Quelle: Unbekannt

Von Laura Buschhaus

„Ich stehe immer um 6 Uhr auf“, erklärt der Kollege, dessen Arbeitsbeginn nie vor 11 Uhr ist. Wegen eines ausgefeilten Sportprogramms, der Katze oder der persönlichen Work-Life-Balance? Nein, alles falsch. Der Sohn ist der Grund. Der Teenager braucht sein Vesper für die Schule. Und das kann er natürlich nicht so gut zusammenstellen, wie es ein aufmerksamer Vater kann. Er bekommt also ein Papa-Vesper. „Meinem Sohn ist das sehr wichtig“, erzählt der Kollege weiter, „da steh’ ich doch gerne auf.“

Erinnerungen aus der eigenen Schulzeit werden wach. Bunte Vesperdosen mit verschiedenen Fächern, in die penibel Gürkchen und Käsewürfel einsortiert waren. Sorgfältig belegte Vollkornwurstbrote und liebevoll geschälte Apfelschnitze.

Während viele Kinder auch mal einen Schokoriegel oder eine Schneckennudel in der Box von Zuhause fanden, war im besonders akkuraten Mama-Vesper (damals seltener: Papa-Vesper) nichts mit Zucker drin. Nur Fruchtzucker im Obst wurde notgedrungen akzeptiert. Diese Bedingung war zwar nervig, aber ein Vesper von Zuhause war Pflicht. Kinder ohne Vesper wurden argwöhnisch beäugt.

Das änderte sich allerdings in der Pubertät. Cool war auf einmal, wer nicht mehr unter Mamas Vesperfuchtel stand, sondern sich am Schulkiosk eine Pizzaschnitte oder ein Mohrenkopfweckle kaufte.

Diese Erinnerungen widersprechen nun komischerweise den Erfahrungen des Kollegen. Haben sich die Zeiten also geändert und sind selbst Teenager heute froh, wenn ihnen jemand morgens Gemüsestifte einpackt? Ist es mit der gestressten Generation schon so weit, dass keine Zeit zum Anstehen am Schulkiosk bleibt?

Wahrscheinlich ist jede Minute bei den Jugendlichen so vollgepackt, dass ein Vesper von Zuhause als effektivste Lösung für die Pause akzeptiert wird. Wir sollten uns langsam wirklich Sorgen machen.