Vor 80 Jahren wurde das Rathaus zwischen den Dörfern gebaut. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Vor 50 Jahren erhielt Wernau die Stadtrechte verliehen. Am 9. und 10. Juni wird groß gefeiert.

WernauDer 1. April ist für Wernau ein prägendes Datum: Zum 80. Mal jährt sich nun der Tag, an dem die beiden Gemeinden Steinbach und Pfauhausen zur Gemeinde Wernau zusammengeschlossen wurden. Und am 1. April 1968 überreichte Ministerpräsident Hans Filbinger die Urkunde, mit der Wernau das Stadtrecht erhielt. Ferner wurde am 1. April 2004 das Tagungs- und Verwaltungszentrum Quadrium mit Wellness-Landschaft eröffnet.

Der Ort Pfauhausen wurde im Jahr 1274 als „Pawenhusen“ schriftlich erwähnt, 1276 ist erstmals in Urkunden die Rede von „Steinbach“. Vor der „Zwangsheirat“ anno 1938 waren die beiden Dörfer bereits zweimal beieinander: Erstmals 1384 für einige Jahrzehnte. 1681 waren es die Pfauhauser Ortsherren, die Herren von Wernau, die Steinbach aufkauften und dem Flecken sechs Jahre gemeinsame Geschichte bescherten.

1924 versuchte das Oberamt Esslingen, die Dörfer zusammenzulegen. Dieses Unterfangen scheiterte am Widerstand beider Gemeinden. 1936 wurde das Thema wieder aktuell. Der Reichsstatthalter in Württemberg ließ den Zusammenschluss vorbereiten. Denn die Orte hätten als Arbeiterwohngemeinden und einer Bürgerschaft mit überwiegend römisch-katholischer Konfession gleiche soziologische Strukturen. Von der Verschmelzung versprachen sich die Befürworter Kostenersparnisse. Am 23. Juni 1936 wurde laut Protokoll in einer gemeinsamen Sitzung der beiden Gemeinderäte einstimmig dem Zusammenschluss zugestimmt. Diese Einmütigkeit schien jedoch nur auf dem Papier zu existieren, denn die Gemeinde Pfauhausen schrieb am 29. Juni an den Kreisleiter: „Von einer einstimmigen Zustimmung . . . kann von Seiten Pfauhausen nie die Rede sein“. Deutschland war zu dieser Zeit Nazi-Diktatur. Im Dezember 1936 wurde Anton Bader zum Bürgermeister von Steinbach ernannt und zugleich zum kommissarischen Bürgermeister von Pfauhausen berufen. Im Februar 1937 kamen die Bürger beider Ortschaften zu Wort. Noch am gleichen Tag stellten die beiden Gemeinden gemeinsam beim „Herrn Reichsstatthalter in Württemberg“ den Antrag auf Zusammenschluss.

Zuvor waren allerdings noch drei Fragen zu klären: Der Gemeindename, eine eventuelle Vermögensauseinandersetzung und der Sitz der neuen Verwaltung. „Neckareck“, „Bodenbach“, „Werdnau“ und der Doppelname „Steinbach-Pfauhausen“ waren als Namen im Gespräch. Keine der Gemeinden wollte in der anderen aufgehen. Durch die Namenswahl „Wernau (Neckar)“, nach dem alten Adelsgeschlecht der „Herren von Wernau“, wollten die Verantwortlichen Streitigkeiten vermeiden. Das wirtschaftlich stärkere Pfauhausen verzichtete dann auch auf Vermögensauseinandersetzung, nachdem zugesichert wurde, dass in der Mitte beider Orte ein Rathaus gebaut werden solle und die Verwaltung nicht nach Steinbach komme. Das Rathaus wurde mit dem Erlös aus dem Verkauf des alten Steinbacher Rathauses finanziert. Das frühere Pfauhauser Rathaus, das im Alten Schloss untergebracht war, dient bis heute als Schule. Im Alten Rathaus Wernau haben aktuell sieben Vereine ihr Domizil. Zu einer großen Feier kam es am 1. April 1938 nicht. Man besichtigte das neu gebaute Rathauses und berief eine Festsitzung mit den Gemeinderäten ein. In den Unterlagen ist nachzulesen: „Weil heute am 1. April unser Führer Adolf Hitler auf einer Großkundgebung anlässlich der am 10. April stattfindenden Volksabstimmung und Wahl zum großdeutschen Reichstag in der Landeshauptstadt Stuttgart spricht und in letzter Zeit viele Veranstaltungen zur Durchführung des Wahlkampfes waren und bis 10. April noch verschiedene durchgeführt werden, ist die ganze Bevölkerung außerordentlich in Anspruch genommen. Auch muss diese rein örtliche Angelegenheit im Blick auf das große Geschehen zurücktreten.“ Die öffentliche Gemeindefeier wurde vom 21. bis 23. Mai 1938 als „Tauf- und Hochzeitsfest“ durchgeführt. Es hieß, „es hätte ein Fest gegeben, wie weit und breit keines gefeiert wurde, wenn nicht die ganzen drei Tage starker Regen niedergegangen wäre“. Beim Kinderfest am 21. Mai 1938 mussten die Kinder vor dem Regen das schützende Festzelt aufsuchen. Das am 11. Juni nachgeholte Kinderfest fiel ins Wasser: Hochwasser hatte den Festplatz überflutet.

Pfauhausen hatte 1933 bei der Volkszählung 1072 Einwohner. In Steinbach lebten 1240 Menschen. 1939 hatte Wernau bereits 2814 Einwohner. Die Markung Steinbachs war deutlich größer, aber auch die Schulden: 95 898 Reichsmark. Pfauhausen hatte nur 5008 Reichsmark Schulden. Dafür hatte Steinbach ein 1930 neu erbautes Schulhaus, gut ausgebaute Straßen und Wege sowie eine gut ausgerüstete Feuerwehr. Auf jedem der Rathäuser amtierte ein Bürgermeister, und es waren jeweils ein Gemeindepfleger, ein Schutzmann und Amtsbote, ein Feldschütz sowie ein Verwaltungslehrling angestellt.

Das erste große Bauvorhaben in Wernau war der Bau des neuen Rathauses. Das dreistöckige Gebäude mit Turmaufsatz und fünfteiligem Arkadengang stand damals noch recht einsam auf der Gemarkung. Glanzstück war der Saal im ersten Stock, der vollständig mit Holz ausgekleidet war. 1958 wurde es umgebaut. Die Bürgermeisterwohnung im zweiten Obergeschoss wurde aufgehoben. Die Entwicklung Wernaus nahm nach Ende des Krieges Fahrt auf: Die Einwohnerzahl wuchs bis ins Jahr 1965 sprunghaft auf 12 000 Einwohner an.

Öffentliche Einrichtungen galt es, neu zu schaffen oder zu erweitern. Aber auch die Eingliederung der Heimatvertriebenen und anderen Zugezogenen aus vielen Gegenden Europas waren große Herausforderungen. Die Wohngebiete „Katzenstein“ und „Braige“ wurden erschlossen. 1953 siedelte sich die Firma Junkers mitten in Wernau an. In den nachfolgenden Jahren wurden die Stadthalle, das Hallenbad, die Hochbrücke und die Ortsdurchfahrt gebaut. Schulen, Kindergärten, das Jugendhaus, die Bauernschule und Sportstätten kamen hinzu.

1967 beschrieb der damalige Bürgermeister Hans Wagner auf 32 Seiten ausführlich die Vorzüge der Gemeinde Wernau. Die Bewerbung hatte Erfolg. Am 1. April 1968 überreichte Ministerpräsident Hans Filbinger bei Sonnenschein die Urkunde und verlieh Wernau die Stadtrechte. Die Esslinger Zeitung berichtete am 2. April: „Fahnenschmuck und blitzeblanke Straßen kündeten von dem großen Ereignis“. Bürgermeister Wagner bezeichnete die Vereinigung der Gemeinden Pfauhausen und Steinbach beim Festakt „als richtig“; er wisse sehr wohl, dass die Ehe keine Liebesehe war. Dafür habe sie einen recht ansehnlichen Sprössling hervorgebracht.

Weil der 1. April auf einen Montag fiel wurde die Stadterhebung vom 20. Juli bis 22. Juli 1968 ausgiebig gefeiert. Bundesjugendspiele, Rettungswettkämpfe, ein großer bunter Abend, Preisfischen, Stadtlauf, Sportveranstaltungen und ein Festzug wurden ins Programm aufgenommen. Mit einem Kinderfest und einem Feuerwerk wurde das große Festwochenende beendet.

Festprogramm

Samstag, 9. Juni: 17 Uhr: Festakt in der Stadthalle. 20 Uhr: Eröffnung der Jubiläumsfeier auf dem Festgelände im Brühl. Party mit Live- Band.

Sonntag, 10. Juni: Um 9.30 Uhr ökumenischer Festgottesdienst in St. Magnus. Um 12 Uhr Festumzug mit dem Motto: „Flower Power – Wernaus Spirit der 60er Jahre“ .

Ab 14 Uhr Programm der Vereine vor dem Feuerwehrmagazin. Antik-, Floh- und Trödelmarkt, alte Landmaschinen und Oldtimer. Jugend-Talent-Bühne des Jugendhauses Kiwi.