Oliver Stortz. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von Oliver Stortz

Am Anfang war das Internet dumm. Das war unter anderem in den personalisierten Werbeempfehlungen erkennbar. Motto: Kunden die diesen Drucker gekauft haben, haben auch jenen Drucker gekauft. Dabei hat schon damals kein Mensch zwei Drucker gekauft. Schließlich waren (und sind) die Geräte Staubfänger. (Was die Werbeindustrie allerdings bis heute verschweigt.)

Bei Büchern war so manche Empfehlung noch eher naheliegend. Der Trend geht schließlich in vielen Haushalten schon seit Jahren zum Zweitbuch. (Obwohl die auch Staubfänger sind.) Dennoch war auch die Annahme der frühen Algorithmen, dass, wer gerade eine Biografie über Elvis gelesen hatte, auch die anderen 237 lieferbaren Werke über den King of Rock’n’Roll lesen möchte, nicht lebensnah.

Mittlerweile kennt uns die Werbeindustrie besser als wir uns selbst. Glaubt sie. Seit einigen Tagen bekomme ich regelmäßig auf den verschiedensten Seiten einen Kapuzenpulli empfohlen. Nichts gegen Kapuzenpullis. Die sind warm und praktisch. Und meistens auch schick. Dieser nicht. Er kommt nämlich in Fleischoptik daher: roh, zartrosa, gut abgehangen. Durchzogen mit Fett und Sehnen. „Raw Meat Print“ nennt sich die Farbvariante. Wie die Online-Werbeindustrie und ihre Algorithmen zu der Annahme kommen, ich wolle als argentinisches Hüftsteak herumlaufen, macht mich ratlos.

Ich habe die Konsequenzen gezogen. Andere setzen sich morgens auf den Heimtrainer und arbeiten hart an sich. Ich setze mich an den PC - und arbeite hart an meinem Profil. Wenn ich nur oft und lange genug nach Tomaten, Paprika und Rosenkohl googele, wird mich die Werbeindustrie schon irgendwann für einen Vegetarier halten.