Harald Dreßler ist stolz auf seine Fasnetsküchle Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Fasnetsküchle oder Berliner? Ist das mehr als eine Glaubens- und Geschmacksfrage? Der Stuttgarter Bäckermeister Harald Dreßler hat seine eigene Sicht.

Rund, hoch und mit Marmelade? Oder ein wenig kantig als Rechteck und purer gebackener Hefeteig? Berliner also oder Fasnetsküchle? „Das ist im Grunde eine reine Geschmacksfrage“, sagt Harald Dreßler, „mit oder ohne Marmelade“. In der vierten Generation führt er gemeinsam mit seiner Frau Cornelia die Bäckerei Café Dreßler im Stuttgarter Westen. Seit 1901 ist die Ludwigstraße 44 feste Adresse.

Fasnetsküchle werden geschnitten

Noch einmal aber: Berliner oder Fasnetsküchle? Das Gesicht des Bäckermeisters verrät Ratlosigkeit, was er empfehlen soll. Gibt es keinen Unterschied in der Herstellung? „Da wird es jetzt aber speziell“, sagt Harald Dreßler und lacht. „Also für die Fasnetsküchle wird der Hefeteig geschnitten, für die Berliner wird der Teig geklievt.“ Bitte? Dreßler holt ein „Kliev“, ein Kunststoffrund aus der Backstube. Auf der einen Seite sind Vertiefungen zu erkennen. Dort hinein kommt die Teigmasse für die Berliner.

Während der Teig für die Fasnetsküchle gezogen und geschnitten wird, kommen die kleinen Teigbällchen für die Berliner auf ein Kliev mit Vertiefungen. Foto: red

Noch ein Versuch: Sind die Fasnetsküchle nicht deutlich leichter, luftiger – und irgendwie auch eine Spur rauer im Geschmack? Das Gesicht des Bäckermeisters verrät: Geschmacksfragen haben auch bei Backwaren viel mit Annahmen und Überzeugungen zu tun. Aber wer will schon Kundinnen und Kunden der Geschmacksfantasie überführen? Besser vielleicht, mit der Wahrheit herauszurücken. „Berliner kommen sechs Minuten ins heiße Fett“, sagt Harald Dreßler, „drei Minuten für jede Seite“. Und Fasnetsküchle? „Drei Minuten“. Na bitte – da muss es doch anders schmecken. Ehrlicher.

Das Ei entscheidet

Harald Dreßler lacht. „Entscheidend ist für Berliner wie für Fasnetsküchle das Ei“, sagt er. Und anders, als beiden unterstellt, werden sie aus leichtem, fettarmen Hefeteig gemacht – mit hohem Eianteil. Der Trick: Eigelb enthält Lezithin als Emulgator – und den braucht man, um Wasser und Fett zu verbinden. Mit entscheidender Wirkung: Das Siedefett, in dem schwimmend gebacken wird, kann nicht in die Teiglinge eindringen. In Wahrheit ist das also eine leichte Sache, so ein Berliner, nein, so ein Fasnetsküchle. Letztere hat Harald Dressler früher in der Zeit zwischen Cannstatter Wasen und Frühlingsfest gebacken – „jetzt“, sagt er, „fragen die Kundinnen und Kunden eher gezielt danach – „Ende Januar“, sagt Harald Dreßler, „beginnt das“. Meist 14 Tage nach Fasching ebbt das Interesse wieder ab. Der Berliner dagegen hat sich als Angebot über einen längeren Zeitraum etabliert.

Und was kommt jetzt in die Dreßler-Tüte? „Was soll ich raten“, sagt Harald Dreßler. „Das ist“ – na klar – „eine Geschmacksfrage“.