Foto: Archiv Foto: Bulgrin

Von Claudia Bitzer

Viel Grün, ein intaktes, traditionsreiches und buntes Vereinsleben, viele Feste sowie ruhige Wohnviertel, die lediglich durch Einflugschneise und Aufstiegsstraße teils etwas beeinträchtigt sind: „Berkheim bietet eigentlich alles, was das Leben lebenswert macht.“ Diese Liebeserklärung macht Stephan Herdtle vom Bürgerausschuss seinem Stadtteil sehr gerne. „Ob Meisenfest, Weihnachtsmarkt oder Schwimmbadfest: Berkheim ist toll“, bilanziert auch Aglaia Handler, kommissarische Vorsitzende der ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertreter im Stadtteil.

Damit haben die rund 8000 Berkheimerinnen und Berkheimer aber auch einiges zu verlieren. Die größte Gefahr droht derzeit dem beliebten Hallenfreibad aus dem Jahr 1974 - dem Jahr, in dem das zuvor selbstständige Berkheim nach Esslingen eingemeindet wurde. 2009 ließ die Stadt bereits ein Becken zuschütten, 12 000 Unterstützer hatten sich seinerzeit mit ihren Unterschriften für den Erhalt des Hallenfreibads stark gemacht. Dass es nunmehr im Sog des städtischen Sparkurses erneut wackelt, lässt im Stadtteil die Wogen hochschlagen.

Ihr Bad ist für die Berkheimer gesetzt. Das hat auch der bis vor Kurzem noch amtierende, jetzt ehemalige Bürgerausschussvorsitzende Helmut Struwe schmerzlich zu spüren bekommen. Er war der Variante Numero sieben im Bäderkonzept der Stadtwerke - nämlich Berkheim zu schließen, das Areal zu verkaufen und stattdessen auf dem Gelände des Neckarfreibads ein zusätzliches Hallenbad zu bauen - mit einer gewissen Offenheit begegnet. Er trat zurück, und der Berkheimer Bürgerausschuss kämpft seitdem gemeinsam mit der DLRG-Ortsgruppe, dem TSV Berkheim, drei Schulen, einem Kindergarten sowie Vereinen und Organisationen aus der Stadt, die das Berkheimer Bad nutzen, entschlossen dafür, dass dort nicht das Wasser abgelassen wird. Wie die Interessensgemeinschaft am Wochenende mitgeteilt hat, plädiert sie für den Erhalt aller Bäder in der Stadt. Sollte sich das Entweder-Oder aber nicht vermeiden lassen, sieht sie - angefangen vom Gelände bis hin zu den Parkplätzen - das Berkheimer Hallenfreibad deutlich vor dem Neckarfreibad. Der Bürgerausschuss hat zu dieser Umkehrvariante unter Federführung von Biagio Cantoro auch einen umfangreichen Argumentationskatalog ausgearbeitet und die Gespräche mit den Gemeinderäten gesucht.

Dass es vor wenigen Wochen seitens der Stadtwerke noch hieß, man könne auf dem Gelände des Esslinger Freibads keine Wohnungen bauen, weil es sich um eine ausgewiesene Grünfläche handle, und die Umkehrvariante deshalb Nachteile habe, ist den Berkheimern sauer aufgestoßen. „Die Vergangenheit in Berkheim hat gezeigt, dass man sehr wohl Grünflächen bebauen kann, wenn man es nur will“, sagt Bürgerauschussmitglied Andrea Vogel in Bezug auf das Festo-Hochhaus. Mittlerweile heißt es seitens der Stadt, dass am Neckar theoretisch doch gebaut werden könnte.

In Berkheim bangt man derzeit jedenfalls grundsätzlich darum, immer mehr Grünflächen oder Ackerland zu verlieren. Eine mögliche Erweiterung des Gewerbegebiets Ost, gar mit einer Straßenanbindung an die L 1192, der wertvolle landwirtschaftliche Flächen und Naherholungszonen zum Opfer fallen würden, ist für den Bürgerausschuss überhaupt nicht denkbar. Ein neues, bescheidenes Gewerbegebiet an der L 1192 müsse man wohl „zähneknirschend“ in Kauf nehmen. Handler: „Aber nur in einer kleinen Arrondierung.“

Wie andere Stadtteile muss sich auch Berkheim damit auseinandersetzen, dass die Stadt zügig Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge und Menschen mit geringem Einkommen schaffen muss. Allerdings hätten sich die ehrenamtlichen Vertreter da mehr Transparenz von der Verwaltung gewünscht. „Wir haben aus der Zeitung erfahren, dass bei uns in der Brühlstraße und im Rohrackerweg Hoffnungshäuser gebaut werden sollen“, so Andrea Vogel. Aus ihrer Sicht sind beide Standorte am Ortsrand nicht ideal. „Wir wissen noch nicht einmal, wie viele Menschen hier künftig leben sollen.“ Handler: „Am Anfang war von zwei Mal 33 Bewohnern, jetzt ist von zusammen 120 Menschen die Rede.“ Handler: „Wir wollen Integration, aber es ist fraglich, ob das so gelingen kann.“ Dass innerhalb kürzester Zeit insgesamt drei dreigeschossige Häuser (zwei in der Brühlstraße, eines am Rohrackerweg) ohne größere Auflagen gebaut werden sollen, sei nicht zuletzt den älteren Anwohnern der Einfamilienhäuser in der Brühlstraße kaum vermittelbar. Sie hätten seinerzeit mühsam Stellplätze auf ihrem Grundstück nachweisen müssen.

Die Verwaltung will mit den Betroffenen reden. „Wir müssen in diesem Jahr noch zwischen 500 und 600 anerkannte Flüchtlinge unterbringen, und die Hoffnungshäuser sind derzeit unsere einzige Möglichkeit, bis Ende des Jahres auch Wohnraum zu schaffen“, so Rathaussprecher Roland Karpentier. Der Bürgerausschuss will sich für ein lebenswertes, zukunftsträchtiges Berkheim einsetzen. „Das heißt auch, dass wir unsere Stadtteilentwicklung fortsetzen wollen, wie sie uns die Berkheimer in unserer Stadtteilbefragung vor einem Jahr mit auf den Weg gegeben haben“, erklärt die kommissarische Chefin Handler. Dazu gehöre nach wie vor die Aufgabe, für Rewe trotz aller Schwierigkeiten Ausweitungsmöglichkeiten im Ortszentrum zu suchen und nur im allerschlimmsten Notfall auf eine Fläche neben dem Freibad auszuweichen. Mit dem Erhalt des angeschlagenen Fußgängerstegs, der Forderung, die Kronenstraße vollends auszubauen und den leckenden See in der Ortsmitte zu sichern, sind noch große Aufgaben offen. Andrea Vogel: „Ich wünsche mir ein klares Bekenntnis der Esslinger Gemeinderäte zu so einem großen Stadtteil, aus dem nicht unerhebliche Summen an Gewerbesteuer nach Esslingen fließen.“