Ein bisschen Jet Set-Feeling für unsere Gäste im mondänen Porto Montenegro in Tivat. Megateure Yachten und Shops eingebettet in ein modernes architektonisches Ensemble. Im Hintergrund grüßen die Berge des Orjen-Massivs.Fotos (6): Sigfried Baumann Quelle: Unbekannt

Von Sigfried Baumann

Welch ein Auftakt: Ankommen und die weitläufige Sonnenterrasse des Hotels Queen of Montenegro genießen. Dazu der Blick über das Meer zur vorgelagerten Insel Sveti Nikola, größte Insel vor der 293 Kilometer langen Küste Montenegros. Dazu einen frischen Kaffee oder ein kühles Bier vom Fass. Die „Königin“ empfing die Gäste unserer ausgebuchten Leserreise gebührend. Nach dem Zimmerbezug erster Test im herrlichen Außenpool. Und gleich das Urteil: Ein bisschen frisch. Frischer jedenfalls als das Meerwasser, das immerhin eine Temperatur von 23 Grad aufwies. Terrasse und Pool sind das große Plus des „Queen of Montenegro“ gelegen oberhalb des weitläufigen Becici-Strandes. Beste Urlaubsstimmung also von Anfang an. So konnte es weitergehen. Und dies tat es auch.

Nach fünf Jahren war unsere Zeitung wieder mit ihren Lesern nach Montenegro zurückgekehrt, ein kleines Land, in dem vor den Kriegen in den 90-iger Jahren des vorigen Jahrhunderts die deutschsprachigen Urlauber die große Mehrheit stellten. Heute ist das anders. Nur 50 000 Deutsche verbrachten in diesem Sommer ihren Urlaub in Montenegro. Und viele wissen nicht, was ihnen entgeht. Gewiss, die Küste ist größtenteils durch wuchtige Appartement-Hochhäuser verschandelt. Es wurde und wird gebaut auf Teufel komm raus. Doch die meisten Domizile stehen leer. Schön ist der Anblick nicht, den das moderne Budva, Haupttouristenzentrum der montenegrinischen Küste bietet. Deshalb ab ins Hinterland wo eine unvorstellbar schöne Natur und eine beispielhafte landschaftliche Vielfalt auf die Besucher wartet. Doch bevor es auch für unsere Gäste hinauf ging die alte Lovcen-Passstraße, einst von den Österreichern gebaut, erst noch ein bisschen Jetset-Feeling. Porto Montenegro heißt die architektonisch gelungene Marina, wo megateure Yachten und Shops zu Hause sind. Porto Montenegro soll aus dem Städtchen Tivat ein neues Monte Carlo machen.

Die Bucht von Kotor ist der einzige Fjord des gesamten Mittelmeerraumes, der sich rund 35 Kilometer tief in die höchsten Berge der montenegrinischen Küste hineinschneidet. Wir schlängeln uns mit dem Bus die 25 Spitzkehren auf schmaler Straße nach oben und bestaunen neben den grandiosen Landschaftspanoramen die Fahrkünste unseres Busfahrers Ivica. Die Kotorbucht, an deren Ende die Stadt Kotor als Namensgeberin liegt, bietet von oben laut Merian einen der schönsten Panoramablicke der Welt. Steile Berge, tiefgrüne Wälder und den tief ins Land ziehenden Fjord. Das Traumwetter lässt es sogar zu, bis hinaus auf die offene Adria zu blicken. Doch wer hinauffährt, muss auch wieder hinunter. Und das erwies sich im letzten Abschnitt alles andere als einfach, als plötzlich fünf Ausflugsbusse eines Kreuzfahrtschiffes entgegenkamen. Unsere Abenteuertour ließ das überfüllte Kotor links liegen (die großen Kreuzfahrtschiffe sind für die Stadt Fluch und Segen zugleich), stattdessen war das alte Seefahrerstädtchen Perast, mit seinen barocken Palästen unser Ziel. Mit einem Boot setzten wir über zu der mitten in der Bucht gelegenen kleinen Insel der Heiligen Muttergottes von Skrpjela. Und wieder eröffneten sich großartige Blicke auf die Kotor-Bucht und auf deren schmalste Stelle, die Meerenge von Verige, nur 300 Meter breit.

Am nächsten Tag dann die Altstadt von Budva, die sich in den kleinen schmalen Gassen ihren Charme bewahrt hat. Beim Erdbeben 1979 war die Altstadt fast vollständig zerstört, aber originalgetreu wieder aufgebaut worden. Vom Spazierweg zum bekannten Mogrenstrand ergeben sich wunderschöne Blicke auf die Altstadt umgeben von einer mittelalterlichen Stadtmauer. Die bedeutendsten Gebäude in der Altstadt sind die katholische Kirche des Heiligen Johannes des Täufers, die orthodoxe Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit und die Zitadelle. Cetinje ist die ehemalige Hauptstadt Montenegros und zugleich historisch überaus bedeutend. Hauptanziehungspunkt ist der ehemalige Palast von König Nikola, heute ein Museum. Unweit des Palastes sind der König und seine Frau Milena in der Gruft einer kleinen Kirche begraben. Podgorica (ehemals Titograd) ist die moderne Hauptstadt Montenegros und das krasse Gegenstück zu dem beschaulichen Cetinje in den Bergen. Podgorica beherbergt 160 000 Einwohner und damit rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung des Landes. Unweit der Stadt liegt das Flusstal der Cijevna, die beim Ethno-Restaurant Little Niagara wunderschöne Wasserfälle bildet - sofern sie Wasser führt. Nach mehr als dreimonatiger Trockenheit war davon nichts zu sehen, gleichsam ließen sich die eigenartigen Gesteinsformationen bestaunen, die hier ein eiszeitlicher Gletscher aus der Erdrinde gekratzt hat. Wie schön, dass Wirt Nikola für unsere Gäste in seinem liebevoll und naturnah eingerichteten Restaurant einen künstlichen Wasserfall zum Rauschen brachte. Ein typischer montenegrinischer Imbiss machte den Besuch in dem mehrfach ausgezeichneten Restaurant zu einem besonderen Erlebnis. Ein solches bot auch die Moraca-Schlucht, durch die sich der gleichnamige Fluss mit seinem grün schimmernden Wasser schlängelt. Am Ende steht das 1252 erbaute Kloster Moraca, berühmt wegen seiner Wandmalereien und eingebettet in einen wunderschön angelegten Klostergarten. So sieht man heute der Anlage ihre leidvolle Geschichte nicht mehr an. Ein Novum waren die Wasserkastanien aus dem Skutari-See. Die Besatzung unseres Schiffes, mit dem wir Teile des größten Sees auf dem Balkan befuhren, pflückte die Kastanien von der Wasseroberfläche, schälte sie und reichte sie zum Verkosten. Noch keiner unserer Reisegäste hatte zuvor Wasserkastanien gegessen. Der Skutarisee ist ein einzigartiges Vogelreservat und sehr fischreich. Die unberührte Natur seiner Umgebung führte dazu, dass der See auf montenegrinischer Seite zum Nationalpark erklärt wurde. Zwei Drittel seiner Oberfläche gehören zu Montenegro, ein Drittel zu Albanien.

Also alles gut und preiswert im „Land der schwarzen Berge“, wären da nur nicht die kaum wieder gut zu machenden Bausünden in den Ferienzentren an der Küste.