Claudia Bitzer Foto: Karikatur: Egon Kaiser - Karikatur: Egon Kaiser

Claudia Bitzer ärgert sich über manche Ressentiments, die einem Bewerber mit türkischen Wurzeln um einen Esslinger Bürgermeisterposten entgegenschlagen. Sie findet: Willkommenskultur sieht anders aus.

EsslingenSodele, seit Montag ist es raus: Yalcin Bayraktar, zuletzt Amtsleiter für Soziales, Familie und Jugend im Friedrichshafener Rathaus, ist der Wunschkandidat der Esslinger Grünen für den Sozial-, Schul-, Kultur-, Sport- und Ordnungsbürgermeisterposten im Esslinger Rathaus. „Es wird immer besser: ein Türke wird Bürgermeister in Esslingen“, hat auch gleich ein Schreiber auf Facebook seinen Senf dazu gegeben. Der zuletzt in Oberschwaben beheimatete Bayraktar, ein gebürtiger Bopfinger mit viel Verwaltungserfahrung und persönlichem Engagement im Integrationsbereich, wird manchem Esslinger gegebenenfalls erst einmal beibringen müssen, was Willkommenskultur heißt.

Eine andere Schreiberin wiederum bedauert, dass die Grünen keine Frau aufgestellt haben. Die Kritik dürfte die Partei schon mehr treffen. Und so ist es am Ende doch eine schöne Sache, dass sich Stadträtin Brigitte Häfele (geborene Reynders, aufgewachsen in NRW und seit 20 Jahren in Esslingen) selbst aufs Schild gehoben hat. So können sich alle Gemeinderatsmitglieder am 11. November entscheiden, ob sie – aus welchen Motiven auch immer – lieber eine Häfele oder einen Bayraktar haben wollen. Im Übrigen stehen noch neun andere zur Wahl.

Egal, wer es wird: Sie oder er wird sich nicht nur mit der Willkommenskultur auf Facebook und einer verfahrenen Schulentwicklung im Alltag auseinandersetzen müssen. Sondern muss sich auch der Frage stellen, wo die Bücherei während der Sanierung des Bebenhäuser Pfleghofs zwischengeparkt werden kann. Die Bürgerinitiative für den Erhalt des Pfleghofs hat jetzt einen zusammenklappbaren Stelzenbau auf den Vereinigten Garagenwerken an der Augustinerstraße vorgeschlagen. Für 1,5 Millionen Euro. Wir sehen schon vor uns, wie der neue Kulturbürgermeister/die neue Kulturbürgermeisterin fluchend Hunderte Billy-Regale aus dem Hause Ikea zusammenschraubt, um wenigstens an den Möbeln fürs Provisorium zu sparen.

Am falschen Ort allzu knausrig gewesen zu sein: Den Vorwurf hört die Stadt aber vor allem in Sachen Buslinien. Und zwar in der Dauerschleife. Dafür, dass nun auch der „grüne“ Schlienz in die roten Zahlen gefahren sein könnte, gibt es aber keinen Hinweis. Das Unternehmen ist laut Geschäftsführung nicht insolvent - es stellt lediglich den Betrieb ein, beziehungsweise hat seine Anteile an den Geschäftspartner verkauft. Die Busse fahren weiter.

Fazit: Am ÖPNV wird die Willkommenskultur im Neckartal jedenfalls nicht scheitern.