seien mit dem Kochboxen-Anbieter Marley Spoon und dem Elektroauto-Start-up Next e.GO zwei Firmen über bereits gelistete Zweckgesellschaften an die Börse gekommen.

„Wie bereits im Vorjahr entwickelte sich der deutsche Markt für Börsengänge 2023 sehr schwach“, resümiert Analyst Jens Hecht vom Beratungshaus Kirchhoff Consult.

Die Gründe dafür hätten weniger in der Entwicklung des Aktienmarkts gelegen, der sich vor allem in der ersten Jahreshälfte und ab November stark präsentiert habe. Wichtiger seien die hohen politischen Unsicherheiten, steigende Zinsen und die schwächelnde Gesamtwirtschaft gewesen. „Investoren agierten daher sehr zurückhaltend.“ Als Börsenstandort schwächelt Deutschland – die einzige international spektakuläre Premiere eines hiesigen Unternehmens war die von Birkenstock, und sie ereignete sich nicht in Frankfurt, sondern in New York. Dem Kultsandalenhersteller, der – auch dank einer prominenten Produktplatzierung im Hollywood-Blockbuster „Barbie“ – einen großen Hype erlebte, gelang EY zufolge der bislang größte Börsengang einer deutschen Firma im Ausland. Vom hiesigen Kapitalmarkt halten sich indes die meisten Firmen fern.

Der zweitschwächste Wert der letzten zehn Jahre

Laut Zahlen von Kirchhoff Consult wurden 2023 lediglich 1,9 Milliarden Euro bei Debüts im sogenannten Prime Standard der Deutschen Börse erlöst, der für größere Firmen vorgesehen ist, die um internationale Investoren buhlen. Das ist den Daten zufolge der zweitschwächste Wert der letzten zehn Jahre. Selbst im Börsenhorrorjahr 2022 seien es immerhin noch 9,1 Milliarden Euro gewesen. Das lag aber vor allem an der Porsche AG, die damals die zweitgrößte jemals in Deutschland durchgeführte Premiere stemmte.

Weltweit nahm die Zahl der Börsengänge im vergangenen Jahr laut der Studie IPO-Barometer von EY um acht Prozent auf 1298 ab, das Emissionsvolumen sank um 33 Prozent auf rund 123 Milliarden US-Dollar (rund 112 Milliarden Euro). Während sich der US-Markt der Analyse nach von 90 auf 132 Premieren mit einem Gesamtvolumen von mehr als 22 Milliarden US-Dollar verbessern konnte, gingen Börsengänge in Europa und China deutlich zurück.

Der weltweit größte Börsengang des Jahres war der von ARM Holdings, der britische Chipentwickler erlöste im September rund 5,2 Milliarden US-Dollar.