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Guillermo del Toros märchenhafter Film „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ gehört mit 13 Nominierungen zu den Favoriten bei der Oscar-Verleihung Anfang März. Heute kommt dieser Streifen in die deutschen Kinos.

Esslingen - Meist sind Monster zum Gruseln da – manchmal durften sie im Kino aber auch die romantischen Helden einer Liebesgeschichte sein. Daran knüpft Guillermo del Toros märchenhafter Film „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ an, der mit 13 Nominierungen zu den Favoriten bei der Oscar-Verleihung Anfang März gehört. Elisa ist eine „Prinzessin ohne Stimme“. Sie ist stumm und lebt zurückgezogen in einer kleinen Wohnung. Jeden Abend macht sie sich auf den Weg zu ihrer Arbeit: Sie putzt in einem Regierungslabor, wo geheime Experimente durchgeführt werden – es ist Anfang der 60er-Jahre, die Zeit des Kalten Krieges. Eines Tages entdeckt Elisa dort eine ungewöhnliche Kreatur, die im Amazonas gefangen wurde. Es ist ein faszinierendes Wasserwesen mit Kiemen und einem muskulösen Körper, der in schillerndem Blau und Grün schimmert.

Die Geschichte mag zunächst seltsam klingen, doch Guillermo del Toro erzählt sie so kunstvoll, dass man ihm und seinen Figuren nur zu gerne zuschaut. Elisa (Sally Hawkins) fühlt sich vom Wassermann angezogen, schmuggelt einen Plattenspieler ins Labor und spielt ihm Jazzsongs vor. Schnell nähern sich die beiden Stummen an und verlieben sich ineinander. Doch als das im Amazonas als Gott verehrte Wesen getötet werden soll, um genauere Untersuchungen zu ermöglichen, entscheidet sich Elisa, es zu befreien. Es wird ein Kampf der Außenseiter gegen das scheinbar übermächtige System: Elisa ist als stumme Putzfrau für ihre Umwelt fast unsichtbar und wird vom brutalen Sicherheitsbeauftragten, der das Wasserwesen mit einem Elektroschocker quält, völlig unterschätzt. Elisa hingegen überzeugt ihre schwarze, nicht auf den Mund gefallene Kollegin und ihren einsamen Künstler-Nachbarn, ihr zu helfen.

„Shape of Water“ entwickelt besonders auf der großen Leinwand seine visuelle und emotionale Kraft und ist dabei so vielschichtig erzählt, dass es zahlreiche Interpretationen zulässt. Schließlich ist da nicht nur das wundersame Erstarken der vermeintlich Schwachen über die weiße, männliche Vorherrschaft. Es ist auch ein Seitenhieb auf das Ausbeuten unserer Natur, die Arroganz allem Unbekannten und die Intoleranz dem Anderen gegenüber. Vor allem aber gelingt es del Toro, ein bildgewaltiges Märchen für Erwachsene zu erzählen. Er kreiert dafür eine ganz eigene Welt, in der nicht nur alles möglich ist, sondern auch völlig natürlich wirkt.

Das Fabelwesen wird dabei von Doug Jones verkörpert, der zwar gänzlich unter dem aufwendigen Kostüm verschwindet, der geheimnisvollen Kreatur aber Fragilität und zugleich Stärke verleiht. Auch die Nebenrollen sind mit Michael Shannon als grausamer Gegenpart, Octavia Spencer als liebenswerter Kollegin und Richard Jenkins als leicht depressiver Nachbar bestens besetzt. Überstrahlt werden sie allerdings von Sally Hawkins, die eine sehr differenzierte Performance abliefert. Ohne Worte, dafür aber mit viel Mitgefühl lässt sie ihre Elisa zum Herz des Films werden: verletzlich und stark, schüchtern und selbstbewusst treibt sie die Erzählung mutig voran. Als Zuschauer hofft man mit ihr auf das ersehnte, märchenhaft-romantische Happy-End. Und Regisseur del Toro? Der Mexikaner mit einer Schwäche für Außenseiter und Monster, der schon mit dem gefeierten Werk „Pans Labyrinth“ eine einzigartige Fantasiewelt schuf, ist mit „Shape of Water“ auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Kein anderer Regisseur verfügt über eine solch eigene Vision, mit der er eine so originelle Geschichte so fantasievoll und ideenreich umsetzt. Sein „Shape of Water“ wird zum Kino-Kunstwerk, das die Magie der großen Leinwand feiert.

Beim Filmfest Venedig gab es bereits den Goldenen Löwen für den besten Film, und Anfang Januar gewann Regisseur del Toro den Golden Globe für die herausragende Regie. Nun kommt der Oscaranwärter auch bei uns in die Kinos.