Von Gerd Schneider

Im Sitzungssaal 5 des Stuttgarter Verwaltungsgerichts wird heute dicke Luft herrschen. Die Deutsche Umwelthilfe und das Land Baden-Württemberg stehen sich als Prozessgegner gegenüber. Die Organisation will das Land zwingen, Fahrverbote zu erlassen, um so den Gehalt an Feinstaub und Stickoxiden in der Stuttgarter Luft zu reduzieren. Angeklagt ist aber eigentlich kein Mensch, sondern eine Maschine, der Diesel. Bis vor ein paar Jahren stand der Selbstzünder im Ruf, umweltschonend zu sein. Er verbraucht viel weniger Treibstoff als herkömmliche Motoren. Doch inzwischen ist sein Ruf ruiniert. Paradoxerweise trägt die Autoindustrie an dem Niedergang die Hauptschuld. Und zwar nicht nur der VW-Konzern mit seiner jahrelang praktizierten Betrugsmasche bei der Abgas-Messung. Auch andere Hersteller wie Daimler haben untätig zugesehen, wie das Ansehen des Diesels sank und sank - auf ein Niveau, das mit der Realität nicht mehr viel gemein hat. Und auch Landes- und Kommunalpolitiker haben der Versuchung nicht widerstanden, auf den Selbstzünder einzudreschen, als ob nicht Abertausende von Jobs im Raum Stuttgart davon abhingen, dass der Diesel weiter eine Zukunft hat.

Daimler, inzwischen selbst unter Manipulationsverdacht geraten, scheint nun gegensteuern zu wollen. Mit einer groß angelegten Nachrüstung sollen die Dieselmotoren sauberer gemacht und das Image wieder aufpoliert werden. Noch vor kurzem hatte man ganz andere Töne in Untertürkheim vernommen. Was auch immer die Gründe für dieses Umdenken sind - es ist höchste Zeit, dass die Branche endlich in die Gänge kommt.