Allerheiligen: Menschen gedenken auf Friedhöfen ihrer Angehörigen und Freunde. Foto: IMAGO/Panthermedia/Spitzi-Foto via imago-images.de

Nach lauten Halloween-Partys kehrt Stille ein. Am 1. November feiern Katholiken weltweit Allerheiligen, indem sie die Gräber von Familienangehörigen besuchen und schmücken. Wir stellen einige geheimnisvolle und ungewöhnliche Friedhöfe vor.

Einen Tag nach Halloween verstummen laute Partys und vielerorts kehrt bedächtige Stille ein. Am 1. November ist Allerheiligen, der Tag, an dem Katholiken weltweit der Verstorbenen gedenken, indem sie die Gräber von Familienangehörigen und Freunden besuchen, sie mit Blumen, dem Symbol der Vergänglichkeit, schmücken und Kerzen, das Licht des Lebens, anzünden. Allerheiligen gehört zu den wichtigsten Festen der Katholischen Kirche und fällt in die Zeit im Jahr, wenn die Tage kürzer werden und die kalte Jahreszeit beginnt. Blätter verfärben sich, fallen von den Bäumen und bedecken die Erde mit einem bunten Teppich. Der Jahreskreis schließt sich.

Ein Besuch auf dem Friedhof im November, ruft uns oftmals in Erinnerung, wie schön die letzten Ruhestätten gerade in dieser Jahreszeit sind. Friedlich, manchmal melancholisch oder wie im Fall der Wiener Friedhöfe morbid-gespenstisch. Aber auch farbenfroh, wie ein Friedhof in Rumänien beweist. Wir stellen einige der schönsten Friedhöfe vor, die uns in ihren geheimnisvollen Bann ziehen.

Der Fröhliche Friedhof in Săpânta, Rumänien

Foto: www.imago-images.de/IMAGO/xcge2010x

Einer der sicherlich ungewöhnlichsten Friedhöfe Europas liegt weit im Norden Rumäniens, in der Maramures, einer Gegend in den Karpaten, im kleinen Dorf Săpânta. In dem Dreitausendseelendorf befindet sich der Cimitirul Vesel, der fröhliche Friedhof, auf den die Bewohner besonders stolz sind. Denn dieser Friedhof ist einzigartig.

Hölzerne Grabkreuze mit Spitzdach leuchten strahlendblau, bunte, geometrische Muster schmücken sie. Auf jedem Kreuz ist eine kleine, geschnitzte und bunt bemalte Szene aus dem Leben des Verstorbenen angebracht sowie ein Gedicht oder eine kleine Geschichte mit einer Besonderheit aus dessen Leben. In Săpânta sind das 800 Schicksale. Dieser kleine Einblick in das Leben der Menschen gibt ihnen noch weit über den Tod hinaus ein Gesicht. Dabei werden auch unbequeme Wahrheiten erwähnt, wie im Fall eines Mannes, der dem Schnaps zugetan war.

Von den bunten Grabkreuzen geht eine hoffnungsvolle Stimmung aus. Es ist nicht alles vorbei, scheinen sie zu rufen. Die Heiterkeit geht zurück auf das Volk der Daker, die bereits vor tausend Jahren in dieser Gegend ansässig waren und den Tod als einen Schritt in ein besseres Leben sahen. Sterben war nichts, wovor man sich fürchten oder weswegen man traurig sein musste. Dieser Glaube war eine Quelle der Inspiration für den Bildhauer Stan Ioan Patas, der 1935 damit begonnen hatte die bunten Kreuze anzufertigen. Später führte Dumitru Pop jahrzehntelang diese Kunst fort.

Wien Zentralfriedhof, Österreich

Zentral Foto: www.imago-images.de/Wolfgang Simlinger

Der Zentralfriedhof in Wien ist der wohl berühmteste Friedhof Wiens. Weit draußen im 11. Bezirk und doch noch innerhalb der Stadt Wien ruhen dort mehr als 300.000 Menschen. Auf einem Spaziergang über die Anlage – der „Zentral“ ist auch ein wunderschöner Park – kann man hier so manchen berühmten Namen finden. In seinem rund 145- jährigen Bestehen hat sich der Friedhof zu einer Art Celebrity-Ruhestätte gemausert. Falco, Beethoven, Udo Jürgens.

Wen man hier vergebens sucht, ist Mozart. Der exzentrische Komponist starb 1791 an einer immer noch ungeklärten Krankheit und wurde in einem Sammelgrab auf dem St. Marxer Friedhof begraben. Aber wo genau, das hatte nicht mal seine Frau Constanze herausfinden können.

Heute ist der St. Marxer Friedhof nur noch ein Denkmal. Im 3. Wiener Bezirk, also fast innerstädtisch gelegen, ist dem Verwildern überlassen und kommt der wienerischen Schwermut und Melancholie wohl am allernächsten. Moos, Efeu und Gras breiten sich über die alten Grabsteine aus, Tiere huschen dazwischen, sie haben auf dem St. Marxer ihren eigenen Lebensraum gefunden. Leben und Vergänglichkeit liegen hier ganz nahe beieinander.

Tipp: Für alle, die mehr zur Geschichte der Wiener Bestattungskultur erfahren wollen: Am „Tor 2“ befindet sich das Wiener Bestattungsmuseum. www.bestattungsmuseum.at

Père Lachaise in Paris, Frankreich

Père Lachaise Foto: http://www.imago-images.de//Marco Cristofori

Père Lachaise hat etwas von einer kleinen Stadt. Geschwungene Wege mit Kopfsteinpflaster ausgelegt führen durch die Anlage. Für die Hauptstadt typische Straßenschilder informieren zum Glück, wo man sich gerade befindet. Sich hier zu verlaufen, ist bei der Größe nämlich nicht schwer.

An vielen Stellen hat sich die Natur über die bröckelnden Grabmale ausgebreitet, und sie scheinen mehr und mehr zwischen den Bäumen und Büschen zu verschwinden. Eine tiefe Melancholie hängt über dem Père Lachaise. Passender könnte die letzte Ruhestätte für den Meister der Schwermut, Frederic Chopin, kaum sein. Doch er ist nicht der einzige Prominente hier. Honoré de Balsac, Edith Piaf, Maria Callas und natürlich Jim Morrison, dem Fans gerne eine Schallplatte hinlegen, sowie Oscar Wilde leisten ihm Gesellschaft.

Letzterer sorgt bis heute nicht nur mit seiner Literatur für Aufsehen. Sein Grab war von aberhunderten Lippenstift-Küssen übersäht, die Anhänger des Autors traditionsgemäß auf dem Grabstein hinterließen. Der geflügelten Sphinx, die Wildes Grabmal ziert, hatte das Lippenstiftfett stark zugesetzt. Vor zwölf Jahren wurde der Stein gereinigt und zur Sicherheit mit einer Glasplatte versehen.

San Michele in Venedig, Italien

Anfahrt auf die Friedhofsinsel Sam Michele. Foto: picture alliance/Uwe Gerig

Platz war in Venedig schon immer Mangelware. Folglich musste ein Friedhof außerhalb der Stadt entstehen, was zur Gründung der Friedhofsinsel San Michele führte. Dabei sieht die kleine Insel, östlich von Venedig, aus der Luft gar nicht so verlockend aus. Von oben betrachtet, hat sie den Charme eines Floßes. Vom Wasser aus sieht das Bild anders aus. Majestätisch und erhaben ruht sie auf dem Meer.

Die Friedhofsinsel ist genauso ungewöhnlich und spektakulär wie die Lagunenstadt selbst. Wie auf eine geschlossene Stadt bewegt man sich auf San Michele zu. Mauern um die Insel versperren den Blick auf den Friedhof, über die Mauern ragen Zypressenspitzen. Die Friedhofsanlage gilt als eine der schönsten in Europa.

Wienerische Schwermut kommt im leuchtenden Sonnenlicht nicht auf. Doch das Filigrane und Zerbrechliche, was Venedig ausmacht, hat hier doppelte Bedeutung, im Mauerwerk und in den Gräbern, die uns die Vergänglichkeit vor Augen halten. Wer in San Michele einen Grabplatz bekommt, darf zehn Jahre lang in der Erde ruhen. Danach werden die sterblichen Überreste umgebettet, an einen neuen Platz auf der Insel, in eines der Kolumbarien. Dies geschieht in der Regel im Morgengrauen, bevor Besucher und Touristen kommen. Und irgendwie hinterlässt diese Vorstellung einen leichten Schauer.

Cimetière du Château in Nizza, Frankreich

Blick auf die Altstadt Nizzas. Foto: http://www.imago-images.de//Christian Goupi

Der Cimetière du Château ist nicht nur einen Besuch wert, um einen Blumenstrauß am Grab von Emil Jellinek, dem Erfinder des Mercedes niederzulegen. Der Friedhof liegt inmitten der typischen südfranzösischen Landschaft. Seine Lage hoch oben auf einem Felsen bietet einen sagenhaften Blick hinunter auf das Mittelmeer und die Altstadt Nizzas. Die wunderschönen verwitterten Grabsteine, dramatische Gruften und ausdrucksstarke Steinskulpturen sind von Bäumen umschlossen. Das milde Klima in Nizza und die Sonne lassen den Friedhof nahezu absurd pittoresk erscheinen.

Bukit Brown Cemetery in Singapur

Die alten Grabmale Foto: Dominika Bulwicka-Walz

Vom Dschungel umrankt, liegt der alte Bukit Brown Cemetery in Singapur, Palmen und Sträucher umgeben die Grabmale und dicke Baumwurzeln fressen sich zwischen ihnen hindurch.

1922 gegründet, bot die Friedhofsanlage Platz für 100.000 Gräber der chinesischen Gemeinschaft. Der Friedhof ist auf einem Hügel angelegt. Ganz bewusst. In den Tropen, bedeutet Regen Wassermassen von biblischem Ausmaß. Daher waren auch die Grabplätze am Fuß des Hügels billiger, als die höher gelegenen, von denen das Wasser leichter abfließen konnte. Steinerne bunt bemalte Pförtner bewachen einzelne Gräber. Einige der Grabstellen sind aus Ziegelsteinen, einige mit kunstvollen Reliefs geschmückt, einige mit bunten Kacheln verziert.

Obwohl der Friedhofsbetrieb 1973 eingestellt wurde, stellen Menschen immer noch Orangen und Räucherstäbchen als Opfergaben hin und hinterlassen bunte Papierschnipsel, die besagen, dass man sich an die Verstorbenen immer noch erinnert. Auf dem Bukit Brown ruhen einige der berühmtesten Persönlichkeiten des Landes, wie beispielsweise die allererste weibliche Gynäkologin Singapurs: Dr. Lee Choo Neo (†1947). Auch ihr Vater liegt auf dem Bukit Brown Friedhof, er starb 1942 während der japanischen Okkupation. Daher lautet sein Todesjahr auf dem Grabstein: 2602, was auf die Benutzung des Japanischen Koki Kalenders zurückgeht, der 660 v.Christus beginnt.

Hoppenlaufriedhof in Stuttgart, Deutschland

Der 300 Jahre alte Hoppenlaufriedhof in Stuttgart. Foto: Dominika Bulwicka-Walz

Es ist der älteste, erhaltene Friedhof im Westen der Stadt. Der Hoppenlaufriedhof wurde 1626 gegründet. Mehr als 300 Jahre später wurde auf dem „Hoppenlau“ zum allerletzten Mal ein Mensch zu Grabe getragen. 1951, eine Urnenbeisetzung. Danach wurde der Friedhofsbetrieb endgültig eingestellt und seitdem veränderte sich das Bild des Friedhofs mehrfach. Leider zum Nachteil. So hatten Teile des Friedhofs aufgrund diverser Baumaßnahmen in der umliegenden Umgebung erheblich gelitten.

Doch allen Veränderungen zum Trotz entwickelt der Ort, gerade an Allerheiligen, der dunkleren Jahreszeit einen fast schon wienerisch-morbiden Charme. Zwischen den verwitterten Grabmalen stehen alte, knorrige Bäume, deren bunte Blätter zu Boden fallen. Manche der 1.600 Grabinschriften sind schwer zu entziffern. Regen, Wind und Schnee haben ihnen stark zugesetzt. Doch bei genauerem Hinsehen und mit etwas Mühe, kann man viele doch noch entziffern und sieht, wer mal in Stuttgart ansässig war.