Esslingen - Das gab es noch nie in der 40-jährigen Geschichte der Esslinger Sportlerwahl: Ein Fußballer wurde zum Sportler des Jahres gewählt. Grischa Prömel, der mittlerweile für den Zweitligisten Karlsruher SC spielt, wurde von der sechsköpfigen Jury bei den Männern zur Nummer eins des Jahres 2016 erkoren. Turnerin Carina Kröll vom TSV Berkheim ist die Sportlerin des Jahres, bei den Mannschaften setzten sich die Judo-Männer des KSV Esslingen durch.

Von Hannes Kern und Karla Schairer

Die Sportlerwahl wird von der Stadt Esslingen, dem Sportverband Esslingen und der Eßlinger Zeitung durchgeführt. In der Jury saßen Sportbürgermeister Markus Raab, Max Pickl und Harald Lupp vom Amt für Soziales und Sport, Ulrich Fehrlen, der Vorsitzende des Sportverbandes Esslingen sowie Hannes Kern und Karla Schairer von der Sportredaktion der Eßlinger Zeitung. Gestern Abend wurden die erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler in der Osterfeldhalle in Berkheim ausgezeichnet. Eine besondere Ehre wurde dem ehemaligen Judokämpfer und KSV-Vorsitzenden Otto Tejkl zuteil. Er war vor 40 Jahren der erste Esslinger Sportler des Jahres.

Ein Fußballer als Esslinger Sportler des Jahres? Angesichts der tristen Fußball-Szene in der Stadt ist dies auf den ersten Blick überraschend. Der Gewählte muss also jenseits der Stadtgrenzen erfolgreich sein. Für Grischa Prömel trifft dies zu: Er hat beim TSV RSK Esslingen das Fußballspielen gelernt, ist über die Stationen Stuttgarter Kickers und 1899 Hoffenheim beim KSC gelandet und gewann im vergangenen Jahr mit der deutschen Olympiamannschaft in Rio Silber.

„Einfach cool“

Der 22-jährige Mittelfeldspieler erfüllte die Voraussetzungen für die Nominierung zur Sportlerwahl, weil er seinen ersten Wohnsitz nach wie vor in Esslingen hat. Das zeigt seine Verbundenheit zu seiner Heimatstadt. Wann immer es seine Zeit erlaubt, fährt er an den Neckar, um sich mit seiner Familie und seinen Kumpels zu treffen.

Die Wahl zum Esslinger Sportler ist für Prömel „eine Riesenehre. Ich freue mich sehr darüber. Schließlich ist das als Mannschaftssportler nicht üblich. Es ist einfach cool“, sagt der U-21-Nationalspieler.

Die Olympischen Spiele in Rio werden immer in seinem Gedächtnis bleiben. „Ich weiß nicht, ob man so etwas noch toppen kann“, sagt Prömel. Weniger gut läuft es derzeit beim KSC, der sich in akuter Abstiegsgefahr befindet. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es noch packen“, sagt der Esslinger.

Für die Jury war gleich klar, wer die Sportlerin des Jahres 2016 ist: Turnerin Carina Kröll vom TSV Berkheim. Wer als erste Deutsche überhaupt den ersten Platz am Boden bei einem Weltcupturnier belegt und das auch noch als jüngste Teilnehmerin, hat Geschichte geschrieben. „Als es mit der Olympia-Teilnahme vergangenes Jahr nicht geklappt hat, war ich schon enttäuscht, aber der Weltcup-Sieg war eine Belohnung für die harte Arbeit“, sagt die 16-Jährige. „Zuletzt ist Fabian Hambüchen 2008 ein Sieg am Boden gelungen, und viele haben geschrieben, dass ich die Nachfolgerin von ihm bin.“

Der Stolz und die Freude schwingen auch noch vier Monate später in der Stimme der jungen Turnerin mit. Dieser Coup war nur einer von vielen, die Kröll im vergangenen Jahr gelangen: Bei demselben Turnier in Cottbus holte sie zuvor noch Silber am Balken, ihrem Lieblingsgerät, und sie wurde Dritte auf dem Balken bei den deutschen Meisterschaften der Altersklasse 15. Mit dem MTV Stuttgart, für den sie in der Bundesliga antritt, feierte sie zudem den deutschen Meistertitel.

Das Fernziel ist für Kröll nach wie vor Olympia 2020 in Tokio. „Aber dazwischen gibt es viele kleine Ziele“, sagt Kröll, die das Motto „Ziele kann man immer haben“ lebt. Daher hat sie auch das ambitionierte Vorhaben, im September zur WM fahren zu dürfen, auch wenn Bundestrainerin Ulla Koch nur vier Turnerinnen mitnimmt. Zuvor darf Kröll - da sie nicht für die EM nominiert wurde - im Mai zum Weltcup nach Slowenien. Und will auch da wieder Geschichte schreiben.

„Schlechtestes Jahr“

Die Judo-Männer des KSV Esslingen sind bei der Wahl zur Mannschaft des Jahres Stammgäste und immer unter den ersten drei Mannschaften vertreten. Dieses Mal reichte es wieder zu Platz eins. Und das, obwohl die Esslinger nach fünf Vizemeisterschaften dieses Mal in Hamburg „nur“ Platz drei belegten. „Das Ergebnis der Wahl ist überraschend. Es war schließlich unser schlechtestes Jahr seit langem“, scherzt Teamchef Carsten Finkbeiner und fügt hinzu: „Natürlich freuen wir uns riesig über diese Auszeichnung. Das zeigt den Stellenwert unserer Leistung.“

Die Jury hat sich auch deshalb für die KSV-Männer entschieden, weil sich die Judoka seit Jahren in der absoluten deutschen Spitze halten und sich über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht haben. Zwar hat es vergangenes Jahr in Hamburg nicht zum ganz großen Coup gereicht, doch die Kontinuität der Arbeit fand bei der Jury große Anerkennung.

Natürlich war Finkbeiner nach dem Halbfinal-Aus beim Mannschaftsfinale in Hamburg gegen den TSV Großhadern „enttäuscht“, doch die Niederlage ist abgehakt und soll Ansporn sein, in diesem Jahr wieder eine Spitzenposition zu erreichen. „Wir wollen wieder ins Finale kommen“, sagt Finkbeiner. Wenngleich es seiner Meinung nach zum Titel wieder nicht reichen wird. „Der Meister steht praktisch schon fest: Der Hamburger SV hat sich enorm verstärkt.“

Ergebnisse der Esslinger Sportlerwahl

Männer

1. Grischa Prömel (Fußball / Karlsruher SC).

2. Felix Schrader (Fechten / SV 1845 Esslingen).

3. Laurent Etemi (Karate / Turnerschaft Esslingen)

Frauen

1. Carina Kröll (Turnen / TSV Berkheim).

2. Leonie Müller (Boxen / Fit-Boxing Esslingen)

3. Julia Plattenhardt (Turnen / TSV Berkheim).

Mannschaften

1. Männer-Team des KSV Esslingen (Judo).

2. Frauen-Team des KSV Esslingen (Judo).

3. U-13-Team des SSV Esslingen (Wasserball).