Julia Theermann Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Es hat zum ersten Mal gefroren. Ostfriesen wissen, was das bedeutet: Die Grünkohlsaison ist eingeläutet. Das Gericht sorgt bei den Kollegen im Ländle allerdings für fragende Blicke.

EsslingenNachdem die Schreiberin dieser Zeilen neulich an dieser Stelle das Nationalgericht der Schwaben seziert hatte, erfuhr sie heute am eigenen Leibe, wie sich das anfühlt. Nach einem langen Wochenende in der ostfriesischen Heimat ist sie gut genährt wieder im Ländle und auch in der Redaktion angekommen. Begeistert schwärmte sie mittags in der Kantine davon, dass es in der Heimat endlich so kühl sei, dass die Grünkohlsaison eingeläutet worden ist. Sowohl die Mutter als auch die Schwiegermutter der Autorin hatten das deftige Wintergericht am Wochenende zubereitet. „Und das schmeckt?“, fragte eine schwäbische Kollegin prompt. „Was isst man denn dazu?“ So richtig schien sie sich nichts unter dem Lieblingsgericht vieler Nordlichter vorstellen zu können. Dass es ein herzhaftes Gericht ist, hatte sie verstanden, aber dass man idealerweise noch ein ordentliches Knibbelke (Klümpchen) Schmalz zu dem Kohl gibt, damit er schön glänzt, das wollte sich der Kollegin nicht erschließen. Auch unter der „Pinkel“, die es traditionell dazu gibt, konnte sie sich so recht nichts vorstellen. Die geräucherte, grobkörnige Grützwurst gehört zum Grünkohl wie das Amen in der Kirche – jedenfalls in der Heimat der Autorin. In anderen Regionen findet man auch schon mal Kasseler, Bregenwurst oder Bauchspeck im Kohl. Dazu gibt’s Kartoffeln.

Das saisonale Gericht wird traditionell erst nach dem ersten Frost gegessen – erst dann schmeckt die „Ostfriesische Palme“ so herb-süß, wie man sie kennt. Ähnlich der Spargel- wird die Grünkohlzeit in Familien, Vereinen und bei Veranstaltungen zelebriert. Überall gibt es in den Monaten zwischen Oktober und Februar deftige Grünkohlessen – oft mit hochprozentigem Nachtisch. Denn das hilft beim Verdauen der zugegebenermaßen schweren Kost.

Auf der einen Seite würde die Schreiberin dieser Zeilen den Kollegen gerne eine Kostprobe des Gerichtes geben – immerhin hat sie eine Tupperdose mitgebracht. Anderseits – die Grünkohlsaison ist ohnehin nur so kurz ...