Der Frankfurter Fanblock blieb zu Beginn des Spiels gegen den VfB aus Protest leer. Foto: Baumann

Nach den Auseinandersetzungen am Rande des VfB-Spiels in Frankfurt haben sich Polizeigewerkschaft und Fanhilfen zu Wort gemeldet – mit sehr unterschiedlichen Sichtweisen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen hat nach dem heftigen Schlagabtausch zwischen Beamten und Fans beim Spiel von Eintracht Frankfurt am Samstag gegen den VfB Stuttgart den Staat zum Handeln aufgefordert. Die Innenminister der Länder und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) seien aufgerufen, schnell über diese zunehmende Gewalt intensiv zu beraten, hieß es in der Mitteilung der GdP. „Wer die Verletzung von Rechtsgütern wie körperlicher Unversehrtheit, Leib, Leben und Gesundheit anderer durch Ausübung von brutaler Gewalt in Fußballstadien in Kauf nimmt, muss konsequent und dauerhaft aus unseren Arenen ausgeschlossen werden“, sagte GdP-Chef Jens Mohrherr.

Auch der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller verurteilte die Ausschreitungen. „Die Bilder haben mich sehr erschüttert. Ein solcher Gewaltexzess ist nicht hinnehmbar“, sagte Müller am Montag in Frankfurt bei einer extra einberufenen Pressekonferenz, bei der auch die Staatsanwaltschaft vertreten war. „Die Gewalt steht in einem krassen Missverhältnis zu dem Anlass. Hier fand offenbar eine Entladung statt, die sich möglicherweise über mehrere Monate angestaut hat“, so Müller.

Nach Polizeiangaben wurden bei dem Einsatz über 100 Menschen aufseiten von Polizei und Ordnungsdienst verletzt. Auch aufseiten der Fans gab es laut einer Stellungnahme der Frankfurter Fanhilfe mehr als 100 Verletzte. Die Darstellungen der Polizei und aus Fankreisen über den Anlass der Krawalle weichen teilweise deutlich voneinander ab.

Nach Polizeiangaben soll der Auslöser ein Angriff von Eintracht-Fans auf einen zivil gekleideten Mitarbeiter des Veranstalters gewesen sein. Dieser soll eine Person festgehalten haben, die sich laut Polizei ohne Ticket Zugang zum Block verschafft hatte. Nach Polizeiangaben wurden die vom Ordnungsdienst zu Hilfe gerufenen Beamten mit Würfen von Flaschen, Pyrotechnik und schweren Eisengittern attackiert. Noch während der Angriffe nahm die Polizei, die unter anderem Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzte, mehrere Tatverdächtige fest. Eine Sonderkommission (Soko 2511) mit 50 Personen hat die Ermittlungen aufgenommen.

Fanhilfen kritisieren den Polizeieinsatz

Die Frankfurter Fanhilfe „Der 13. Mann“ kritisiert den in ihren Augen überzogenen Polizeieinsatz scharf. „Ich habe noch nie etwas Derartiges erlebt, und ich gehe schon sehr lange zum Fußball“, sagte Sprecherin Ina Kobuschinki. „Ich war live dabei und habe es erlebt. Ich war geschockt. Es waren sehr viele Leute geschockt. So viel Blut und so viele Problemfälle hatten wir noch nie.“

Der Dachverband der Fanhilfen beklagt zunehmende Übergriffe der Polizei gegen Fußballfans. Zudem fordert er ein Verbot von Pfeffersprays in deutschen Stadien. „Statt in Vorbereitung der EM 2024 im eigenen Land die vermeintlich harte Kante zu zeigen, sollte die Polizei auf Kommunikation und Deeskalation mit den Fans setzen“, heißt es in einer Pressemitteilung des bundesweiten Vereins Fanhilfen vom Montag. „Die erneute Gewalteskalation der Polizei gegenüber Fußballfans, diesmal in Frankfurt, ist der nächste Höhepunkt in einer verheerenden Entwicklung, die sich seit Monaten abzeichnet.“

Die Fachorganisation fördert nach eigenen Angaben die Interessen von Fußballfans und unterstützt sie bei der Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer bürgerlichen Rechte. „Dieser Mix aus Gewalt und Eskalation ist brandgefährlich und passt überhaupt nicht zu den seit Jahren bundesweit zurückgehenden Zahlen an Straftaten und Verletzten in den Stadien“, schreibt der Dachverband zur aktuellen Lage und nennt eine unvollständige Liste von aus seiner Sicht überzogenen Polizeieinsätzen in dieser Saison mit 16 Spielen im Profifußball.