Eva Christina Zeller (li.) und Andrea Schmidt vom Archiv für Familienforschung der Zeller-Stiftung studieren ein Buch aus dem Bestand. Foto: /Simon Granville

Ein überraschender „Fund“: Das etwas versteckt liegende Archiv für Familienforschung in der Leonberger Seedammstraße.

Zahlreiche Schriftstücke – alle in Sütterlin verfasst –, Fotos, Kalenderberechnungen, Hefte, in die Einnahmen und Ausgaben eines Haushalts genaustens notiert sind, und kleine Stickereien liegen auf einem Tisch. Zum Tag der Archive hat das Archiv für Familienforschung in Leonberg Besuchern eine Reihe von Dokumenten zum Anschauen bereitgelegt. Sie gaben einen Einblick in das Leben in vergangenen Zeiten.

Das Archiv der Werner-Zeller-Stiftung befindet sich in der Seedammstraße, nachdem die Dokumente zunächst im Privathaus des Stiftungsgründers in der Oberen Burghalde in Leonberg untergebracht waren. Im ersten Raum trifft der Besucher auf einen großen Stammbaum und viele alte Gemälde, auf denen Ahnen der weitverzweigten Zeller-Familie zu sehen sind – durch entsprechende Farben sind die Bilder dem Stammbaum zugeordnet. „Die Vorfahren der Familie waren entweder Pfarrer, in der Mission tätig oder aus der württembergischen Ehrbarkeit“, weiß Eva Christina Zeller, Vorsitzende des Vorstands der Zeller-Stiftung. „Alle haben Genealogie betrieben. Wir haben seit Luther etwa 100 000 Einträge.“

Ein Brief von Eduard Mörike

Zeller holt einige Mappen unter dem Stammbaum hervor und sagt: „Hier sieht man, wie wir miteinander verwandt sind.“ Da zeigt sich auch, welcher Nachfahre der Zeller-Familie beispielsweise mit Mörike, Uhland, Hölderlin oder Kepler verwandt ist. Die Darstellungen der Verbindungen sind durch die Digitalisierung möglich geworden. In einer Vitrine im Eingang entdeckt der Besucher einen Brief von Eduard Mörike und ein Quittenrezept der Schriftstellerin Ottilie Wildermuth. „Das sind die Berühmtheiten hier,“ sagt Eva Christina Zeller. Bei den Nachlässen handelt es sich jedoch nicht um solche prominenter historischer Persönlichkeiten, sondern um Schriftstücke, Bilder und Bücher, die Zeugnis vom Alltagsleben in vergangenen Zeiten geben.

Den Grundstock der Archivalien bildete ursprünglich das Archiv des Martinszeller Verbands. Er ergab sich durch die Aufbewahrung von Schriftstücken, die der Neckarweihinger Pfarrer Hermann Zeller gesammelt hatte. Er war Vorsitzender einer seit 1838 bestehenden Zellerschen Familienstiftung. Danach sind Materialien aus weiteren Nachlässen von verschiedenen württembergischen Familien hinzugekommen, sodass im Jahr 1991 statt des Zellerarchivs ein allgemeines Familienarchiv eröffnet werden konnte.

Nachlässe von verschiedenen württembergischen Familien kamen hinzu

„Sie kommen hier unsortiert an“, sagt Eva Christina Zeller über die Nachlässe, die sie erhalten. Die Archivarin Andrea Schmidt kümmert sich bereits seit 20 Jahren darum, dass die Erinnerungsstücke, Korrespondenzen und privaten Schriften, Fotos und Karten geordnet und systematisiert werden sowie für eine digitale Datenbank aufbereitet werden. So ist es für Wissenschaftler ebenso wie für Privatleute möglich, mit Hilfe des Archivs zu forschen.

Schmidts Arbeit ist alles andere als einfach. Das wird beispielsweise deutlich, als sie einer Besucherin erklärt, dass es kein Problem sei, Texte zu entziffern, „wenn’s schön geschrieben ist“. „Aber um Papier zu sparen, ist auch über Kreuz geschrieben worden,“ nennt Andrea Schmidt eine der Schwierigkeiten ihrer Archivarbeit.

Manchmal wurde über Kreuz geschrieben

„Wir haben mehr Dokumente von Frauen hier,“ sagt Eva Christina Zeller begeistert. Und sie betont, dass die Kochbücher ja eigentlich vegetarische Kochbücher seien. Denn da gehe es oft um Armenspeisen, beispielsweise mit Graupen und Kartoffeln, nahrhaft durch die vielen Kohlehydrate. Beeindruckend im Archiv ist ein Stammbaum der etwas anderen Art: Es handelt sich um ein großes Ahnenrad. Da steht man zunächst rätselnd davor und versucht herauszubekommen, ob die Einträge von innen nach außen oder umgekehrt zu lesen sind.

Die seit 1989 bestehende Werner-Zeller-Stiftung fördert die wissenschaftliche Forschung zum Thema Beziehung von Familie und Gesellschaft, auch durch finanzielle Zuschüsse. Die Stiftung gibt Druckkostenzuschüsse für Veröffentlichungen zum Thema Familie und unterstützt Auslandsaufenthalte.