Am Wochenende geht die Hochgeschwindigkeitsstrecke der Deutschen Bahn zwischen Wendlingen und Ulm in Betrieb. Fahrgäste sind dann schneller in Ulm, ebenso in München. Wir fassen Fakten rund um das Milliardenvorhaben zusammen.
Wenn am 11. Dezember die Neubaustrecke der Bahn zwischen Wendlingen und Ulm in Betrieb geht, ändern sich viele Dinge im Bahnverkehr im Südwesten. Wir geben einen Überblick: Zehn Dinge, die Sie über die neue Schienenstrecke im Land wissen müssen
Was ist entstanden?
Knapp 60 Kilometer neue Bahnstrecke sind seit dem Baubeginn im Mai 2012 zwischen Wendlingen und Ulm entstanden. Die Trasse verläuft dabei in enger Bündelung mit der Autobahn 8. Auf Wunsch des Landes und der Anliegergemeinden wurde zudem in Merklingen ein Bahnhof an der Strecke errichtet, der im ursprünglichen Projektumfang nicht enthalten war. Gebaut wurden neben zwölf Tunneln auch 37 Brücken. Züge erreichen auf der Strecke eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Kilometern in der Stunde.
Wie hoch sind die Kosten?
Im Zuge der langen Planungs- und Realisierungszeit sind die Kosten für die neue In-frastruktur immer weiter gestiegen. im Jahr 2009 wurden in der Finanzierungsvereinbarung Kosten in Höhe von rund 2,05 Milliarden Euro genannt. Das Land steuert mit 950 Millionen Euro knapp die Hälfte bei. Diese Mitfinanzierung war auf Kritik gestoßen. Aktuell kalkuliert die Bahn mit Kosten von knapp unter vier Milliarden Euro. Die Strecke ist ein Vorhaben des Bundes, weswegen er, neben der Europäischen Union, für den Löwenanteil der Kosten gerade steht.
Welchen Nutzen haben die Fahrgäste?
Von 11. Dezember an verkürzen sich die Fahrzeiten zwischen Stuttgart und Ulm. Fernverkehrszüge benötigen dann von der Landeshauptstadt in die Donau-Stadt 42 Minuten statt 57 Minuten via Filstal. Die Anzahl der Fahrten zwischen Stuttgart und München wird um ein knappes Viertel erhöht auf dann rund 90 Verbindungen zwischen den Landeshauptstädten Baden-Württembergs und Bayerns. Zudem pendelt stündlich ein schneller Regionalzug zwischen Wendlingen und Ulm, der am neuen Bahnhof in Merklingen hält und damit die mittlere Alb ans Schienennetz anschließt.
Welche Linien fahren über die Strecke?
Drei ICE-Linien, die im Zwei-Stunden-Takt verkehren, nutzen die neue Strecke, der übrige Fernverkehr rollt zunächst weiter durch das Filstal und über die Geislinger Steige. Profitieren werden die ICE der Linie 11 von Berlin, via Leipzig, Frankfurt und Stuttgart nach München, ebenso wie die Züge aus Dortmund und Köln. Zudem fahren ICEs der Linie von Karlsruhe nach München über die Strecke, genauso wie einzelne Züge aus Saarbrücken in Richtung München.
Wann kann ich selbst einmal fahren?
Die feierliche Inbetriebnahme mit geladenen Gästen aus der Politik findet an diesem Freitag, 9. Dezember statt. Der Regelbetrieb beginnt mit dem Fahrplanwechsel in der Nacht auf Sonntag, 11. Dezember. Der erste ICE ab Stuttgart ist die Verbindung um 7.15 Uhr in Richtung München. Nachteulen können auch die erste Regionalzugverbindung ab Wendlingen nutzen, die Sonntagnacht um 0.24 Uhr startet.
Welche Besonderheiten gibt es?
Auffälligstes Bauwerk entlang der Strecke ist die Brücke über das Filstal bei Mühlhausen im Täle. Dort wurden zwei Brückenbauwerke in bis zu 85 Meter Höhe über das Tal gespannt. Es sind die dritthöchsten Brückenbauwerke im Netz der Deutschen Bahn. An die Brücken schließen beidseits Tunnel an. Wer die Aussicht als Fahrgast genießen möchte, muss sich beeilen. Bei einer Geschwindigkeit von 250 Kilometern in der Stunde passieren die Züge das 485 Meter lange Bauwerk in nur sieben Sekunden.
Hätte es Alternativen gegeben?
Um die konkrete Streckenführung wurde lange gerungen. Untersucht wurde unter anderem auch ein Ausbau der bestehenden Strecke durch das Neckar- und Filstal. Der Stuttgarter Verkehrswissenschaftler Gerhard Heimerl veröffentlichte bereits 1988 eine Denkschrift, in der er diese Überlegungen kritisierte. Der Ausbau werde der Bedeutung der Strecke nicht gerecht. Er favorisierte hingegen einen kompletten Neubau. Sein Vorschlag wurde nach ihm benannt – die Heimerl-Trasse.
Gibt es Vorbehalte gegen die Strecke?
Kritiker monieren vor allem die starken Höhenunterschiede, die die Strecke bewältigt. Zwischen dem niedrigsten Punkt der Strecke bei Wendlingen und dem Scheitelpunkt bei Hohenstadt beträgt die Höhendifferenz 470 Meter. Die starken Anstiege und Gefälle würden die Strecke für den Güterverkehr unbrauchbar machen, der Scheitelpunkt liege noch über jenem der ursprünglichen Strecke durch das Filstal und der Geislinger Steige. In den langen Tunnels der Strecke sehen sie Gefahrenpotenzial. Die Bahn verweist auf die vielen übrigen Tunnel, die sie in ihrem Netz betreibt. Deren Länge summiert sich auf rund 600 Kilometer.
Wie ist der Zusammenhang zu Stuttgart 21?
Die neue Strecke ist zunächst nur eingeschränkt in den Betrieb der Deutschen Bahn eingebunden. Das liegt daran, dass Züge aus Stuttgart bis Wendlingen die bestehenden und heute schon stark ausgelasteten Gleise nutzen. Zudem ist die Verbindung zwischen dem Bestand und dem Neubau in Wendlingen nur eingleisig. Die volle Kapazität kann die Strecke erst erbringen, wenn westlich von Wendlingen die neue Infrastruktur von Stuttgart 21 in Betrieb geht. Die Bahn hält nach wie vor an ihrer Prognose fest, dass erste Züge durch diesen neuen Stuttgarter Bahnknoten im Dezember in drei Jahren rollen werden.
Wie geht es weiter?
Eine weitere Verkürzung der Fahrzeit nach München soll es geben, wenn eine Neubaustrecke zwischen Ulm und Augsburg in Betrieb geht. Für dieses Vorhaben sind die Planungen angelaufen. Es werden verschiedene Trassenvarianten untersucht. Ein Fertigstellungstermin ist nicht absehbar.