Im Jahr 1973 wurde das Haus der Begegnung eröffnet. Im Jahr 1973 wurde das Haus der Begegnung eröffnet. Foto: Simon Granville

Das Haus der Begegnung in Leonberg hat vor 50 Jahren seine Pforten geöffnet. Am Sonntag wird das Jubiläum mit einem Festakt begangen.

Für die evangelische Kirche in Leonberg ist es das Ereignis in diesem Herbst: Vor 50 Jahren hat in Leonberg auch das Haus der Begegnung seine Türen für Jung und Alt geöffnet. Als Gemeindezentrum der evangelischen Kirchengemeinde Leonberg geplant, wurde der Arbeitstitel „Haus der Begegnung“ der endgültige Name. Und es wurde in diesen fünf Jahrzehnten für alle Bewohner der Stadt zu einem Haus voller Leben. Am Sonntag, 22. Oktober wird das ab 10 Uhr in einem Festakt gewürdigt.

„Dieses Haus möge bestimmt sein vom Geiste Jesu Christ, der kein Haus besaß, sondern unterwegs war mit den Menschen seiner Zeit und offen für jedermann, um der Liebe Gottes willen. So soll es ein Haus der Begegnung sein, in dem jeder willkommen ist, in dem über Fragen und Probleme offen gesprochen werden kann, in dem vor allem auch die zu Wort kommen, die sonst nicht gehört werden. Was in diesem Hause geschehen wird an Arbeit und Feier, an Aussprache und Hören auf die Stimmen der Bibel, soll ein Beitrag sein zum Heil der Menschen und zum Wohl der Stadt.“ So steht es in der Urkunde, die anlässlich der Grundsteinlegung hinter einer Platte mit der Aufschrift „1972“ im Eingangsbereich eingelassen wurde.

Leonberg brauchte einen Ort, wo man sich treffen konnte

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Leonberg durch den Zuzug Tausender Flüchtlinge und Vertriebenen und durch seine prosperierende Wirtschaft eine rasante Entwicklung zum aufstrebenden Mittelzentrum gemacht. Fremde Menschen waren auf der Suche nach einer neuen Heimat, neue Probleme tauchten auf, neue Fragen wurden gestellt und Antworten gesucht und dafür brauchte es Orte, wo man sich treffen konnte. Bereits 1951 errichtete die evangelische Kirchengemeinde Leonberg für ihre gut 4200 Mitglieder an der Eltinger Straße ein neues Gemeindehaus. Es kostete rund 120 000 Mark. Architekt war Wilhelm Dongus.

Doch keine 20 Jahre später stellte sich heraus, dass das Gemeindehaus nicht mehr den gewachsenen Anforderungen der Gemeindearbeit entsprach. Es fehlte an Räumen vor allem für die Familien- und Jugendarbeit. Dem Saal, der zwar gute Dienste während der großen Sanierung der Stadtkirche als Ausweichort für die Gottesdienste geleistet hatte, ging jene Atmosphäre ab, die von einer solchen der Allgemeinheit dienenden Einrichtung erwartet wurde.

Schon früh setzte ökumenisches Denken ein

Die Ausweisung neuer Baugebiete ließ im „Ramtel“, im Osten der Stadt, in den frühen 1960er Jahren eine neue evangelische Kirchengemeinde entstehen. Hier wurde 1965 eine neue Kirche gebaut, die symbolträchtig den Namen „Versöhnungskirche“ bekam. Aus der kirchlichen Dienstgruppe „Kolonie im Ramtel“, einem Wegbereiter der Ökumene in Leonberg und der offenen Jugendarbeit flossen viele, nicht nur kirchliche Impulse ins Stadtleben ein. Zwei Jahre später kam die Blosenbergkirche dazu. Sie ist erbaut in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen KZ-Arbeitslager und wurde zum Ausgangspunkt der KZ-Gedenkstätteninitiative.

Doch nicht nur die evangelische Kirche war im Aufschwung, auch die katholische. „In Leonberg setze früh ein ökumenisches Denken ein bei der großen Anzahl der katholischen Flüchtlinge und Vertriebenen“, sagt Andrea Tannenberger. Sie ist langjährige Verwaltungsmitarbeiterin der evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenbezirk Leonberg, die auch im Haus der Begegnung (HdB) untergebracht ist. Es sei selbstverständlich gewesen, dass die katholischen Gottesdienste in der Versöhnungskirche stattfanden. „Der Name der Kirche wurde gelebt“, sagt Andrea Tannenberger.

Vor diesem Hintergrund fiel 1969 im Kirchengemeinderat Leonberg, dem der langjährige Amtsrichter Eberhard Steimle vorstand, der Beschluss, das alte Gemeindehaus abzureißen, was viele bedauerten, und ein neues an dieser exponierten Stelle zu errichten. Denn der Standort war nicht mehr irgendwo in der Pampa, sondern auf der Achse, an der Leonberg mit Eltingen zusammenwuchsen – und die neue Stadtmitte aus dem Boden gestampft wurde. In der Nachbarschaft entstand auch das neue Sportzentrum- und Schwimmzentrum mit Hallenbad. Wenige Hundert Meter weiter kam noch die Hochhaus-Bebauung dazu und es liefen die Planungen für das neue Einkaufszentrum, das Leo-Center.

Das Gebäude kostete rund 2,8 Millionen Mark

Nach der Grundsteinlegung ging es mit dem Neubau zügig weiter. Bereits nach anderthalb Jahren Bauzeit war das Haus der Begegnung fertiggestellt und wurde am 23. September 1973 feierlich seiner Bestimmung übergeben. Auch dieses Mal stammte der Entwurf von einem Architekten aus der Familie Dongus. Geplant wurde das Gebäude, das rund 2,8 Millionen Mark gekostet hat, von Rolf Dongus.

Das Gebäude ist so konzipiert, dass noch ein Stockwerk darauf gesetzt hätte werden können. Zentraler Ort ist ein großer Saal für bis zu 350 Besucher, um den sich die anderen Räume für die unterschiedlichsten Angebote und Nutzungen gruppieren. Finanziert wurde es von der Kirchengemeinde, dem Kirchenbezirk, der Landeskirche und durch Spenden. Gestartet ist das HdB unter dem Motto „Ein Platz ist frei für Sie!“.

„Mit dem Haus der Begegnung hat die evangelische Gesamtkirchengemeinde eine Stätte geschaffen für die, die Gespräche und Begegnung suchen“, sagt Wolfgang Dressler. Er ist der Geschäftsführer der evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenbezirk Leonberg. Diese hat hier von der ersten Stunde an eine Heimat bekommen, ebenso die „Mütterschule“, die heutige Familienbildungsstätte. Das HdB beherbergt heute auch das Gemeindebüro von Leonberg-Nord, die Kirchenpflege des Bezirkes und der Gemeinde, die Kirchenmusik, das evangelische Jugendwerk des Kirchenbezirkes und es ist auch weiterhin das Gemeindehaus der Stadtkirche.

Bildungsarbeit als Säule der evangelischen Kirche

„Bildungsarbeit ist eine Säule der evangelischen Kirche“, sagt Stadtpfarrerin Heidi Essig-Hinz. „Deshalb ist das Haus der Begegnung ein Ort, den es zu stärken gilt – denn viele Menschen kommen hier durch und erleben Kirche für Jung und Alt mitten in der Stadt.“ Dabei hätte sich in den letzten Jahren der Schwerpunkt der Erwachsenenbildung verlagert. „Wir gehen verstärkt in die Gemeinden des Kirchenbezirks und unterstützen vor Ort die Erwachsenenbildung obwohl immer noch jährlich weit über 60 Unterrichtseinheiten im Haus stattfinden.“, sagt Wolfgang Dressler. „Es gibt viele Kooperationen und wir planen, beraten, begleiten die dezentralen Veranstaltungen“, erläutert Andrea Tannenberg.

„Mit dem Festakt am Sonntag wollen wir die Vielseitigkeit des Hauses der Begegnung zeigen – und wie viele Beteiligte es nun schon seit 50 Jahren mit Leben füllen“, sagt Wolfgang Dressler. Schlaglichtartig sollen im Dialog das gute Zusammenspiel von Stadt und Haus der Begegnung ausgeleuchtet werden. „Denn durch Feiern, Jubiläen und Veranstaltungen wurde das Haus der Begegnung ein Bestandteil in der Biografie vieler Menschen in Leonberg und Umgebung,“ ist er überzeugt.

Jubiläumsprogramm

Gottesdienst
Der Familiengottesdienst zum 50-jährigen Jubiläum am Sonntag, 22. Oktober, beginnt im Haus der Begegnung um 10 Uhr. Aufgeführt wird das Musical „Johannes der Täufer“ vom Kinderchor und der Kinderkantorei unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Attila Kalman. Die Liturgie gestalten Dekanin Gabriele Waldbauer und Pfarrerin Heidi Essig-Hinz.

Gespräch
„50 Jahre evangelische Erwachsenenbildung im Kontext von Kirche und Stadt“ ist um 11.15 Uhr das Thema des Gespräches mit Ursel Beuttler, Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Helmut Noë, Erster Bürgermeister a.D und Dekanin Gabriele Waldbauer.