OB Ran Kunik (links) und Landrat Eininger haben das gleiche Ziel: die Partnerschaft ausbauen. Die Band der Yellin-Highschool wartet auf ihren Auftritt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Seit 35 Jahren pflegen der Kreis Esslingen und die isrelische Stadt Givatayim eine Partnerschaft; der Staat Israel ist 70 geworden. Beides wurde bei einem Festakt im Landratsamt gewürdigt.

Kreis Esslingen Siebzig Jahre Staat Israel, 35 Jahre Partnerschaft zwischen dem Landkreis Esslingen und der Stadt Givatayim, das waren die Hauptgründe für den Festakt im Esslinger Landratsamt am Samstagabend. Aber das war nicht alles. Der Austausch, besonders von der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule Nürtingen und dem Ort-Technikum getragen, ist vor 15 Jahren um den Trialog mit der Agricultural Technical High School im arabischen Rama erweitert worden; jüdische, muslimische und christliche Schüler sprühten letzte Woche ein Graffiti-Werk an der Zufahrt zur Tiefgarage des Landratsamts. Und die erstklassige Jazzmusik am Festabend steuerten zehn Schüler der Thelma Yellin High School aus Givatayim bei, die seit zehn Jahren den Austausch mit der kaufmännischen Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule Kirchheim pflegt – eine Partnerschaft, bei der Entertainment und Management zusammenfanden. Die Yellin-Schule gilt als Kaderschmiede für den künstlerischen Nachwuchs Israels.

„Die Dynamik der Partnerschaft ist ungebrochen“, sagte Landrat Eininger und zählte auf, welche neuen Projekte er in den vergangenen Tagen mit Oberbürgermeister Ran Kunik besprochen hatte. Bei einem Seniorenprojekt soll sich die Aufbaugeneration beider Länder kennenlernen. Beim „Diplomatentreff“ werden in Berlin schon diesen Herbst Jugendgemeinderäte aus dem Landkreis und Auszubildende des Landratsamtes auf ihre Kollegen aus Israel treffen. Esslinger Wirtschaftsjunioren planen eine Reise nach Israel, um die hyperaktive Start-up-Szene von Tel Aviv und Givatayim kennenzulernen. Auch der vor einem Jahr von Kunik angestoßene Austausch junger Tischtennisspieler soll ausgebaut werden; der OB war früher TT-Nationalspieler. Aus dem Esslinger Jugendhaus Komma tourten kürzlich Musiker, Blogger und Skater durch die Kulturszene der Partnerstadt. Und nicht zuletzt stehen seit einem Jahr die Medius-Kliniken des Landkreises mit einer Klinik in der Nähe Givatayims im Erfahrungsaustausch.

Die „Einzigartigkeit dieser Partnerschaft“ hat am Festakt nicht nur Elisabeth Moser, Direktorin der Lehrerakademie des Landes in Esslingen-Zell, hervorgehoben. Maren Steege, Vertreterin des Generalkonsulats des Staates Israel, benutzt das Beispiel Esslingen-Givatayim bei anderen Grußworten gerne als leuchtendes Vorbild. Landrat Eininger und seinen Amtsleiter Peter Keck nannte sie gar „Helden der deutsch-israelischen Partnerschaft“. Sie würden die Vision umsetzen, die David Ben-Gurion und Konrad Adenauer vor Jahrzehnten entwickelt hätten.

Landrat Eininger berief sich auf Kanzlerin Angela Merkel. Bei ihrer Rede in der Knesset habe sie von „Deutschlands immerwährenden Verantwortung für Israel“ gesprochen. Was sie auf Staatsebene formuliert habe, setzten der Kreis und Givatayim seit 35 Jahren auf ihrer Ebene um. Der nun seit 15 Jahren bestehende Trialog sei nicht immer ganz einfach, sagte Eininger, dabei begegneten sich unterschiedliche Nationen, Religionen und Ethnien. Schülerin Anika Vogel, die am aktuellen Austausch teilnimmt, schilderte in ihrer kurzen Rede, wie Freundschaften entstehen, dass sie neue Kulturen kennenlerne und dass man zusammen „viel Spaß und Zusammenhalt“ erlebe. Die Lehrer bestätigten, dass diese Dreier-Beziehung, die zwischendurch mal wackelte, einfacher und selbstverständlicher geworden sei.

OB Ran Kunik betonte die Bedeutung der Staatsgründung vor 70 Jahren, Juden aus aller Welt hätten nun ein Zuhause. Deutschland und Israel seien durch die Erinnerung an den Holocaust für immer verbunden. Heute gebe es in Deutschland auch Platz für andere Kulturen, aber man höre auch „Stimmen von extremem Hass und antisemitische Äußerungen“. Dagegen müsse man einen unaufhörlichen Kampf führen und die junge Generation zur Akzeptanz des Anderen erziehen. Dass sich ein Teil der israelischen Gesellschaft selbst damit schwer tut, war an diesem Abend kein Thema. Kunik hatte aber im EZ-Interview deutlich Stellung genommen. Das neue Nationalstaatsgesetz, das den arabischen Teil der Bevölkerung deklassiert, nannte er rassistisch.

Einen besonderen Akzent setzte schließlich eine Gruppe von Zimmermännern. Sie hatten einen Dachstuhl ins Foyer gesetzt und erinnerten mit Liedern und Zimmermannsklatsch an ihre Arbeit in Rama. Dort stellten sie vor elf Jahren einen Pavillon für die Schulmensa auf, ein zweiter Pavillon steht an der Ort-Schule, beide als Zeichen für die Stabilität der Partnerschaft.