17.7.2017 An der Friedrich-Ebert-Schule in Esslingen-Zell ist Amokalarm ausgelöst worden.

 Foto: SDMG

Von Melanie Braun

Einen Tag nach dem Amokalarm im Schulzentrum Zell ermittelt die Polizei weiter auf Hochtouren. Doch bis heute Abend gab es noch keine neuen Erkenntnisse darüber, wer der verdächtige Mann gewesen sein könnte, der am Montagmorgen mit einer Pistole im Hosenbund das Schulgelände betreten und damit einen Amokalarm ausgelöst hatte. Die Polizei geht aber weiterhin davon aus, dass es sich nicht um einen Dumme-Jungen-Streich handelte, sondern dass jemand mit Waffe in der Schule war – warum, ist unklar.
Noch am Montag hatte die Polizei einen Mann festgenommen, auf den die Beschreibung des Verdächtigen gepasst hatte. Sie musste ihn nach intensiver Überprüfung jedoch wieder frei lassen, weil er mit der Sache offenbar nichts zu tun hatte. Heute teilte die Polizei dann mit, man gehe zahlreichen verschiedenen Hinweisen nach, ermittle aber zur Zeit noch nicht gegen eine konkrete Person.
Der Unbekannte hatte am Montagmorgen gegen 10.30 Uhr einige Schüler angesprochen und sich nach einer bestimmten Person erkundigt. Die jungen Leute konnten dem Mann jedoch nicht weiterhelfen. Als er weiterging, entdeckten sie, dass er eine Pistole im Hosenbund stecken hatte und meldeten das der Schulleitung.

Weil die Gefahrenlage unklar war, wurde Amokalarm ausgelöst. Daraufhin rückte ein Großaufgebot an Einsatzkräften an, von dem Verdächtigen fehlte jedoch jede Spur. Neben schwer bewaffneten Beamten waren auch Spezialeinsatzkräfte, eine Hundestaffel und zwei Polizeihubschrauber im Einsatz. Das Schulzentrum wurde in weitem Umkreis abgesperrt, auch Schulen und Kindergärten in der Umgebung wurden vorsorglich verbarrikadiert.Erst gegen 14.15 Uhr wurde wieder Entwarnung gegeben, die Fahndung lief aber weiter.

In den betroffenen Schulen bemühte man sich heute offenbar um Normalität. „Die Stimmung ist relativ gut und relativ ruhig“, sagte Erhard Hofmeister, Leiter der Friedrich-Ebert-Schule. Der Unterricht finde statt, allerdings sei das schulinterne Kriseninterventionsteam im Einsatz. Wie groß der Bedarf an Betreuung ist und wie es den Schülern geht, die mit dem Verdächtigen zusammen getroffen waren, wollte er jedoch nicht sagen – vor allem, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Nur so viel: „Heute Mittag geben wir den Schülern zwei Stunden frei, explizit zur Erholung von dem Vorfall“, sagte Hofmeister heute Morgen. Großes Lob gab es von dem Schulleiter für den Einsatz der Polizei: „Sie hat sehr professionell und umfassend reagiert.“ Es sei völlig angemessen gewesen, ein solches Großaufgebot einzusetzen: „Die Bedrohungslage war ganz klar da“, sagt Hofmeister. So sieht es auch Thomas Fischle, Leiter der Käthe-Kollwitz-Schule, die ebenfalls in dem beruflichen Schulzentrum angesiedelt ist. Die Polizei habe seiner Meinung nach genau richtig reagiert: „Lieber ein riesiges Aufgebot und es ist am Ende nur eine Mücke, als die Sache klein zu fahren und dann ist es ein Elefant“, sagte er. Im Übrigen hätten sich auch die Lehrer und Schüler am Montag vorbildlich verhalten. Auch heute sei der Schulalltag verhältnismäßig geregelt und normal über die Bühne gegangen.
Bei der benachbarten John-F.-Kennedy-Schule wollte man sich nicht zur aktuellen Situation äußern und verwies auf das Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) als Ansprechpartner. Dort teilte man heute mit, dass die Stimmung bei Schülern, Eltern und Lehrern an allen drei Schulen ruhig und entspannt sei. Nach Bedarf werde der Amokalarm thematisiert, auch stünden Beratungslehrer und teilweise Schulseelsorger zur Verfügung. Zudem könnten die Schulleitungen das Kriseninterventionsteam des RP anfragen. Auch die Polizei hat die Hilfe von Kriseninterventionskräften angeboten. Das gehöre zum Standard bei solchen Einsätzen, teilte Christian Wörner mit, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, das auch für Esslingen zuständig ist. Das gelte im Übrigen auch für den Großeinsatz: Bei Amokalarm würden automatisch alle verfügbaren Kräfte gebündelt. Immerhin sei der Vorfall in Zell seines Wissens der größte Amokalarm im Land seit dem Amoklauf in Winnenden im Jahr 2009 gewesen.