Neïla (Camélia Jordana) kommt zu spät zur Vorlesung von Professor Pierre Mazard (Daniel Auteuil). Foto: SquareOne/Universum - SquareOne/Universum

Wir reden gern von Chancengleichheit, doch die Realität sieht manchmal anders aus: Wer aus einfachen Verhältnissen kommt und Bildung nicht auf dem Silbertablett serviert bekam, hat es oft schwer, seinen Weg zum Erfolg zu gehen. Yvan Attal erzählt in seiner Komödie „Die brillante Mademoiselle Neila“ von einer jungen Frau, die beherzt gegen Vorurteile kämpft.

EsslingenEine Frau mit algerischen Wurzeln und aus der Vorstadt – welche Chancen kann es da für Neila Salah in der wohlhabenden Pariser Gesellschaft geben? Aufgewachsen ist sie in einer Hochhaussiedlung, und sie träumt davon, Anwältin zu werden. Tatsächlich schafft es die ehrgeizige Schülerin an die Universität. Doch gleich in der ersten Vorlesung macht sich Professor Mazard vor den anderen Studenten über sie lustig. Die Strafe der Universitätsleitung für den vorlauten und politisch gar nicht korrekten Herrn Professor folgt auf dem Fuße: Mazard soll Neila helfen, einen Rhetorikwettbewerb zu gewinnen. Eine Herausforderung, denn die aufbrausende Studentin und der zynische Professor können sich überhaupt nicht ausstehen. Daniel Auteuil und die Musikerin Camélia Jordana spielen die Hauptrollen in der Komödie „Die brillante Mademoiselle Neila“ von Yvan Attal, die in Frankreich großen Erfolg hatte und nun auch das deutsche Kinopublikum überzeugen soll.

Yvan Attals neuer Film erzählt eine uralte Geschichte, wie sie auch George Bernard Shaw in „Pygmalion“ aufgegriffen hat: Eine junge Frau mit derben Manieren wird von einem Mann mit den Regeln der feinen Gesellschaft vertraut gemacht. Doch Neila ist keineswegs so unbedarft wie Shaws Blumenmädchen Eliza Doolittle. Mit Zielstrebigkeit, Intelligenz und Fleiß hat die junge Pariserin den Platz an der Universität bekommen. Wegen ihres Aussehens, ihres Namens und ihrer Herkunft traut ihr das keiner zu. Und so hat sie ständig mit Vorurteilen zu kämpfen. Eine Tatsache, die sie fast entmutigt und sie irgendwann auch an ihrem gewählten Weg zweifeln lässt. Ist das feine Paris tatsächlich eine Welt, in der sie ihren Platz finden kann? Gleichzeitig spürt sie einen starken Kampfgeist, den anderen zu beweisen, dass auch Vorstadtmädchen klug, belesen und eloquent sein können.

Einfühlsam und ohne Klischees

Yvan Attal zeigt Neilas Welt sehr einfühlsam und ohne Klischees, er ist selbst in der Pariser Banlieue aufgewachsen, so wie Neila in Créteil. Seine Eltern kamen selbst aus Algerien. „Ich stamme nicht aus einer bildungsbürgerlichen Familie, wo man das Lesen gewohnt war, und in der Schule habe ich diesbezüglich wohl auch einige Gelegenheiten verpasst“, erinnert sich der Lebensgefährte der Schauspielerin Charlotte Gainsbourg. Ein Lehrer an der Schauspielschule eröffnete ihm eine neue Welt. „Der Professor hat mir die Augen geöffnet und mir die Relevanz des Lesens beigebracht. Er hat mich umerzogen“, auch durch Provokation und manchmal sogar Demütigung.

Daniel Auteuil spielt die Rolle des provokanten Professors sehr überzeugend: Ein Zyniker, der seine Schmähungen und rassistischen Beleidigungen wie Gift verspritzt. Und der verwundert feststellt, dass sich Neila nicht so leicht einschüchtern lässt und obendrein die Kunstgriffe der Rhetorik sehr geschickt einzusetzen vermag, die er ihr mit Hilfe von Schopenhauer und Philosophen aus der Antike nahebringt. Camélia Jordana spielt die Studentin, die mal temperamentvoll und ehrgeizig auftritt, sich dann aber auch wieder verletzt zurückzieht und fast den Mut verliert. Das ist eine tolle Leistung, die bei der Verleihung der französischen Filmpreise César mit einer Ehrung als beste Nachwuchsdarstellerin gewürdigt wurde.

Gut erzogen und wohlhabend – wer an der Assas Law School in Paris studiert, kommt oft aus gutem Hause. Neila aus der berüchtigten Vorstadt ist dort eine Außenseiterin. Das macht ihr der Professor gleich klar – mit ungeahnten Folgen.