Trainer Alexander Nouri weiß um die Schwere der Aufgabe. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Dietmar Rose

Bremen - Auf der Zielgeraden der vergangenen Saison ging Werder Bremen zwar die Puste aus, spielte aber Hurra-Fußball wie zu Zeiten von Rekordtrainer Thomas Schaaf. Mit den torreichen Niederlagen gegen den 1. FC Köln (3:4), 1899 Hoffenheim (3:5) und Borussia Dortmund (3:4) verfehlten die Grün-Weißen die Qualifikation für die Europa League. Der achte Tabellenplatz war dennoch keine Enttäuschung, besser hatte der vierfache deutsche Meister zuletzt 2010 abgeschnitten. Trainer Alexander Nouri hat Werder aus den unteren Tabellenregionen an die internationalen Ränge herangeführt. Die kommende Saison wird zeigen, ob sich Werder dauerhaft nach oben orientieren kann.

In der Rückrunden-Tabelle belegten die Bremer nach elf ungeschlagenen Spielen am Stück den vierten Platz. Kann die Mannschaft daran anknüpfen?

Das Auftaktprogramm meint es nicht gut mit Werder. Auswärts bei 1899 Hoffenheim und Hertha BSC, im Weserstadion gegen den FC Bayern und Schalke 04 - da wäre ein Fehlstart keine Überraschung. Nouri weiß, wie schwer es wird, den Erfolg der vergangenen Saison zu bestätigen: „Ich werde keinen Tabellenplatz als Ziel ausgeben.“ Und das hängt nicht allein mit Werders Leistungsvermögen zusammen. Konkurrenten wie Borussia Mönchengladbach, Bayer Leverkusen und Schalke, die hinter den Bremern landeten, wollen zurück auf die Überholspur. Nouris Vorteil: In Bremen ist man Kummer gewohnt, das Umfeld wird auch nach Rückschlägen ruhig bleiben.

War der Torwartwechsel von Felix Wiedwald zu Jiri Pavlenka eine gute Idee?

Wiedwald hat Pavlenkas Verpflichtung nachvollziehbar als Degradierung empfunden und die Flucht nach England ergriffen. Der Schlussmann war zwar immer mal wieder für einen Patzer gut, rettete den Bremern mit seinen Paraden aber auch viele Punkte. Mit der Entscheidung, eine neue Nummer eins zu holen, zeigt Nouri, dass ihn grün-weiße Gefühlsseligkeit nicht interessiert. „Er wird uns auf dieser Position besser machen“, sagt Nouri über Wiedwalds Nachfolger Pavlenka. Sollte es anders kommen, hat Nouri ein Problem.

Was macht Nouri besser als sein Vorgänger?

Als Nachfolger von Viktor Skripnik hat der gebürtige Buxtehuder vieles richtig gemacht. Die Profis schwärmen sowohl von den Ansprachen des jungen Trainers als auch von dessen Fachkompetenz. Nouri hat Werder mit der Einführung des 3-5-2-Systems taktisch flexibler aufgestellt. Das Umschaltspiel - eine der großen Stärken in der vergangenen Saison - funktioniert mit dem harmonierenden Offensivpaar Max Kruse/Fin Bartels. Selbst die Defensive präsentierte sich trotz 13 Gegentreffern in den letzten drei Spielen deutlich verbessert. Nouris Führungsstil gibt allerdings Anlass zu Diskussionen - nicht nur im Fall Wiedwalds. Die Trennung von dem bei der Mannschaft beliebten Assistenztrainer Florian Bruns kam aus heiterem Himmel. Das zeigt, dass der smarte Nouri auch harte Entscheidungen treffen kann. Dazu zählt auch, auf eine Vertragsverlängerung mit Claudio Pizarro zu verzichten.

Wer soll die Tore schießen, die nach dem Weggang von Serge Gnabry fehlen?

Mit Serge Gnabry haben die Grün-Weißen ihren zweitbesten Torschützen ziehen lassen müssen. Einen solchen Spielertyp hat Nouri nicht mehr in seinem Kader. Der Coach hofft, dass Toptalent Johannes Eggestein und Aron Johansson mehr Einsatzzeiten erobern können. Zudem soll noch ein Mittelstürmer verpflichtet werden.

Hat Sportdirektor Frank Baumann wieder ein gutes Näschen als Einkäufer gehabt?

Baumann hat Linksverteidiger Ludwig Augustinsson vom FC Kopenhagen an die Weser gelotst. Jérôme Gondorf hat durchaus das Zeug, Kämpfer Clemens Fritz nach dessen Karriereende zu ersetzen. Abgearbeitet ist Baumanns Einkaufsliste jedoch noch nicht. Ein Stürmer und ein Innenverteidiger sollen noch kommen.

Zu- und Abgänge

Zugänge: Ludwig Augustinsson (FC Kopenhagen, 4,5 Millionen Euro), Jiri Pavlenka (Slavia Prag, 3 Millionen Euro), Jérôme Gondorf (Darmstadt 98, 1,2 Millionen Euro), Yuning Zhang (West Bromwich, Leihe), Thanos Petsos (FC Fulham, Leihe beendet).

Abgänge: Serge Gnabry (Bayern München, 8 Millionen Euro), Felix Wiedwald (Leeds, 500 000 Euro), Marnon Busch (1. FC Heidenheim, 100 000 euro), Lennart Thy (VV Venlo, ablösefrei), Laszlo Kleinheisler (FC Astana, Leihe), Leon Guwara (1. FC Kaiserslautern, Leihe), Florian Grillitsch (TSG Hoffenheim, ablösefrei), Santiago Garcia (Deportivo Toluca, ablösefrei), Raphael Wolf (Fortuna Düsseldorf, ablösefrei), Melvyn Lorenzen (ADO Den Haag, ablösefrei), Claudio Pizarro (Ziel unbekannt), Clemens Fritz (Karriereende).