Vor 50 Jahren: aufständischer Soldat mit Nelke im Gewehrlauf. Foto: imago/ZUMA/Keystone

Rote Nelken gaben der Revolution in Portugal ihren Namen. Auch in Stuttgart wird an den 50. Jahrestag des Putsches gedacht, der in dem südeuropäischen Land die Wende zur Demokratie brachte.

In Stuttgart wird an die Nelkenrevolution in Portugal vor 50 Jahren erinnert. Am Mittwoch, 8. Mai, einen Tag nach der Eröffnung der neuen Freitreppe, die das Stadtpalais, das Hauptstaatsarchiv und die Landesbibliothek miteinander verbindet, ist Generalkonsul Hernán Leandro Amado zu Gast im Hauptstaatsarchiv, um den 50. Jahrestag der Revolução dos Cravos zu feiern und eine Ausstellung eröffnen, die an die bewegten Tage im April 1974 erinnert. Die kleine Schau ist bis zum 16. Mai zu sehen.

Der Übergang zur dritten Republik

Am 25. April 1974 hatten linksgerichtete Militärs erfolgreich gegen die Diktatur des seit 1933 herrschenden Salazar-Regimes geputscht. Ausgangspunkt war der anhaltende Krieg den Portugal in seinen afrikanischen Kolonien Angola, Mosambik und Guinea-Bissau gegen die dortigen Unabhängigkeitsbewegungen führte und in der portugiesischen Bevölkerung wachsenden Widerstand hervorrief. Die weitgehend unblutig verlaufene Revolution wurde von der großen Mehrheit der Portugiesen unterstützt. Die Gewehrläufe der Aufständischen waren teils mit Nelken geschmückt, dem Symbol der sozialistischen Arbeiterbewegung . Daraus leitete sich der Name Nelkenrevolution ab.

Nach einer zweijährigen unruhigen Übergangsphase fanden 1976 auf der Basis einer neuen Verfassung freie und demokratische Wahlen statt. Sie markierten den Beginn der dritten Republik in Portugal. Dort wurde der 50. Jahrestag der Revolution in den vergangenen Tagen groß gefeiert.

In Stuttgart lebten damals Tausende „Gastarbeiter“ aus Portugal

Doch warum Stuttgart? Hier leben nach Auskunft des Statistischen Amtes aktuell 3662 portugiesische Staatsbürger und 519 Deutsche, die auch einen portugiesischen Pass haben . Albrecht Ernst, der stellvertretende Leiter des Hauptstaatsarchivs, verweist auf die damals schon große portugiesische Gemeinde: „1974 gab es Tausende portugiesischer ,Gastarbeiter‘ im Raum Stuttgart, die den politischen Umbruch in ihrer Heimat aus der Ferne verfolgten.“ Bisher seien jedoch kaum Zeitzeugen von damals zu Wort gekommen.

Ein solcher Zeitzeuge war der bekannte Publizist und ehemalige Schüler des Eberhard-Ludwig-Gymnasiums, Klaus Mehnert (1906-1984). Er hielt sich zum Zeitpunkt der Revolution 1974 in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon auf, wo er vor Studenten sprach. Der Befreiungskampf in den Kolonien war damals seit Längeren auch unter vielen Studenten in Baden-Württemberg ein Thema gewesen.

Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart werden am Mittwoch auch Lieder abgespielt, die für die Nelkenrevolution wichtig waren. Der damalige Beitrag Portugals zum Eurovision Song Contest „E Depois do Adeus“ („Und nach dem Abschied“) von Paulo de Carvalho und das vom Regime verbotene Lied „Grândola, Vila Morena (Grândola, braungebrannte Stadt), gesungen von Zeca Afonso, einem antifaschistischen Protestsänger, dienten als geheime Signale. Als sie in der Nacht zum 25. April im portugiesischen Rundfunk erklangen, war dies das Zeichen für die Revolutionäre loszuschlagen.